Rede des rechtspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion Christian Calderone zu TOP 19 „Jüdisches Leben in Niedersachsen schützen – Antisemitismus konsequent vorbeugen und bekämpfen!“
-Es gilt das gesprochene Wort-
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,
in Berlin gab es einen Brandanschlag auf eine Synagoge, Türen von Wohnungen jüdischer Mitbürger wurden mit dem Davidsstern kenntlich gemacht, jüdische Symbole wurden entwendet, verbrannt und bespuckt, auf Demonstrationen wurden antijüdische Plakate und Fahnen gezeigt, aggressive Sprechchöre forderten die Vernichtung der Juden, in ersten Geschäften hingen Schilder, nach denen Juden dort unerwünscht sind.
Meine Damen und Herren, das ist der 09. November. Der 09. November 2023 in Deutschland. Die Vorfälle ähneln sich zu jenen des 09. November 1938. Es passiert aktuell wieder. Auf deutschen Straßen. Nach 85 Jahren!
Und angesichts dieser Vorfälle fällt die Reaktion der deutschen Öffentlichkeit doch sehr dezent aus. Nachdem über Jahrzehnte in salbungsvollen Sonntagsreden, anlässlich der Niederlegung zigtausender Kränze, bei Staatsempfängen und Gedenktagen, in Schulen, Parlamenten und auf Veranstaltungen das „Nie wieder!“ in immer deutlicheren Worten beschworen wurde, steht die deutsche Öffentlichkeit angesichts dieser Bilder des Mobs auf deutschen Straßen doch etwas zaghaft am Straßenrand. Ja, es gab nach einigen Tagen einige Reden deutscher Spitzenpolitiker, von denen niemand erwartet, dass sie dem Gesagten auch wirklich Konsequenzen folgen lassen werden.
Aber angesichts der Drastizität dieser Bilder im Land des Holocaust und vor dem Hintergrund einer doch versucht ausgeprägten sogenannten Erinnerungskultur – für die wir uns übrigens in den letzten Jahrzehnten als Deutsche weltweit immer selber gelobt haben, und etwas verächtlich geblickt haben auf andere europäische Staaten, auf Kollaborateure und europäische Mittäter – angesichts der Drastizität der aktuellen Bilder fehlt mir eine umfassende Reaktion der Öffentlichkeit – ein Kniefall des Bundespräsidenten vor der jüdischen Synagoge in Berlin, ein Generalstreik der Gewerkschaften, das ökumenische Läuten der Kirchenglocken, wochenlange Mahnwachen vor jüdischen Einrichtungen, Sitzblockaden, das Beklatschen jüdischer Kinder, die sich wieder trauen, in jüdischen Schulen zur Schule zu gehen, Menschenketten, der Aufschrei der kulturellen Intelligenz.
All jene Symbolik also, die die Deutschen in den letzten Jahrzehnten doch immer weiter perfektioniert haben. Zumindest dann, wenn es gesellschaftlich zunächst nichts kostet. Noch nicht einmal zu dieser Symbolik sind wir aktuell in der Lage.
Meine Damen und Herren, das „Nie wieder“ der deutschen Sonntagsreden erweist sich aktuell als ziemlich leere Hülle. Denn „Nie wieder“ ist nicht heute. „Nie wieder“ war bereits gestern.
Heute sind wir bereits einen Schritt darüber hinaus – jüdische Einrichtungen sind geschlossen, jüdische Gemeinden raten ihren Mitgliedern auf das Tragen der Kippa und auf das Sprechen von Hebräisch in der Öffentlichkeit zu verzichten, jüdische Veranstaltungen werden abgesagt, jüdische Familien überlegen, das Land zu verlassen. In Berlin entfernen Polizisten die Plakate der durch die Hamas verschleppten Israelis aus der Öffentlichkeit, um eben jene neue Öffentlichkeit in Deutschland zu beruhigen. Deutsche Polizisten entfernen Plakate jüdischer Opfer des arabischen Terrors.
Dämmerts uns so langsam? Merken wir etwas? Nein, die deutsche Öffentlichkeit steht immer noch ziemlich sprachlos am Straßenrand. Ich kann das sogar nachvollziehen – es zerbricht gerade jener Traum der linken Meinungsbildner aus Kirchen, Medien, Politik, Kultur, Bildung, Gewerkschaften und NGOs, nachdem die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse der letzten Jahrzehnte unproblematisch und nur bereichernd zu bewältigen sind.
Das Erwachen ist schmerzhaft. Übrigens nicht für Kirchen, Medien, Politik, Kultur, Bildung, Gewerkschaften und NGOs – die sitzen immer noch warm und trocken, formulieren an ihren Sonntagsreden – jetzt mit etwas mehr sprachlicher Betroffenheit – und bestellen neue Kränze – jetzt etwas größere. Das Erwachen ist schmerzhaft für die jüdische Gemeinschaft in unserem Land, die sich wieder verstecken muss.
Der Grund ist offener Antisemitismus, in einer Offenheit und einem Ausmaß, bei denen die deutschen Behörden bereits aktuell überfordert sind. Und dieser offene Antisemitismus ist islamisch. Er ist importiert im kulturellen Gepäck der islamischen Migration nach Deutschland der letzten Jahrzehnte. Und er ist kein Phänomen in Deutschland – wie erleben diesen islamischen Antisemitismus überall dort, wo es in Europa signifikante muslimische Minderheiten gibt – in Frankreich, in Belgien, in den Niederlanden, in Österreich, in anderen Ländern.
Und dieser islamische Antisemitismus wird unterstützt – durch die Freitagspredigten in den durch die Türkei finanzierten DITIB-Moscheen, durch zaghafte oder ausbleibende Reaktionen muslimischer Verbände auf den Terror der Hamas gegen Israel. Und dieser islamische Antisemitismus wird damit übrigens auch durch jene insbesondere linken politischen Kräfte unterstützt, die sich in den letzten Jahrzehnten in geradezu devoter Weise an diese islamischen Verbände wie DITIB oder den selbst ernannten „Zentralrat der Muslime“ angenähert haben – und übrigens damit den Dialog mit den säkularen Muslimen vernachlässigt haben, der geboten gewesen wäre.
Meine Damen und Herren, ich sage natürlich nicht, dass alle Muslime Antisemiten sind. Bei weitem nicht! Ich möchte insbesondere die hervorragenden Reaktionen der Exil-Iraner auch hier in Niedersachsen hervorheben, die sich schnell und deutlich gegen den Terror der Hamas gestellt haben.
Aber ich sage, dass die deutsche Öffentlichkeit und Politik und alle Menschen guten Willens mit und ohne Migrationshintergrund, mit oder ohne Religion aufwache müssen aus ihrer Naivität.
Und dazu gehört insbesondere:
- die Realität zu erkennen, dass Antisemitismus eben kein rechtes Phänomen ist, sondern in linken Kreisen – etwa über die vermeintliche, aber natürlich hier gänzlich fehlinterpretierten Fragen des Antikolonialismus – ebenso vorkommt, wie insbesondere in Zuwanderungsgesellschaften;
- die Realität zu erkennen, dass nach diversen Studien – wir haben jene der Konrad-Adenauer-Stiftung zitiert – Antisemitismus in islamischen Zuwanderungsgesellschaften, deutlich weiter verbreitet ist als in anderen Zuwanderungsgesellschaften oder der deutschen Gesellschaft. Wer das verkennt, wird der Situation und damit insbesondere der Situation der jüdischen Betroffenen nicht gerecht.
Wir loben die Landesregierung dafür, bildungspolitisch bei der Bekämpfung des Antisemitismus recht schnell angesichts der Vorfälle auf deutschen Straßen einige Akzente gesetzt zu haben. Das kann man machen, aber auch nur mit der Erkenntnis, dass das, was Zuwanderer aus islamischen Gesellschaften mitunter als kulturelles Gepäck mitbringen, natürlich schwerlich oder nicht durch deutsche Schulen und Sozialarbeiter verändert werden kann.
Hingegen müssen wir u.a.
– endlich überprüfen, wer in unser Land mit welchem Hintergrund kommt;
– das Staatsbürgerrecht verschärfen und nicht lockern;
– uns politisch endlich mit der Frage des Entzuges der Staatsbürgerschaft bei aller grundgesetzlichen Problematik befassen
– in 15 EU-Ländern ist das möglich und dort ist auch nicht das Ende der Rechtsstaatlichkeit erreicht;
– in den Dialog treten mit den säkularen muslimischen Vertretern und diese in der islamischen Community stärken;
– die Finanzierung islamischer Strukturen aus dem Ausland unterbinden;
– antisemitische und radikale Bewegungen in der islamischen Community verschärfte beobachten;
– Rechtsgrundlagen für das Verbot antisemitischer Versammlungen schaffen und durchsetzen;
– die Unterstützung von und Zusammenarbeit mit Organisationen, die antisemitische und israelfeindliche Positionen vertreten, sofort beenden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einen Zustand erreicht, in dem ich mich ernsthaft Sorge, dass der Mob der Straße des Jahres 2023 in der Lage ist das zu beenden, was der Mob der Straße 1938 begonnen hat – die komplette Vertreibung jüdischen Lebens aus Deutschland.
Nicht durch eine staatlicherseits offen unterstützte Agitation mit all jenen bis dato undenkbaren Taten der Nationalsozialisten, sondern aufgrund fehlender Agitation, aufgrund mangelnder durchgreifender, politisch zu abgewogener Reaktionen der Öffentlichkeit, zu viel sog. politischer Korrektheit oder Angst.
Jetzt ist nicht die Zeit für ein „Ja, aber…“, jetzt ist die Zeit für ein „Nein“, für ein „So nicht“, für ein „Nicht hier“ und für ein „Nicht mit uns“.