Rede des Vorsitzenden der CDU-Fraktion Björn Thümler zur aktuellen Stunde „Parteipolitik vor Rechtsstaat – Stephan Weils SPD und der Fall Edathy“
– Es gilt das gesprochene Wort! –
Der Fall des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy ist seit 2 ½ Wochen das beherrschende Thema in Deutschland.
Da beschafft sich jemand auf konspirativem Wege Nacktbilder von Minderjährigen zur Lustbefriedigung. Dann wird dieser über bevorstehende Ermittlungen offenbar vorgewarnt. Und kann offenbar auch deshalb noch vor Beginn von Hausdurchsuchungen ins Ausland entschwinden.
Ein unglaublicher Vorgang, ein unerhörtes Verhalten – auch deshalb, weil der Täter kein Wort des Bedauerns findet, sich stattdessen als vermeintliches Justizopfer geriert.
Nun hat am Montag der SPD-Bundesvorstand einstimmig ein formales Parteiordnungsverfahren gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy eingeleitet.
Dieser Beschluss ist ein wichtiger Beitrag, um in dieser Debatte die Maßstäbe wieder zurechtzurücken. Denn im Mittelpunkt dieser Debatte sollten die Opfer stehen. Jene minderjährigen Kinder, die für das widerwärtige Geschäft mit Nacktaufnahmen missbraucht werden!
Ich möchte hier gar nicht über die Schuld von Herrn Edathy reden.
Das Mindeste aber, was man angesichts der Schwere der Vorwürfe erwarten könnte, ist, dass Herr Edathy sein Versteckspiel aufgibt, nach Deutschland zurückkehrt und sich hier den Ermittlungen stellt!
Sollte unter den Fotos, die Herr Edathy bezogen hat, auch nur ein einziges eindeutig strafbar sein, dann erwarte ich von der Staatsanwaltschaft, dass sie unverzüglich handelt!
Dann erwarte ich, dass sie einen Haftbefehl erwirkt, Edathy nach Deutschland ausliefern lässt und ihm hier den Prozess macht. Die Menschen in unserem Land erwarten zu Recht, dass Straftaten konsequent verfolgt werden!
Seit dem 15. Oktober 2013 hatten das LKA Niedersachsen und die Polizeidirektion Nienburg/Schaumburg Kenntnis von den Vorwürfen gegen den SPD-Bundestagsabgeordneten Edathy. Zeitnah wurde auch Minister Pistorius informiert.
Und er will dann nach eigener Aussage mit niemandem sonst darüber gesprochen haben?!
Just in diesen Wochen ist der Ministerpräsident und SPD-Landesvorsitzende häufig zu Koalitionsverhandlungen in Berlin. Von den Vorwürfen gegen seinen niedersächsischen Spitzengenossen Edathy will er nichts erfahren haben?!
Die Justizministerin erklärt vorletzte Woche, erstmals am 29. Januar 2014 von bevorstehenden Ermittlungen gegen den SPD-Bundestagsabgeordneten erfahren zu haben. Das ist merkwürdig, denn: Am 5. November 2013 hatte die Staatsanwaltschaft Hannover die Ermittlungsakte Edathy auf dem Tisch.
Politische Beobachter fragen deshalb zu Recht: Wird die Justizministerin in Justizkreisen überhaupt noch ernst genommen?
In Berlin gaben Herr Gabriel, Herr Steinmeier und Herr Oppermann bereitwillig Auskunft vor dem Bundestags-Innenausschuss. Die niedersächsische Justizministerin aber hat gekniffen.
Dieses Verhalten löst nicht nur in Berlin Kopfschütteln aus. Der profilierte Innen- und Rechtspolitiker der SPD, Dieter Wiefelspütz, brachte es gestern in der „Frankfurter Rundschau“ auf den Punkt: „Versagt habe die Staatsanwaltschaft Hannover, die zu spät Ermittlungen eingeleitet habe, sagte Wiefelspütz der FR. Die politische Verantwortung dafür trügen Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) sowie Innenminister Boris Pistorius (SPD).“
Wenn die Justizministerin sich trotzdem weigert, der Staatsanwaltschaft Hannover den Fall zu entziehen, dann trägt sie auch die volle politische Verantwortung dafür, dass dieser Fall restlos aufgeklärt wird! Herr Wiefelspütz bezieht eindeutig Stellung, der SPD-Bundesvorstand leitet ein Parteiausschlussverfahren ein, die Bundesregierung prüft eine Gesetzesverschärfung, aber die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen und Parteien wirken wie gelähmt.
Hören Sie endlich auf mit dieser Taktik des Verzögerns, Vernebelns und Verschleierns. Distanzieren Sie sich endlich von Herrn Edathy. Benennen Sie sein Fehlverhalten als das, was es ist: abstoßend, widerwärtig und menschenverachtend!
Und: Legen Sie endlich alle Fakten auf den Tisch!
Das sind Sie den Opfern von Kinderpornographie schuldig. Das sind Sie aber auch den niedersächsischen Polizeibeamten und Angehörigen der niedersächsischen Justiz schuldig, die „dank“ des fortgesetzten Schweigens dieser Landesregierung inzwischen unter Kollektivverdacht stehen!