Rede des CDU-Landtagsabgeordneten Dr. Max Matthiesen TOP 26 Haushaltsberatungen 2015 – Haushaltsschwerpunkt Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration

– Es gilt das gesprochene Wort –

Zunächst danke ich Frau Ministerin Rundt, dem Sozialministerium und den Kolleginnen und Kollegen im Sozialausschuss für die gründlichen und konstruktiven Beratungen des Einzelplanes 05. Dabei hat sich allerdings herausgestellt, dass in den Schwerpunkten des Sozialhaushaltes Stillstand herrscht.

Die CDU-Landtagsfraktion dagegen will das soziale Niedersachsen bauen und dafür auch haushaltspolitische Schwerpunkte setzen.

Ich nenne sechs Kernpunkte:

1. Städtebauförderung

Hier macht die Landesregierung nicht genug Dampf und trägt die Verantwortung dafür, dass das Land Niedersachsen im laufenden Haushaltsjahr 36,2 Millionen Euro Bundesmittel an den Bund zurückmeldet und damit verfallen lässt. Das bedeutet, dass das Land von den 47,5 Millionen Euro Bundesmitteln 2014 nur ein Viertel, das sind 11,3 Millionen Euro, gebunden hat.

Mit den Bundesmitteln fallen auch jeweils 36,2 Millionen Euro Landes- und kommunale Mittel weg, das heißt insgesamt rund 110 Millionen Euro.

Damit fehlt unwiederbringlich ein riesiges Investitionsvolumen für die städtebauliche Erneuerung Niedersachsens. Den anerkannten Multiplikator von einem Euro Bundes- und Kommunalmitteln zu acht Euro öffentlichen und privaten Folgeinvestitionen angewendet, beträgt das ausfallende Investitionsvolumen für 2014 in Niedersachsen rund 900 Millionen Euro und zwar in allen Programmteilen von der Sozialen Stadt bis hin zur Förderung kleinerer Städte und Gemeinden.

Wenn die Landesregierung nimmermüde darauf verweist, sie hätte Ausgabereste nicht verfallen lassen dürfen und deshalb die Bundesmittel zurückgemeldet, so überzeugt das nicht. In ihrer Antwort auf unsere neueste schriftliche Anfrage gibt sie gewunden zu, dass zahlreiche förderfähige und entscheidungsreife Maßnahmen dem Rotstift zum Opfer gefallen sind.

Die Landesregierung hätte vorausschauend auf die Beschleunigung der gemeindlichen Planungsverfahren und Baumaßnahmen hinwirken können, um alle Mittel auszuschöpfen. Das sehen anscheinend auch die Regierungsfraktionen SPD und Bündnis 90/ die Grünen so. In ihrem Entschließungsantrag zum bezahlbaren Wohnen vom Februar fordern sie ihre Landesregierung auf, die seitens der Großen Koalition erhöhten Bundesmittel zur Städtebauförderung vollständig und nicht nur wie jetzt zu einem Viertel mit den notwendigen Landesanteilen komplementär zu finanzieren.

Hoffen wir, dass es im kommenden Jahr besser wird. Wir werden darauf achten – nicht zuletzt im Interesse der niedersächsischen Wirtschaft, die neuerdings im Bundesvergleich etwas schwächelt.

Schade ist es in diesem Zusammenhang auch, dass sich die Regierungsfraktionen dem Antrag der CDU-Fraktion verweigert haben, an auslaufenden Truppenstandorten ein landeseigenes Städtebauförderprogramm für Konversionszwecke in Höhe von fünf Millionen Euro aufzulegen.

2. Sozialer Wohnungsbau

Im sozialen Wohnungsbau lebt die Bundesregierung von Bundesmitteln und N-Bank-Krediten. Ein eigener Beitrag des Landes Niedersachsen fehlt auch im kommenden Jahr, um zügig die dringend benötigten bezahlbaren Mietwohnungen in Wachstumsregionen des Landes zu schaffen, ebenso wie den Wohnraum für kinderreiche Familien, die energetische Gebäudemodernisierung und nicht zuletzt das barrierefreie und altersgerechte Wohnen voranzutreiben.

Damit setzt sich die niedersächsische Regierungsmehrheit über den Berliner Koalitionsvertrag hinweg, der die Wiederbelebung des Sozialen Wohnungsbau nicht nur durch Einsatz von Bundesmitteln, sondern auch durch eigene Mittel der Länder fordert. Dies hat auch zuletzt das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ von Mitte des Jahres bekräftigt, dem Niedersachsen beigetreten ist. Da scheinen dann nur noch Nebelkerzen zu helfen, wie die meines sozialdemokratischen Kollegen Marco Brunotte in einer Pressemitteilung vom 29. September 2014. Dort spricht er für dieses Jahr von einer Aufstockung der Wohnungsbaufördermittel um weitere 40 Millionen Euro. Er sagt dem geneigten Leser nicht, dass dies die vorgezogenen Bundesmittel für 2015 sind. In den Haushaltsberatungen hat Frau Ministerin Rundt eingeräumt, dass tatsächlich die dadurch entstehende Fördermittellücke in 2015 durch NBank-Kredite geschlossen werden soll. Dadurch entsteht aber ein Schatten-Schuldenhaushalt zu Lasten kommender Generationen. Das lehnt die CDU-Landtagsfraktion ab.

Aufgrund der Vorarbeiten der CDU-geführten Landesregierung haben sich die Förderkonditionen für bezahlbare Mietwohnungen mit einer annähernden Verdopplung des Förderbetrages je Wohnung deutlich verbessert. Das führt aber dazu, dass bei der jetzigen Programmaufteilung nur etwa 400 – 500 Mietwohnungen pro Jahr aus den überwiesenen Bundesmitteln gefördert werden können. Das ist viel zu wenig. Dazu passt gar nicht, dass das Land gerade eben ein Filetgrundstück im Herzen von Hannover für einen astronomischen Millionenbetrag verkauft hat, damit dort Luxuswohnungen entstehen.

Im Einklang mit dem Verband für Wohneigentum fordert die CDU-Fraktion, die Neubauförderung von Wohneigentum wieder aufzunehmen. Dies könnte mit der Förderung von Ersatzneubauten für alte Siedlungshäuser verbunden werden, die aus energetischen und baulichen Gründen niemand mehr haben will.

Um den sozialen Wohnungsbau stärker in Gang zu setzen, sieht der Haushaltsentwurf 2015 der CDU-Fraktion einen zusätzlichen Baransatz in Höhe von zehn Millionen Euro vor. Schließlich muss die Karte der verbesserten steuerlichen Gebäudeabschreibung auf Sicht gezogen werden, nachdem vor zwei Jahren der Versuch gescheitert ist, die Sonder-AFA für die energetische Gebäudesanierung durchzusetzen.

3. Krankenhausbau

Auch im Krankenhausbau können wir der Regierungsmehrheit Stillstand bescheinigen. Die Verpflichtungsermächtigung für 2015 verharrt mit 120 Millionen Euro auf dem Niveau der Vorjahre. Dies wird mit Abstand nicht dem Ernst der Lage gerecht, in der sich die meisten der rund 200 niedersächsischen Krankenhäuser befinden. Am 3. Dezember 2014 bin ich mit einer großen Delegation der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft im Bundesgesundheitsministerium in Berlin gewesen. Wir haben dort Staatssekretär Karl-Josef Laumann 10.000 Unterschriften aus einer Aktionswoche niedersächsischer Krankenhausmitarbeiterinnen und – mitarbeiter überreicht, die sich für eine faire Krankenhausfinanzierung stark machen.

Wir haben in unseren Krankenhäusern hoch motivierte und engagierte Ärzte, Pflegekräfte, Verwaltungsmitarbeiter und Manager, die sich täglich für das Wohl der Patienten einsetzen. Für sie alle ist es unzumutbar, dass inzwischen die Hälfte aller niedersächsischen Krankenhäuser in die roten Zahlen geschlittert ist und in diesem Jahr zwei Drittel einen existenzgefährdenden Abschluss machen.

So wichtig die verschiedenen Regionalgespräche des Ministeriums für Soziales zur Strukturverbesserung der niedersächsischen Krankenhauslandschaft sind, so sehr müssen wir darauf achten, dass alle leistungsfähigen Krankenhäuser rechtzeitig die benötigten Krankenhausbaumittel erhalten. Leitlinie der Krankenhausplanung und Förderung muss das humane und bürgernahe Krankenhaus in Trägervielfalt bleiben.

Ein Beispiel dafür, was das bedeutet, ist das kleine katholische St. Elisabeth Krankenhaus in Salzgitter-Bad. Nach langem Abstimmungsprozess liegen baufachlich einwandfreie Unterlagen für die Förderung eines Ersatzneubaus vor. Ein Landesinvestitionszuschuss von 28 Millionen Euro ist beantragt. Das Krankenhaus bringt sehr gute Leistungen in Medizin und Pflege und schreibt schwarze Zahlen. Die Bevölkerung nimmt es mit enormen Fallzahlsteigerungen sehr gut an. Nach allen verfügbaren Prognosen kann es gut auf Dauer neben dem Krankenhaus des Helios-Konzerns in Salzgitter-Lebenstedt bestehen.

Trotzdem hat die Landesregierung in diesem Jahr nicht die Aufnahme in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2014 ermöglicht. Im Interesse der Trägervielfalt der niedersächsischen Krankenhäuser darf dies nicht das letzte Wort sein.

Für eine auch zukünftig bürgernahe und leistungsfähige Krankenhauslandschaft in Trägervielfalt sieht der Haushaltsentwurf der CDU-Fraktion für das kommende Jahr eine Aufstockung der Krankenhausbaumittel um 20 Millionen Euro vor und für die Jahre 2016 bis 2018 eine Aufstockung der Verpflichtungsermächtigung um je 20 Millionen Euro. Das sind zusammen 80 Millionen Euro.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat am 5. Dezember 2014 ihre Eckpunkte für eine Krankenhausreform vorgelegt. Wir müssen nun dafür sorgen, dass Niedersachsen die sich damit abzeichnenden Chancen nutzt. Das gilt auch für den geplanten Strukturfonds in Höhe von 500 Millionen Euro für Umstrukturierungen, an dem sich die Länder in gleicher Höhe beteiligen müssen. Indirekt eröffnet der Fonds für die niedersächsischen Krankenhäuser ohne größeren Umstrukturierungsbedarf zusätzliche Chancen, Mittel aus dem Krankenhausinvestitionsprogramm zu erhalten.

4. Pflege

Auch das neue SGB XI Pflegestärkungsgesetz vom November zielt auf die Beseitigung des Fachkräftemangels in der Pflege. Die niedersächsische Landesregierung will zu diesem Zweck die Altenpflegeumlage zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen wieder einführen.

Dies ist aber voreilig. Wir stehen vor einer Neuordnung der Ausbildung in den Pflegeberufen.

Der Berliner Koalitionsvertrag sieht die Schaffung eines Pflegeberufegesetzes vor. Es soll ein einheitliches Berufsbild mit einer gemeinsamen Grundausbildung und einer darauf aufbauenden Spezialisierung für die Alten- Kranken- und Kinderkrankenpflege etablieren. Für die Finanzierung dieser künftig generalistischen Pflegeberufsausbildung ist ein Ausbildungsfonds im Gespräch, den Kranken- und Pflegekassen, Länder und Pflegeeinrichtungen speisen sollen. Der Referentenentwurf des neuen Pflegeberufegesetzes ist bereits für nächstes Frühjahr angekündigt. Das Gesetz soll Ende nächsten Jahres in Kraft treten.

Wir begrüßen deshalb, dass in der kürzlich Antwort der Landesregierung auf unsere kleine Anfrage zur Wiedereinführung der Altenpflegeumlage eine neue Nachdenklichkeit und Bereitschaft zur neuen Bewertung durchklingt.

Einen greifbaren Fortschritt wird dagegen Anfang nächsten Jahres die erstmalige Unterzeichnung eines Tarifvertrages für die Auszubildenden in der Altenpflege zwischen allen Trägern der Freien Wohlfahrtspflege und der Gewerkschaft ver.di bringen: mit einer monatlichen Ausbildungsvergütung von rund 1000 Euro, die jährlich ansteigt.

Ein Riesenfortschritt wäre anschließend ein Tarifvertrag Soziales in der Altenpflege allgemein mit einer darauf abgestimmten Refinanzierung der Kostenträger, Pflegekassen und Kommunen. In der Freien Wohlfahrtspflege und auch bei den privaten Einrichtungsträgern nimmt das Interesse daran immer mehr zu.

Letztlich würde ein Tarifvertrag Soziales in der Altenpflege stärker den Wettbewerb über die Qualität der Leistung und nicht über die niedrigeren Personalkosten fördern. Bei Bedarf könnte ihn das Niedersächsische Wirtschaftsministerium für allgemeinverbindlich erklären. Dies würde dem Ziel dienen, genug engagiertes Pflegepersonal zu gewinnen.

5. Bundesteilhabegesetz/Reform der Niedersächsischen Sozialhilfeverwaltung

Das kommende Bundesteilhabegesetz und die Reform der Sozialhilfeverwaltung in Niedersachsen sind weitere Großbaustellen. An die Reform der Eingliederungshilfe sind die versprochenen fünf Milliarden Euro des Bundes zur Entlastung der Kommunen geknüpft. Hier ist noch völlig offen, in welchem Umfang die Mittel bei den Kommunen oder auch bei den Ländern ankommen, die die Eingliederungshilfe finanzieren, wie Niedersachsen mit 80 Prozent.

Eine Reihe von Verbesserungen in der Eingliederungshilfe würde nämlich zusätzliches Geld kosten, so ein zumindest teilweiser Wegfall der Bedarfsprüfung bezogen auf Einkommen und Vermögen, die Einführung eines wie auch immer gearteten Bundesteilhabegeldes, die verbesserte Verknüpfung der Werkstätten für behinderte Menschen mit dem ersten Arbeitsmarkt auch mit Hilfe von Arbeitsassistenz.

Interessant wäre es zu erfahren, wie sich die die Niedersächsische Landesregierung unter Aufsicht von Finanzminister Schneider positioniert. Zurzeit spielt die Landesregierung nach Bekunden von Frau Ministerin Rundt nur Mikado und macht keine Vorschläge für den Ersatz des Quotalen Systems und die dringende Reform der Niedersächsischen Sozialhilfeverwaltung.

Die niedersächsische Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der Organisation der Sozialhilfeverwaltung und der Steuerung der Leistungserbringung hat im Juli gute Vorschläge für eine neue Aufgabenverteilung zwischen örtlichem und überörtlichem Träger der Sozialhilfe gemacht. Danach soll die kommunale Verantwortung und Steuerung der Eingliederungshilfe massiv gestärkt werden und an landesweite Rahmenstandards gekoppelt werden. Der Mut, nun endlich die notwendigen Veränderungen anzugehen, fehlt der Landesregierung aber.

6. Mehr tun

Mehr tun als die Regierungsmehrheit wollen wir auf folgenden wichtigen Feldern: Schuldnerberatung, familienentlastende Dienste, hausärztliche Versorgung, Betreuungsvereine, Familienbildung und – erholung, Ehe- und Familien-Beratung und sozialpädagogische Betreuung junger Straftäter. Das war aber den rot-grünen Mehrheitsfraktionen nicht abzuringen.

Die CDU-Fraktion wird sich auch im kommenden Jahr für ein soziales Niedersachsen einsetzen, das seine Kernaufgaben erfüllt und damit Zustimmung bei der großen Mehrheit seiner Bürgerinnen und Bürger gewinnt.

veröffentlicht am 16.12.2014