Schlusserklärung des CDU-Fraktionsvorsitzenden Björn Thümler zu den Haushaltsberatungen 2014
– Es gilt das gesprochene Wort! –
Der Landtag hat in dieser Woche engagiert und leidenschaftlich über den Haushalt gestritten. Wir haben mit unseren Alternativvorschlägen aufgezeigt, wie Politik gelingen könnte!
Aber wenn ich nach vier Tagen Haushaltsdebatte ein Fazit über die rot-grüne Haushaltspolitik ziehen sollte, dann würde ich mit Wilhelm Busch sagen:
„Wenn einer, der mit Mühe kaum
Gekrochen ist auf einen Baum,
Schon meint, dass er ein Vogel wär,
So irrt sich der!“
In den Einzelplanberatungen haben CDU und FDP viele gute Argumente vorgebracht.
Argumente, die die Mehrheit dieses Hauses zum Nachdenken hätten bringen können – nein, hätten bringen müssen!
Allen guten Argumenten im Plenarsaal und allen Protesten und Demonstrationen draußen im Lande zum Trotz haben Sie sich keinen Schritt bewegt! Rot-Grün ist eine einzige Enttäuschung!
Eine einzige Enttäuschung vor allem für jene, bei denen Sie mit Ihren Wahlkampfversprechen große Erwartungen – offenkundig zu große Erwartungen geweckt haben!
Enttäuschung bei den Erzieherinnen, Enttäuschung bei den Lehrern, Enttäuschung bei den Beamten, Enttäuschung auch bei den Gewerkschaften.
Und letztlich – schauen Sie auf die Presseartikel der letzten Tage und Wochen: Enttäuschung auch bei den Medien!
Die Kultusministerin hat sich doch tatsächlich dazu verstiegen, auch in dieser Woche wieder von einer „Bildungsoffensive“ zu sprechen. Ich frage mich nur – auch angesichts der Proteste von tausenden Schülern, Eltern und Lehrern da draußen: Weshalb kommen Sie dann nicht heraus aus Ihrer Defensive?
Oder leiden Sie an einer gestörten Selbstwahrnehmung? Ich zitiere einmal aus dem Leitartikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 11.Dezember 2013 über die Lehrer- und Schülerproteste:
„Die Regierung scheint von der Wucht der Proteste überrascht, wie erschreckend hilflose Erklärungen der neuen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt zeigen.“
Sehr geehrter Herr Weil!
Gute Politik zeichnet sich dadurch aus, dass man seinen Standpunkt auch mal überdenkt. Gute Politik zeichnet sich dadurch aus, dass man seinen Standpunkt auch mal revidiert.
Zu beidem sind Sie und diese Landesregierung offensichtlich nicht in der Lage!
Aber es kommt noch dicker: Es ist doch wirklich unglaublich, wie Sie auf die aktuellen Schülerproteste reagieren. Ich will nur einmal in Erinnerung rufen: Ihre flammenden Appelle für eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre klingen uns allen noch in den Ohren. Das hat ja auch Eingang in Ihren Koalitionsvertrag gefunden.
Und ebenso können wir uns noch gut an die Debatte hier im Landtag Ende Mai erinnern, als es um Ihren Entschließungsantrag „Politische Bildung gehört in die Schule – Diskussionsveranstaltungen auch vor Wahlen zulassen“ ging.
Damals haben Sie ganz bewusst am Neutralitätsgebot in den Schulen gerüttelt.
Damals wollten Sie den Wahlkampf in die Schulen tragen –
etwas, das Sie heute lauthals beklagen, wo Ihnen eine ganze Schülergeneration die Gefolgschaft verweigert!
Das ist die rot-grüne Doppelmoral!
Das ist die rot-grüne Heuchelei in Reinkultur!
In Ihren Augen sind junge Menschen wohl nur dann auch gute Menschen, wenn Sie dem rot-grünen Gutmenschentum blindlings folgen!
Mündige Schüler zu willfährigen Helfershelfern angeblich verwöhnter Lehrer zu stempeln, die sogar froh darüber sind, für eine Demo den Unterricht zu schwänzen – was ist das für ein Weltbild?
Das erinnert doch in ganz fataler Weise an das unsägliche sozialdemokratische Unwort von der „Lufthoheit über den Kinderbetten.“
Nein, Herr Weil, so geht das nicht! Ich will Ihnen mal sagen, worum es in der Sache wirklich geht, und zitiere einen Kommentar aus der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom 5. Dezember:
„Wer heute noch denkt, es ginge primär um Klassenfahrten, der irrt. Es geht um eine gute Schule, mit einer ausreichenden Zahl an Lehrern, die Zeit für ihre Schüler haben. Es wird Zeit, dass diese Botschaft in Hannover ankommt.“
Wer die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen bei Diskussionsveranstaltungen in ihren Wahlkreisen erlebt hat, der konnte feststellen: Vielen von Ihnen ist sichtlich unwohl bei diesem Thema. Und ich bin mir deshalb auch sicher: Selbst bei Rot-Grün ist es nur eine Minderheit, die diesem Haushalt aus Leidenschaft und Überzeugung zustimmt.
Eine große Chance haben die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen heute Mittag bereits verpasst. Sie hätten in namentlicher Abstimmung unseren Änderungsanträgen titelscharf zustimmen können. Sie haben sich in die Büsche geschlagen, wo Sie hätten Rückgrat zeigen können! Dafür werden Sie sich vor Ort jetzt rechtfertigen müssen!
Ich frage die Abgeordneten von SPD und Grünen: Kann es richtig sein, die Wohltaten für die Gesamtschulen auf dem Rücken der Gymnasiallehrer zu finanzieren?
Kann es richtig sein, mit einer Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrer Tausende von Referendaren mutwillig in andere Bundesländer zu vertreiben?
Kann es richtig sein kann, auf Qualitätsverbesserungen in den Kitas zu verzichten?!
Sehr geehrter Herr Weil!
Die fortdauernden Proteste von Lehrern, Schülern und Eltern, macht Sie das nicht nachdenklich?
Oder haben Sie sich fest vorgenommen, unbeirrbar über den Protest und den Wunsch nach Anhörung und Mitsprache hinweg zu gehen? Das ganze Gerede von Dialog und Transparenz – das alles ist doch längst nicht mehr als eine hohle Phrase!
Wir wollen, dass unser Land vorankommt.
Und deshalb haben wir, wie so viele Niedersachsen mit uns, die bescheidene Erwartung, dass Sie endlich aufhören damit, die Dinge liegen zu lassen und später zu machen!
Die Menschen in Niedersachsen warten darauf!