Rede des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Jörg Hillmer
– Es gilt das gesprochene Wort –
Wesentliche Vorarbeiten zu einer Vereinbarung mit den muslimischen Verbänden sind schon unter der CDU/FDP-Landesregierung 2012 geleistet worden. Und deshalb bekräftige ich an dieser Stelle gerne noch einmal: Es ist weiterhin unser Bestreben als CDU-Fraktion, in einem Land mit christlicher Tradition wie Niedersachsen eine breite Akzeptanz für eine solche Vereinbarung zu erreichen!
Ich erinnere daran, dass der islamische und der alevitische Religionsunterricht zu unserer Regierungszeit eingerichtet wurden. Dieser Unterricht trägt ganz erheblich zur Integration bei und ist ein großer Erfolg.
Anknüpfend an das bislang Erreichte sind uns bei diesen Verträgen im Kern zwei Aspekte wichtig:
- Erstens: Im Mittelpunkt der Verträge muss die Integration stehen. Die Integration Tausender muslimischer Familien, vor allem auch junger Muslime aus dem Sudan, aus Afghanistan oder aus Syrien, die erst seit wenigen Wochen oder Monaten hier unter uns leben und eine gute Bleibeperspektive haben, wird für die nächsten Jahre und Jahrzehnte eine Herkulesaufgabe. Und dabei spielt die Religion eine ganz entscheidende Rolle!
Es ist befremdlich, dass der Begriff „Integration“ im aktuellen Vertragsentwurf mit den Verbänden DITIB und Schura nicht auftaucht. Für mich und meine Fraktion ist klar: Es darf keine Pseudo-Integration in Hinterhof-Moscheen geben, in denen die Kinder der Flüchtlinge nach Schulschluss kein Wort Deutsch mehr sprechen.
- Als zweiter Aspekt ist uns besonders wichtig: Nach mehr als zwei Jahren Arbeit an einem Vertragswerk darf man erwarten, dass die Formulierungen juristisch hieb- und stichfest sind. Man darf erwarten, dass Klauseln, die die Kultusministerin als „deklaratorisch“ bezeichnet, auch wirklich nur das beschreiben, was bereits umgesetzt ist. Leider ist das in der derzeitigen Fassung des Vertrags nicht der Fall.
Ein Beispiel ist die Passage zu den Gebetsmöglichkeiten in Schulen: Das Kultusministerium sagt, es würden keine neuen, zusätzlichen Rechte gewährt. Ist das wirklich so? Wer sich die Formulierungen im Detail anschaut, dem kommen Zweifel. Das im Vertragstext Beschriebene bildet nämlich aus unserer Sicht nicht das ab, was an unseren Schulen bereits jetzt gängige Praxis ist, sondern geht erheblich darüber hinaus.
Es geht uns hier vor allem um zwei Punkte:
- Werden Schulen oder Schulträger verpflichtet, einen Gebetsraum für muslimische Schülerinnen und Schüler einzurichten, wenn diese es verlangen?
- Inwiefern gibt der Vertragsentwurf Schülerinnen und Schülern das Recht, während der Unterrichtszeit zu beten, insbesondere in einem Gebetsraum?
Diese beiden Punkte sind aus unserer Sicht ebenso wie viele weitere Fragen ungeklärt. Wir haben deshalb den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags eingeschaltet. Wir sollten die Einschätzung des GBD in aller Ruhe und Gelassenheit abwarten. Bei einem solch sensiblen Punkt gilt das Prinzip „Sorgfalt vor Eile“!
Natürlich wissen wir nicht, inwieweit die Landesregierung bereit und in der Lage ist, bei den Vertragsentwürfen noch nachzusteuern und handwerkliche Fehler zu korrigieren. Gleichwohl gebe ich zu bedenken: Wir stehen mit unserer Kritik nicht alleine da. Auch in der Kommission für Migration und Teilhabe haben Experten jüngst Vorbehalte vorgebracht.
Sehr geehrter Ministerpräsident Weil,
was erwarten Sie denn, wenn Sie zwei Jahre lang Geheimdiplomatie betreiben und dann etwas vorlegen, das mehr Fragen aufwirft, als es Lösungen schafft? Was haben Sie denn als Ergebnis erwartet, als Sie die Federführung Ihrer Kultusministerin Heiligenstadt übertrugen, die nicht nur mit dieser Aufgabe einfach überfordert ist? Die Oberflächlichkeit ihrer Ministerin, die die Vereinbarung als rein deklaratorisch bezeichnet hat, zieht sich wie ein roter Faden durch die von ihr geführten Verhandlungen. Das ist der Grund, warum jetzt allerorts Irritationen und juristische Fragen auftauchen.
Sie stellen fest, dass „sich das Umfeld in den letzten zwei Jahren verändert hat“. Diese zwei Jahre Verzögerung verantworten Sie persönlich!
Sie ziehen daraus den Schluss: „Deswegen muss man sich auch genug Zeit für Diskussionen nehmen.“ (NOZ, 13.02.2016) So etwas nennt man „Zurückrudern“. Sie haben den richtigen Zeitpunkt für eine Vereinbarung verpasst und suchen jetzt einen Ausweg aus ihren großspurigen Ankündigungen.
So kann man doch mit den Vertragspartnern des Landes und mit dem Landtag nicht umgehen! Wir arbeiten gern an einer vernünftigen Lösung mit. Vorher müssen Sie aber Ihre Hausaufgaben erledigen.