Rede zum Abschluss des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur „SPD-Gehaltsaffäre in der Staatskanzlei“
-Es gilt das gesprochene Wort-
Verehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren!
Mit der heutigen Beratung über den Abschlussbericht endet die Arbeit des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur „SPD-Gehaltsaffäre in der Niedersächsischen Staatskanzlei“, der in den vergangenen sieben Monaten die rechtswidrige Turbo-Beförderung der Büroleiterin des Ministerpräsidenten aufgearbeitet hat.
Was wir dabei aufgedeckt haben, übertrifft bei Weitem das, was wir zu Beginn befürchtet hatten.
Denn wir sprechen nicht nur von kleinen Fehlern oder Unachtsamkeiten.
Wir sprechen von einer systematischen Missachtung rechtsstaatlicher Regeln, bei der unter der Verantwortung des Ministerpräsidenten und seines Chefs der Staatskanzlei gezielt Druck ausgeübt und mit Unwahrheiten gearbeitet wurde, um ein einziges Ziel zu erreichen: Einer SPD-Parteifreundin gegen jeden Rat der eigenen Fachleute eine höhere Vergütung von deutlich über 8.000 Euro zuzuschustern, die in dieser Form niemand sonst in der Landesverwaltung jemals erhalten hat.
Sehr geehrte Damen und Herren,
als CDU-Fraktion haben wir dem Landtag und der Öffentlichkeit einen umfassenden Minderheitsbericht vorgelegt, der auf über 40 Seiten die Aussagen der Zeugen detailliert auswertet und die Zusammenhänge in dieser SPD-Gehaltsaffäre klar darstellt.
Im Gegensatz dazu hat sich die rot-grüne Mehrheit auf einen dünnen Bericht von lediglich neun Seiten beschränkt, ohne die Aussagen der Zeugen oder die rechtliche Lage ernsthaft zu vertiefen. Es ist offensichtlich, dass SPD und Grüne von Anfang an kein Interesse an einer echten Aufklärung hatten.
Bei der SPD mag das noch nachvollziehbar sein – schließlich steht ihr eigener Ministerpräsident im Zentrum dieser Gehaltsaffäre.
Aber die Grünen?
Offenbar war der Koalitionsfrieden wichtiger als Aufklärung. Dabei hatten sich der grüne Finanzminister und sein Haus sogar vehement und Monate lang gegen diese rechtswidrige Turbobeförderung gewehrt.
Es drängt sich die Frage auf, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Grünen:
Wie stehen Sie wohl tatsächlich zu diesem Vorgang?
Was hätten Sie in der letzten Legislatur als Opposition zu einem solchen Vorgehen dieses SPD-Ministerpräsidenten gesagt?
Ihre blinde Gefolgschaft für diesen Ministerpräsidenten, Ihre Bereitschaft, die Brechstange gegen den eigenen grünen Minister hinzunehmen, ist nicht nur bemerkenswert – sie ist bezeichnend für Ihre Rolle in dieser Koalition.
Und Herr Siebels, Herr Bajus,
ich ahne schon, was Sie uns gleich erzählen werden:
Der PUA sei überflüssig gewesen und die Opposition habe nur einen Skandal herbeireden wollen.
Meine Damen und Herren,
diese rot-grüne Geschichtserzählung steht in demselben Märchenbuch wie das Märchen der „Attraktivitätssteigerung“, des Ministerpräsidenten und seines Chefs der Staatskanzlei. Ich erinnere an den Ursprung dieser „Gehaltsaffäre“: Wer hat denn diesen vertraulichen Personalvorgang vor rund einem Jahr durchgestochen?
Der Rundblick berichtete am 6. Dezember 2023:
Zitat
„Das Politikjournal Rundblick hatte am 27. November eine Mitteilung aus dem Kabinett erhalten, dass dort eine Entscheidung über C.’s AT-Vergütung gefallen sei.“ Zitat Ende.
Ich wiederhole: Eine Mitteilung aus dem Kabinett!
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, für diese Enthüllung brauchte es keine Opposition. Das haben Sie ganz allein hinbekommen.
Den Skandal haben Sie Ihrer eigenen rot-grünen Ministerriege zu verdanken, die aus Ärger über das Brechstangenvorgehen der Staatskanzlei vertrauliche Informationen streut.
Diese „SPD-Gehaltsaffäre“ wurde einzig und allein von dieser Landesregierung unter Führung dieses Ministerpräsidenten verursacht!
Und dann hören wir ständig von den Herren Siebels und Bajus, alles habe bereits im April auf dem Tisch gelegen und der PUA hätte viel zu lange gedauert.
Lassen Sie mich daran erinnern:
Es war diese Landesregierung, die uns erst vier Monate nach der konstituierenden Sitzung zentrale Akten vorgelegt hat – darunter die Korrespondenz des Ministerpräsidenten, der Regierungssprecherin und der Personalabteilung.
Dabei hatten wir die erste Aktenvorlage bereits im Dezember 2023 beantragt. Neun Monate hat es gedauert, bis wir alle Akten hatten! Akten, die angeblich schon im April vollständig vorgelegen haben sollen.
Herr Siebels, Herr Bajus,
diese Verzögerung spricht nicht gegen unsere Arbeit im PUA, sondern gegen den Respekt Ihrer Landesregierung vor Parlament und Volksvertretern.
Sie haben gebremst, verzögert und blockiert!
Sich dann über die Dauer zu beklagen, ist wie jemand, der zu spät aufsteht und sich dann über den verpassten Sonnenaufgang beschwert.
Und Herr Ministerpräsident,
Sie hatten unzählige Gelegenheiten, selbst Licht ins Dunkel zu bringen – und Sie haben jede einzelne verstreichen lassen:
Im Dezember letzten Jahres gab es die Dringliche Anfrage. Anfang des Jahres gleich zwei Unterrichtungen im Finanzausschuss. Aber statt selbst Verantwortung zu übernehmen, haben Sie jedes Mal Ihren grünen Finanzminister und ihren Chef der Staatskanzlei vorgeschickt.
Und was haben wir dann erlebt?
Transparenz?
Fehlanzeige!
Vollständige Aufklärung?
Fehlanzeige!
Ein Funken Demut oder gar ein Wort der Entschuldigung?
Fehlanzeige!
Und als Sie sich im Februar der Ministerpräsidenten-Befragung persönlich stellen mussten und niemanden mehr vorschicken konnten, erlebten wir nur Uneinsichtigkeit und hörten eine fragwürdige Darstellung der Fakten.
Sie behaupteten wider besseres Wissen, alle anderen Länder würden es anders machen als Niedersachsen – dabei hatten Sie nicht einmal die Hälfte der Länder befragt!
Das ist keine Aufklärung, Herr Ministerpräsident, das ist ein Angriff auf die Glaubwürdigkeit Ihres Amtes! Und genau deshalb tragen nur Sie die politische Verantwortung für diesen Untersuchungsausschuss!
Meine Damen und Herren,
der PUA hat seine Aufgabe erfüllt. Mit jeder Zeugenbefragung und jeder Aktenvorlage gewann der Fall an Klarheit.
Unser Minderheitsbericht zeigt: Vor allem die Aussagen der Zeuginnen und Zeugen aus dem Finanzministerium und der Personalabteilung der Staatskanzlei sowie die vorgelegten Akten sprechen eine klare Sprache. Denn sie offenbaren schwerwiegende Fehler:
Bereits die Eingruppierung der Büroleiterin in die EG 15 Erfahrungsstufe 4 war rechtswidrig.
Die Staatskanzlei ignorierte grundlegende rechtliche Anforderungen und rechnete unzulässig Erfahrungszeiten an.
Der Zeitdruck, die Position schnell zu besetzen, führte zu einer unzulässigen Arbeitsweise mit einem „Schmierzettel“, der später im Reißwolf landete.
Eine sachgerechte Prüfung fand nicht statt, wie die Zeuginnen aus der Personalabteilung selbst klar bestätigten.
Ab Sommer 2023 übte der Chef der Staatskanzlei dann Druck auf das Finanzministerium aus, um die Zustimmung zur B2 AT-Vergütung für Frau C. zu erhalten.
Doch bereits im Dezember 2022 war klar:
Eine solche Vergütung ist nach der geltenden Rechtslage frühestens nach 10 Jahren möglich – das war durchgehend die einhellige Auffassung der Fachebenen der Staatskanzlei und des Finanzministeriums. Um die Turbo-Beförderung der Büroleiterin dann doch zu ermöglichen, wurde auf Druck des Ministerpräsidenten eine jahrzehntelang geltende Regelung des Finanzministeriums geändert.
Lesen Sie ruhig noch einmal nach, was uns die Staatssekretärin aus dem Finanzministerium im Ausschuss zum Thema „Druck“ erzählt hat. Die Staatskanzlei erzählte der Öffentlichkeit dann das Märchen der „Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes“.
Doch die Wahrheit ist:
Bis heute hat niemand außer der Büroleiterin von dieser fragwürdigen Regeländerung des Finanzministeriums profitiert.
Der Chef der Staatskanzlei setzte die neue Regelung dann auch noch vorschnell, falsch und damit rechtswidrig um.
Die „Turbobeförderung“ um rund 2.000 Euro wurde entgegen des klaren Wortlauts gleich mehrere Monate rückwirkend gewährt – trotz eindringlicher Warnungen der Mitarbeiter aus der Staatskanzlei.
Auch hier: Lesen Sie ruhig noch einmal nach, was uns der Abteilungsleiter der Personalabteilung und seine Referatsleiterin aus der Staatskanzlei zur verfrühten Befassung des Kabinetts und zur Rückwirkung erzählt haben:
Sie halten es auch heute noch für falsch!
Und im Finanzministerium? Da waren sich im Untersuchungsausschuss von der Referats- über die Abteilungsleiterin bis hin zur Staatssekretärin und dem Minister alle einig:
Eine rückwirkende Beförderung wollte man nicht regeln. Aber der Chef der Staatskanzlei ignorierte alle Warnungen und drückte die rechtswidrige Entscheidung durch. Dabei täuschte er sogar seine eigenen Mitarbeiter, indem er eine Zustimmung des Finanzministeriums zur rückwirkenden Beförderung behauptete, die es nachweislich nie gab.
Kein einziger Zeuge aus dem Finanzministerium konnte diese Zustimmung bestätigen.
Im Gegenteil:
Es gab sie nicht.
Meine Damen und Herren,
wir haben außerdem festgestellt, dass seitens der Staatskanzlei wiederholt falsche Informationen an die Presse und die Öffentlichkeit weitergegeben wurden:
Angebliche weitere Anwendungsfälle für die Neuregelung wurden gegenüber der Presse behauptet, die es überhaupt nicht gab. Es wurden Fehlinformationen zur ursprünglichen Entgeltgruppe von Frau C. verbreitet, ohne dies später klarzustellen. Schließlich wurde der Eindruck erweckt, alle anderen Länder handelten anders als Niedersachsen, obwohl nur rund die Hälfte überhaupt befragt wurde.
Wir mussten zudem feststellen, dass die Staatskanzlei weitere Regelungen zur „Sprungbeförderung“ von Frau C. änderte und mehrere Monate im Vorgriff ausschließlich auf sie anwendete – und dies der Öffentlichkeit bewusst vorenthalten hat. Statt für diesen schwerwiegenden Fehler geradezustehen, schob der Chef der Staatskanzlei öffentlich eine Mitarbeiterin vor, um sich seiner Verantwortung zu entziehen.
Darüber hinaus haben wir illegale parteipolitische Aktivitäten im Büro des Ministerpräsidenten aufgedeckt. Statt diese umgehend zu unterbinden, versuchte der Chef der Staatskanzlei, sie in der Öffentlichkeit zu verbergen.Dieses Verhalten ist weder rechtlich vertretbar noch politisch akzeptabel und belastet sowohl den Chef der Staatskanzlei als auch die gesamte Staatskanzlei schwer.
Herr Staatssekretär Mielke,
als oberster Beamter des Landes Niedersachsen hätten Sie vorbildlich in der Einhaltung von Regeln handeln müssen. Stattdessen haben Sie sich in diesem Fall als vorderster Brecher der Regeln erwiesen, der selbst vor Unwahrheiten nicht zurückschreckt. Und genau aus diesem Grund sind Sie als Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei nicht länger tragbar.
Meine Damen und Herren,
es gibt selbstverständlich Themen, die das Leben der Bürgerinnen und Bürger mehr beeinflussen als das Gehalt der Büroleiterin des Ministerpräsidenten.
Aber wenn solch eklatante Missstände im Machtzentrum der Landesregierung öffentlich werden, der Ministerpräsident sich dazu nicht ausreichend erklärt und Transparenz nur angekündigt, aber nicht umgesetzt wird, dann kann und darf man das einer Regierung nicht einfach durchgehen lassen.
Denn wohin würde das führen?
Und Herr Bajus, wenn Sie ein wichtiges Instrument der parlamentarischen Demokratie wie einen Untersuchungsausschuss als „parteipolitischen Hickhack“ abtun und behaupten, er beschädige das Ansehen von Politik und Parlament – nur weil Fehler Ihrer eigenen Regierung aufgedeckt wurden – dann verdrehen Sie Ursache und Wirkung und leisten der Demokratie einen Bärendienst.
Denn all dies ist und war keine Schmutzkampagne der Opposition! All dies wird durch die Aussagen im Ausschuss und die Akten der Landesregierung eindeutig belegt!
Und, Herr Ministerpräsident, all dies ist letztlich Ausdruck einer unfassbaren Arroganz der Macht nach zu vielen Jahren in der Staatskanzlei!
Ein Ministerpräsident muss Vorbild sein und die Regeln unseres Landes nicht nur respektieren, sondern vorleben. Stattdessen wurden diese Regeln für einen Einzelfall aus Ihrem persönlichen Umfeld maßgeschneidert – und selbst diese angepassten Vorgaben wurden noch missachtet.
Dass Sie, Herr Ministerpräsident, angesichts dieser riesigen Palette an Fehlern, Unwahrheiten und rechtswidrigen Entscheidungen bis heute nicht die Kraft hatten, personelle Konsequenzen zu ziehen, wird Ihre restliche Amtszeit dauerhaft belasten.