Rede des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Sebastian Lechner, anlässlich der Regierungserklärung des Niedersächsischen Ministerpräsidenten zum terroristischen Überfall der Hamas auf Israel
-Es gilt das gesprochene Wort-
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Lily Keisman aus Holit, Oren Stern aus Netiv HaAsara, Tom Godo aus Kissufim – Drei Namen, die für drei Todesopfer stehen. Sie finden sich auf der Homepage der israelischen Tageszeitung Haaretz. Dort sind die Namen aller israelischen Staatsbürger aufgeführt, die dem verbrecherischen Terrorangriff der radikal-islamischen Hamas bislang zum Opfer fielen.
Der Artikel schließt mit dem Satz: „This list will be continually updated.“
Am in Israel heiligen Schabbat drangen an der Grenze zum Gaza-Streifen bewaffnete Terroristen der Hamas auf israelisches Staatsgebiet ein. Sie besetzten Dörfer, Kibbuzim, Wohnhäuser und ermordeten wahllos Männer und Frauen, Kinder und Alte, Soldaten und Zivilisten. Bereits jetzt sind mehr als tausend Tote und tausende Verletzte zu beklagen.
Diejenigen, die sie nicht sofort töteten, nahmen sie als Geiseln und verschleppten sie nach Gaza. Die Opfer werden erniedrigt, verhöhnt und zur Schau gestellt.
Wir fordern, dass alle israelischen Geiseln sofort freigelassen werden. Ein beispielloses Verbrechen in der Geschichte des Staates Israel, über das der israelische Präsident gesagt hat, dass seit dem Holocaust an einem Tag nicht mehr so viele Juden ermordet seien, wie am vergangenen Samstag. Wir verneigen uns in tiefer Trauer vor den Opfern und verurteilen diesen barbarischen terroristischen Akt der Hamas gegen Israel auf das Schärfste.
Unsere Gedanken sind auch bei den Menschen hier in Niedersachsen, die durch den Angriff der Hamas Familienangehörige und Freunde in Israel verloren haben oder nicht wissen, wo ihre Liebsten gerade sind. So gedenken wir einer 22jährigen Studentin aus dem Landkreis Verden, die bei dem hinterhältigen Angriff ermordet worden ist.
Die Hamas führt einen Terrorkrieg gegen die Zivilbevölkerung. Und deswegen ist klar: Israel hat das völkerrechtlich garantierte Recht auf Selbstverteidigung!
Und das bedeutet in diesem Fall, sicherzustellen, dass die Hamas nie wieder über die militärischen Möglichkeiten verfügt, Israels Sicherheit zu bedrohen. Es bedeutet, sicherzustellen, dass die Hamas nicht mehr in der Lage ist, den Gaza Streifen zu regieren. Und es bedeutet, dass die Führung der Hamas, gefangengenommen und vor Gericht gestellt werden muss. Wir fordern die muslimischen Länder auf, in denen sich diese Schergen verstecken, sie auszuliefern.
Die Hamas muss jetzt die Waffen niederlegen, sich verhaften zu lassen und sich auflösen. Auch um der Zivilbevölkerung im Gazastreifen weiteres Leid zu ersparen. Denn dafür sind einzig und allein sie verantwortlich.
Wir in Deutschland und auch in Niedersachsen stehen geeint und solidarisch an der Seite Israels. In Anbetracht des in deutschem Namen verübten Zivilisationsbruchs der Shoah, gebietet es uns auch unsere historische Verantwortung für die Existenz und die Sicherheit Israels unverbrüchlich einzustehen. Das bedeutet, dass unsere Solidarität auch angesichts einer wohl länger andauernden Militäroperation gegen die Hamas nicht abnehmen darf.
Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in ihrer Rede vor der israelischen Knesset 2008 betont, dass Israels Sicherheit Teil deutscher Staatsräson ist.
Aus der momentanen Welle der Solidarität muss demnach eine grundsätzliche, parteiübergreifende und dauerhafte Haltung entstehen, damit der Begriff Staatsräson eine inhaltliche Bedeutung hat, so der Direktor des American Jewish Commitee in Berlin, Remko Leemhuis, gestern in der Welt. Dem schließen wir uns an. Aus dieser Aussage lassen sich drei Anforderungen an die Politik in unserem Land ableiten, die in diesen Tagen aktueller denn je sind.
Erstens, Deutschland muss Israel weiterhin militärisch und finanziell unterstützen, sodass es sein Recht auf Selbstverteidigung jetzt effektiv ausüben kann.
Zweitens, Deutschland muss in internationalen Organisationen durch sein Handeln gewährleisten, dass die Sicherheit Israels gewahrt bleibt. In diesem Zusammenhang sind alle direkten und indirekten Zahlungen Deutschlands und der EU an staatliche und nicht-staatliche Organisationen der Palästinenser zu sehen. Sie sind sofort auf den Prüfstand zu stellen. Nur wer sich klar und zweifelsfrei von dem Terror der Hamas und einer der Existenz Israels infrage stellenden Haltung distanziert, kann zukünftig überhaupt noch Geld bekommen.
Drittens, Deutschland muss sich für die Gestaltung eines regionalen Umfelds einsetzen, welches Israels Sicherheit dient. Das bedeutet: Die Appeasement-Politik gegenüber dem Iran muss enden!
Die Auswirkungen des Terrorangriffs der Hamas sind auch bei uns in Deutschland zu spüren. So berichten zahlreiche Medien über propalästinensische Kundgebungen, auf denen der Angriff der Hamas auf Israel regelrecht gefeiert wurde.
Als Deutsche erfüllt es uns mit unsagbarer Scham, dass der Zentralrat der Juden in Deutschland 78 Jahre nach Ende des Holocausts strafrechtliche Konsequenzen für antisemitische Hetzer fordern muss.
Wer in unserem Land Terror, Gewalt und Antisemitismus huldigt, unabhängig davon aus welcher religiösen, politischen oder weltanschaulichen Sicht, der missachtet die Grundwerte unserer Gesellschaft. Wer „Tod den Juden“, Tod Israel“ ruft, der verstößt gegen die deutsche Staatsraison. Diese Menschen müssen die Härte des demokratischen Rechtsstaates unmissverständlich zu spüren bekommen. Wer entsprechend verurteilt wird und nichtdeutscher Staatsbürger ist, muss des Landes verwiesen werden.
Mehrere renommierte Islamexperten aus Deutschland haben zudem die Haltung vieler muslimischer Verbände in einem offenen Brief kritisiert. Sie fordern von den islamischen Verbänden eine klare Haltung gegen Terrorismus und ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels. Und sie fordern, den Expertenkreis Politischer Islamismus, der von Bundesinnenministerin Faeser aufgelöst worden ist, wieder einzusetzen. All dem schließen wir uns ausdrücklich an.
Dabei ist klar: Die überwiegende Zahl der Muslime verurteilt den Terror der Hamas und wünschen sich ein friedliches Zusammenleben. Bestes Beispiel ist der bereits erwähnte gemeinsame Appel der Palästinensischen Gemeinde Hannover und des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden.
Auch ist klar, dass Antisemitismus nicht im Islam angelegt ist. Aber wir dürfen eben auch nicht die Augen verschließen vor muslimisch geprägtem Antisemitismus. Dieser existiert und dem müssen wir begegnen.
Denn, Antisemitismus müssen wir auf der ganzen Breite bekämpfen, ob er von Rechtsextremen, Linksextremen oder Islamisten kommt. Antisemitismus hat egal in welcher Form keinen Platz bei uns in Niedersachsen!
Wir erwarten weiterhin, dass der Schutz der jüdischen Einrichtungen hier in Niedersachsen gewährleistet wird.
Gerade in diesen Zeiten muss alles Sicherheitsrelevante getan werden, damit Juden bei uns sicher leben können. Das sind wir unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern schuldig.
Der ehemalige israelische Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger, Schimon Peres, hat einmal gesagt:
“Israel ist nicht das Ergebnis eines Krieges, sondern eines Traums; ohne diesen Traum hätten wir keinen jüdischen Staat.”
Diesen Traum hatten auch die Vorfahren von Lily Keisman aus Holit. Oren Stern aus Netiv HaAsara. Und Tom Godo aus Kissufim.
Unsere Verpflichtung ist es, alles in unserer Macht Stehende dafür zu tun, dass ihre Nachfahren in Israel in Frieden und Freiheit leben können.
Ich danke Ihnen.