Rede des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Sebastian Lechner, anlässlich der Aktuellen Stunde der SPD-Fraktion „Antisemitismus bekämpfen, Demokratie stärken und verteidigen!“ am 18.04.2024
-Es gilt das gesprochene Wort-
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Frau Seidler, Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde, sehr geehrter Herr Fürst, Vorsitzender des Landesverbands der Jüdische Gemeinden, meine sehr geehrten Damen und Herren,
„Wer hat uns das auferlegt? Wer hat uns Juden zu einer Ausnahme unter allen Völkern gemacht?“ Diese verzweifelte Frage stellte Anne Frank in ihrem weltberühmten Tagebuch.
Auf der Flucht vor der Barbarei des Nationalsozialismus hat sie diese Zeilen niedergeschrieben. Anne Frank hat die Flucht nicht überlebt. Sie wurde verraten, verschleppt und starb vor 79 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Vor wenigen Tagen waren Herr Fürst und ich in Bergen Belsen. Wir haben in Gedenken an die zahllosen Ermordeten einen Kranz niedergelegt.
Dabei musste ich an die Worte Anne Franks denken. Wir dürfen nie wieder zulassen, dass Jüdinnen und Juden sich als Ausnahme unter uns fühlen, sondern sie müssen immer selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sein!
Deswegen sind wir alle aufgerufen, dem zunehmend raumgreifenden Antisemitismus entgegenzutreten. In unserem Alltag und immer und überall, wo uns Antisemitismus und auch Israel-Feindlichkeit begegnen.
Widersprechen – wenn antisemitischen Vorurteile geäußert werden. Eingreifen – wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden. Wir dürfen auch nicht Ursachen und Wirkungen in der politischen Debatte verwechseln.
Israel erwehrt sich seit seiner Existenz vieler Feinde um sich herum, die es vernichten wollen. Ganz zuvorderst der Iran, dessen Staatsräson es ist, Israel aus dem Buch der Geschichte zu tilgen. Wenn der Iran 600 Drohen und Raketen auf Israel feuert, ist das keine Reaktion, folgt auch keiner Logik „Auge um Auge“, sondern die Fortsetzung dieses Terrors gegen Israel.
Es ist zudem eine Schande, was unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land mittlerweile oft erleiden müssen. Jüngst der infame Brandanschlag auf die Synagoge in Oldenburg. Die Synagogen unseres Landes sind mit Mitteln des Landes sicherheitstechnisch saniert worden. Es muss aber laufend überprüft werden, ob es noch weiterer, ergänzender Schutzmaßnahmen bedarf.
Frau Seidler hat mir zudem berichtet, dass die Kosten für Sicherheitsmaßnahmen für die entstehende Kita der Liberalen Jüdischen Gemeinde in Hannover derart angestiegen sind, dass sie kaum noch zu bewältigen sind. Wir müssen das aber dennoch möglich machen. Auch über die Kostenübernahme für private Sicherheitsdienste müssen wir ebenfalls nachdenken. Es ist unsere Verantwortung, Jüdinnen und jeden Juden in unserem Land bestmöglich zu schützen!
Auch an unseren Hochschulen. Herr Wissenschaftsminister,
wir wollen in Niedersachsen keinen Vorfall erleben, wie an der Freien Universität Berlin. Dass ein jüdischer Student zusammengeschlagen wird, aber trotzdem eine lange Zeit seinen Peinigern an der Hochschule wieder begegnen wird, weil die Exmatrikulation angeblich nicht möglich ist, ist unzumutbar. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Hochschulen in die Lage sind, Antisemiten zu exmatrikulieren. Wir haben dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt. Stimmen Sie diesem zu!
Von Anne Frank stammt auch der Satz: „Wo Hoffnung ist, da ist Leben. Es erfüllt uns mit neuem Mut und macht uns wieder stark.” Auch in diesen Zeiten gilt es, gerade auch für Jüdinnen und Juden, die Hoffnung nicht zu verlieren. Die Hoffnung, dass die Sicherheit des Staates Israel nicht weiter bedroht wird. Die Hoffnung, dass der Nahe Osten für die Staatsbürger Israels und für alle Menschen in der Region ein sicherer und friedlicher Ort werden kann. Die Hoffnung, dass unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Niedersachsen keine Angst haben müssen, wenn sie in die Synagoge oder mit sichtbaren religiösen Symbolen durch unsere Straßen gehen.
Unsere Aufgabe und unser Anspruch muss es sein, diese Hoffnung in konkrete Politik umzusetzen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.