Rede des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Sebastian Lechner, zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege (NKiTaG)
-Es gilt das gesprochene Wort-
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
wenn Familien in diesem Land keine Kita-Plätze für Ihre Kinder finden, wenn Eltern Arbeit und Kinderbetreuung nicht mehr miteinander vereinbaren können, weil Betreuungszeiten gekürzt werden, wenn die Erzieherinnen und Erzieher an der Belastungsgrenze angekommen sind, weil sie den Kindern nicht mehr gerecht werden können.
Was sagen Sie der alleinerziehenden Mutter, die sich täglich zwischen Kinderbetreuung und Arbeit verzweifelt zerreißt, Die irgendwann ihren Job wechseln muss, die nachts nicht schlafen kann, weil sie nicht weiß, wie sie ihre Kinder unterbringt?
Was sagen Sie der engagierten Erzieherin, die aus Zeitmangel keinem Kind mehr aus einem Buch vorlesen kann und sich am Ende des Tages fragt, wie lang sie dem Druck noch standhält?
Wir fragen uns, was dem entnervten Arbeitgeber, der seinen Angestellten nur noch sporadisch sieht, weil dieser immer öfter bei der Kinderbetreuung einspringen muss?
Herr Ministerpräsident, um das klarzustellen: Wir erwarten nicht, dass sie mit einem Schnips, von heute auf morgen wegzaubern. Aber was wir erwarten, ist, dass sie alles möglich machen, was möglich zu machen ist, um der Situation zumindest zu entgegenzutreten!
Wir können mit kleinen ersten Schritten, schon Verbesserungen erzielen. Wir müssen nicht immer warten auf den großen Wurf, wir müssen auch nicht so viele Stuhlkreise und Beratungsrunden machen, sondern die Eltern und Kinder in unserem Land benötigen jetzt Hilfe!
Statt zu handeln, haben Sie 8 Monate verstreichen lassen. 8 Monate. Es ist aber höchste Zeit zu handeln. Das neue Kita-Jahr beginnt bald. Der Druck könnte kaum größer sein. Weil sie nicht gehandelt haben, legen wir heute einen Gesetzentwurf zum Niedersächsischen Gesetz über Kindertagesstätten und Kindertagespflege (NKiTaG) vor.
Dualisierte Ausbildung
Mit unserem Gesetz legen wir die Grundlage dafür, mehr Menschen für eine Arbeit in der Kita zu motivieren und sie schneller an die Mitarbeit zu bringen. Aus unserer Sicht muss möglichst schnell in Niedersachsen Realität sein, dass jede und jeder, der oder die eine Ausbildung für eine Tätigkeit in einer Kindertagesstätte macht, soll ab dem ersten Tag an in der Kita mitarbeiten und eine tarifliche Vergütung erhalten.
Wir wollen eine echte dualisierte Ausbildung! Nicht nur in der Teilzeitausbildung! Sondern auch in der Vollzeitausbildung! Diese dualisierte Ausbildung ist der entscheidende Schlüssel zur erfolgreichen Bekämpfung des Fachkräftemangels im Kita-Bereich. Denn das aktuelle System der vollzeitschulischen Ausbildung führt derzeit dazu, dass viele junge Frauen und Männer in den ersten beiden Jahren keine Ausbildungsvergütung erhalten. Da setzen wir an.
Und wir halten an unserer Forderung fest, die Förderung der dualisierten Ausbildung gem. § 30 NKiTaG massiv auszubauen. Das hatten wir in unserem Änderungsantrag zum zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2023 deutlich gemacht. Parallel dazu müssen wir auch bei der Anerkennungspraxis von Quereinsteigern besser werden und bürokratische Hürden abbauen.
Aktuell brauchen wir nun doch wirklich alle, die in unseren Kitas arbeiten möchten.
Herr Ministerpräsident, es muss Richtlinie sein, dass wir in Niedersachsen jetzt schnell diese vollumfängliche dualisierte Ausbildung einführen!
Mehr Flexibilität bei der Betreuung
Für den Übergang, bis wir diese Fachkräfte ausgebildet haben, und das wird dauern, bis mindestens 2027. Kommt auch auf sie an! Wie beherzt wir jetzt in die dualisierte Ausbildung investieren! Für diesen Zeitraum dürfen wir uns nicht in die Tasche lügen. Überall sagen uns die Träger, dass die Standards, im jetzigen Kita-G, und die haben wir auch mitbeschlossen, damit das klar ist. Das diese Standards, die das Gesetz für die Randzeiten, nicht in den Kernzeiten, bei den Vertretungen und bei Drittkräften vorschreibt, sind vor dem Hintergrund der fehlenden Fachkräfte, oftmals nicht zu erfüllen. Das ist die Realität! Standards helfen niemandem, wenn am Ende die Betreuung und Bildung unserer Kinder gar nicht stattfindet.
Vertretungsregelungen
Und auch die Zeiten für die Vertretungsregelungen wollen wir bis 2027 ausweiten. Uns geht es vor allem darum, den Entscheidungsträgern vor Ort mehr Freiheit zu geben. Denn vor Ort weiß man am besten, wie man die Probleme vor Ort löst. Mit diesem Realitätscheck passen wir das Kita-Gesetz den aktuellen Erfordernissen an. Eine bessere Bildungspolitik in diesem Land ist machbar: Mit Pragmatismus und neuem Realismus.
Herr Ministerpräsident, ich will Ihnen gar nicht absprechen, dass Sie in Gänze keinen Ehrgeiz hätten. Beim Umbau der Energieversorgung des Landes zum Beispiel.
Aber wir fordern sie auf, endlich auch Ehrgeiz zu entwickeln, wenn es um die Zukunft unserer Kinder und deren Betreuung geht! Was gibt es denn Wichtigeres?
Ihre Parteifreundin, die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Tack, jetzt Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsens hat jüngst gesagt: „Die Kitas stecken in der Krise, und diese Krise belastet das pädagogische Personal, die betreuten Kinder und ihre Familien gleichermaßen. Die Landesregierung muss jetzt konkrete Maßnahmen ergreifen.” Handeln Sie jetzt!