Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden Sebastian Lechner zum zweiten Nachtragshaushaltsgesetz am 03.05.2023

-Es gilt das gesprochene Wort-

Sehr geehrte Frau Präsidentin / sehr geehrter Herr Präsident,

verehrte Kolleginnen und Kollegen,

wir schreiben heute den 177. Tag dieser neuen Legislatur. Und wir müssen wieder feststellen, dass dieses Plenum erneut nur zweitägig ist. Der Geschäftsführer der SPD führte bisher immer aus, dass das jetzt das letzte Mal sei. Das glaubt Ihnen nun keiner mehr!

Ihre Hauptinitiativen sind bisher ein Antrag zu Zirkustieren, einer zum Biber, und nun in diesem Plenum zur Katzenkastration. Wir sind schon gespannt, welches Tier im nächsten Plenum den Schwerpunkt bei ihnen bildet.

Aber mich wundert nicht, dass diese Anträge von ihnen kommen, denn ist das Einzige, auf das Sie sich in dieser Koalition einigen können. Diese Landesregierung findet einfach keinen gemeinsamen Nenner. Diese Landesregierung hat keinen Plan, wie sie dieses Land entwickeln will. Diese Landesregierung hat keinen Ehrgeiz, Niedersachsen besser zu machen. Das ist schlechtes Regierungshandeln! Und diese kurzen Plenartage und Ihre Anträge sind das Zeugnis dafür!

So bleiben die Nachtragshaushalte nach wie vor Ihre einzigen nennenswerten Vorhaben. In 6 Monaten! Beim ersten Nachtragshaushalt haben wir Sie noch unterstützt und schon da wurden die üblichen Beratungsreihenfolgen und Abläufe nicht eingehalten. Aber es gab es eine schlüssige Begründung für die Eilbedürftigkeit. Wir wollten alle miteinander den Menschen in unserem Land in der Energiekrise schnell unterstützten.

Unsere damalige Konzilianz sollte allerdings kein Aufruf dazu gewesen sein, Herr Ministerpräsident, dieses Verfahren als selbstverständlich für alle folgenden Gesetzgebungsverfahren anzunehmen. Das ist auch kein Oppositionsgetöse, Herr Bajus, denn selbst die Landtagsjuristen zweifeln offen an der Verfassungsmäßigkeit ihres Haushaltsbegleitgesetzes!

Eine schlüssige Begründung für dieses Hauruck-Verfahren kann es auch gar nicht geben, denn was Sie hier in ihrem Haushalt vorschlagen, tritt erst zum 1. Juli in Kraft.

Herr Ministerpräsident, diese Art und Weise, zeugt von wenig Respekt vor unserer Verfassung, wenig Respekt vorm Parlament und wenig Respekt vor der Beteiligung der Kommunen. Wenn es nicht reicht, dass wir ihn das sagen, dann muss es eben der Staatsgerichtshof tun!

Dabei gibt es so viele Menschen, die darauf angewiesen sind, dass wir eine schlagkräftige, eine tatkräftige, und vor allem gute Landesregierung hätten. Wie viele Menschen bei uns im Land, bin auch ich Vater von drei Kindern, meine kleine Tochter geht in den Kindergarten. Meine Frau arbeitet ebenfalls. Und wir versuchen jeden Tag aufs Neue alles unter einen Hut zu kriegen. Und dann kommt die Nachricht: “Leider können wir heute nur bis 12:30 Uhr die Kinder betreuen oder erst ab 9 Uhr oder gar nicht mehr in den Randzeiten die nächsten Wochen…“ usw. Viele Eltern kennen diese Frustmomente und ich verstehe Sie gut!

Dann kommt man ins Rotieren. Wenn dann nicht die Großeltern oder gute Freude aushelfen, ist man verloren.

Viele andere sind noch in ganz anderen Situationen als ein Abgeordneter. Sie müssen sogar den Job wechseln oder gar ganz aufgeben und haben echte Existenzängste. Und über die Probleme von Alleinerziehenden haben wir dabei noch gar nicht gesprochen.

Es drängt im ganzen Land.

Ähnliches gilt auch für die Ganztagsbetreuung an den Schulen. In 3 Jahren tritt der Rechtsanspruch in Kraft. Wir schlagen vor, die dualisierte Ausbildung finanziell weiter zu stärken, wir müssen sie auch einfacher ausgestalten. Jeder, der sich als Erzieherin oder Erzieher ausbilden lassen möchte, soll ab dem ersten Tag in der Kita mitarbeiten und eine Ausbildungsvergütung bekommen.

Wir schlagen vor, zumindest für den Übergang auch die Standards in unserem Kitagesetz anzupassen. insbesondere bei den Randzeiten und den Vertretungskräften. Es nützt niemanden etwas, wenn Betreuung gar nicht stattfindet, nur weil die Standards nicht in Gänze erfüllt werden können.

Eine bessere Kinderbetreuung ist machbar, Herr Ministerpräsident: Eltern, Kinder, Lehrer, Erzieher warten auf sie. Es wäre jetzt die Chance in diesem Haushalt gewesen, zum neuen Kita- und Schuljahr Klarheit zu diesen Fragen zu schaffen. Sie machen es nicht. Sie lassen ein ganzes Jahr vergehen. Das ist schlechtes Regierungshandeln!

Gleiches gilt für ihre Flüchtlings und Migrationspolitik. Einverstanden, Sie haben – wie von uns im Entschließungsantrag verlangt – Landesaufnahmeplätze ausgebaut auf 15.000. Aber das reicht nicht.

Herr Ministerpräsident, Sie verkennen die Situation vor Ort vollends. Hören Sie nicht die Hilferufe der Oberbürgermeister und Landräte? Wenn Sie bei denen mit CDU-Parteibuch schon auf Durchzug schalten, dann hören Sie wenigstens auf die Stimmen aus Ihrer eigenen Partei! Es geht nicht mehr nur um Geld, es fehlen Wohnungen, es fehlen Kindergartenplätze, es fehlt an Lehrkräften, an Sozialpädagogen.

Wie soll so die Integration gelingen? Dabei leisten die Menschen aktuell überall in unserem Land Großartiges! Sie hängen sich rein, sie bringen sich ein und sie versuchen, die Situation oft durch Improvisation zu bewältigen. Alles, was sie von ihrer Landesregierung verlangen, ist, dass sie so ausgestattet werden, dass sie ihren Job tun können und dass ihnen der Rücken gestärkt wird, und beides tut diese Landesregierung nicht.

Sie haben den Kommunen 50 Mio. EUR zugestanden für die Kosten der Investitionen, die diese im Vertrauen auf die Zahlen getätigt haben, die Sie kommuniziert haben. Aber das ist zu wenig! Wir schlagen vor, dass wir die Mittel für die Vorhaltekosten der Kommunen erhöhen, so dass sie tatsächlich auskömmlich sind.

Wir schlagen vor, dass wir die Kapazitäten für die Sprachförderung von Flüchtlingen und Integrationsleistungen weiter und verlässlich ausbauen. Wenn das Warten auf den Sprachkurs 12 Monate dauert, dann kommt er zu spät.

Und wir schlagen vor, dass wir zusätzliche Verwaltungsrichter für die beschleunigte Bearbeitung von Asylverfahren einstellen. Eine bessere Migrations- und Asylpolitik ist mit mehr Engagement machbar, Herr Ministerpräsident.

Es geht um die Akzeptanz, es geht um den gesellschaftlichen Frieden, es geht darum, alle diejenigen nicht im Stich zu lassen, die sich jeden Tag so großartig einbringen. Aber in ihrem Haushalt findet man dazu so gut wie nichts. Das ist schlechtes Regierungshandeln!

Wir würden Ihnen hier gerne auch noch ein paar Aufträge erteilen für die Bundesebene in Sachen Migrations- und Asylpolitik. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir eine Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland und Europa brauchen, dass die Bundesregierung dazu aufgefordert ist konsequent zu handeln. Aber ich spare mir das hier, weil es nichts bringt, denn das zeigt mir Ihr Umgang mit dem Thema Industriestrompreis.

Herr Ministerpräsident,

Sie sind Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz! Sie sind Teil des Bundesrates und haben dort ein Initiativerecht! Sie sitzen auch im Präsidium der Partei, die den Bundeskanzler in diesem Land seit inzwischen 1,5 Jahren stellt.

Seit über einem Jahr spricht die Bundesregierung vom Industriestrompreis. 4 Cent! Seit über einem Jahr sprechen Sie davon, dass sie sich Sorgen machen, um die Industrie in diesem Land. Die alte Landesregierung hat noch eine Bundesratsinitiative auf unsere Drängen auf den Weg gebracht. Passiert ist bis heute nichts.

Schlimmer noch: Der Bundeskanzler selbst steht bei diesem Thema ganz offensichtlich auf der Bremse und erkennt nicht, welche Auswirkungen das auf die Industrie hat, wenn er noch am Montag zu dem Thema sagt, dass er den Industriestrompreis kritisch sieht.

Das mag vielleicht mittel- und langfristig stimmen, aber kurzfristig braucht unsere Industrie HEUTE Hilfe, sonst ist sie morgen im Ausland!

Und Sie, Herr Ministerpräsident, demonstrieren mit ihrem Wirtschaftsminister gegen Ihre eigene Bundesregierung. Aber wissen Sie was, derjenige, der die Richtlinienkompetenz in diesem Land hat, demonstriert man nicht nur, sondern man bringt seinen Parteifreund intern auf Spur, man setzt eine Initiative als Vorsitzender in der Ministerpräsidentenkonferenz auf und vor allem bringt man eine eigene Bundesratsinitiative auf den Weg.

Das ist es, was man tut, wenn man es wirklich ernst meint. Sie machen sich aber klein, Sie machen Show, aber sie setzen sich nicht durch! Das ist schlechtes Regierungshandeln!

Wir schlagen vor, dass Sie den Kreis der Unternehmen auf den Kreis begrenzen, der auch schon im EEG mit Genehmigung der EU Rabattierungen erhalten hat: Die energieintensiven Unternehmen der Stahl-, Chemie- und Aluminiumbranche.

Wir schlagen vor, dabei auf den von der EU genehmigten Stromkompensationsmechanismus aus dem EU-Zertifikatehandel aufzusetzen. Dann können sie jetzt schnell ein Gesetzgebungsverfahren starten, dass kein aufwändiges Verfahren mehr bei der EU benötigt, aber Arbeitsplätze in Niedersachsen sichert. Wir schlagen also einen simplen, einen schlanken, einen schnellen Weg vor. Der hilft. Der aber wohl nicht mit ihrem grünen Koalitionspartner zu gehen ist.

Es drängt auch hier die Zeit! Aber außer, dass Sie, Herr Weil, Pressekonferenzen mit Ankündigungen machen, Wird wieder nichts passieren und schon gar nicht in diesem Nachtragshaushalt! Auch das ist: Schlechtes Regierungshandeln!

Herr Ministerpräsident, wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe! Sie haben bisher drei Landesregierungen angeführt. Kein Start war schlechter. Sie sind nicht sortiert, Sie bringen keine Initiativen ein, Sie haben keinen Einfluss im Bund. Ihr Nachtragshaushalt ist zu wenig und er ist nicht verfassungsgemäß. Sie verschieben das Gestalten auf 2024! So verlieren Sie weiter wichtige Zeit!

Konrad Adenauer hat mal gesagt: “Fallen ist weder gefährlich noch eine Schande. Liegenbleiben ist beides.” Wachen sie endlich auf und regieren sie endlich gut! Sonst nimmt Niedersachsen Schaden.

veröffentlicht am 03.05.2023