Rede des Vorsitzenden, Sebastian Lechner, anlässlich der abschließenden Aussprache über den Haushalt 2026 am 18.12.2025
-es gilt das gesprochene Wort-
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen,
zunächst möchte ich mich ausdrücklich beim ehemaligen Ministerpräsidenten Stephan Weil bedanken. Wir haben uns in vielen vertraulichen Runden eng ausgetauscht und Absprachen getroffen, die bis heute tragen. Immer im gemeinsamen Verständnis, dass es Themen gibt, die man bewusst aus dem parlamentarischen Streit heraushalten sollte, weil sie nur so zum Erfolg führen. Dafür ein herzliches Dankeschön.
So kann man Politik machen – und ich empfehle uns allen, diesen Konsens auch künftig beizubehalten. Gerade bei der Fortentwicklung der Meyer Werft ist es angesichts der finanziellen Lasten, der besonderen Konstellationen und der Mehrheiten auf europäischer und bundespolitischer Ebene klug und richtig, im Konsens zu handeln. Wir sind dazu bereit – ich hoffe, Sie auch.
Sollte dieser Stil allerdings tatsächlich auch der Maßstab sein, mit dem Sie, Herr Ministerpräsident Lies, Ihre eigene Koalition führen, dann wundert mich der Zustand dieser Koalition leider überhaupt nicht mehr. Denn eines ist in diesem Haushalt und in diesem Jahr besonders deutlich geworden: Sie können sich in Ihrer Koalition im Grunde auf nichts mehr einigen – außer auf immer neue Schulden. Ansonsten fehlt es an einem tragfähigen Konsens selbst bei Themen, bei denen man meint, Einigkeit sei längst hergestellt.
Ein Beispiel aus der Bildungspolitik: Als der Ministerpräsident ankündigte, die Tablet-Ausstattung bis 2026/27 auszurollen, kam umgehend aus dem grünen Kultusministerium der Hinweis, die Pläne seien „hoch ambitioniert“, vieles müsse noch geklärt werden. Das ist korrekt. Es gibt bis heute kein klares Finanzierungskonzept, keine inhaltlichen und keine pädagogischen Konzepte. Ehrlich gesagt: Dieses sozialdemokratische Gießkannen-Wahlversprechen halten Sie bei den Grünen offenbar selbst für genauso sinnvoll wie Currywurst als verpflichtendes Kantinenessen – man will es, aber überzeugt ist man nicht.
Das gleiche Bild zeigt sich in der Innenpolitik. Die Innenministerin erklärt sich offen für Dublin-Zentren, um Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber zu beschleunigen, und betont, Niedersachsen habe dem Bund die Einrichtung angeboten. Der Bund signalisiert Zustimmung – und prompt folgt der grüne Einspruch: Dublin-Zentren seien nicht Bestandteil des Koalitionsvertrags. Damit ist das Thema faktisch erledigt. Jeder weiß doch: In dieser Koalition wird es in Niedersachsen kein Dublin-Zentrum geben.
Weiter geht es in der Infrastrukturpolitik. Der Bund will alle baureifen Projekte ausfinanzieren. Der Ausbau der A20 und der A39 könnte beginnen. Verkehrsminister Tonne spricht von einem guten Signal für Niedersachsen und Norddeutschland. Doch auch hier kommt umgehend der grüne Konter: kurzsichtig, teuer, verkehrspolitische Sackgasse. Die Botschaft ist klar: Über die jetzt beschlossenen Schritte hinaus wird es mit dieser Koalition keinen weiteren Autobahnbau in Niedersachsen geben.
Morgen steht im Bundesrat eine Entscheidung an, die für Tourismus und Gastronomie von großer Bedeutung ist. Der Ministerpräsident erklärt gegenüber der DEHOGA, die Länder wollten gemeinsam die Mehrwertsteuersenkung für Speisen in der Gastronomie. Gleichzeitig sagt Ihr Finanzminister öffentlich, er persönlich sei gegen diese Senkung. Ich bin sehr gespannt, welche Linie die Landesregierung morgen tatsächlich vertritt. Wir erwarten, dass Niedersachsen im Bundesrat zustimmt.
Ähnlich zerstritten zeigt sich Ihre Industriepolitik: CCS, CCU, Landesraumordnung – alles kulminierte zuletzt in der Debatte um das Verbrennerverbot. Der Ministerpräsident spricht im NDR davon, Technologieoptionen über 2035 hinaus zu brauchen – e sei ein „sinnvoller Kurswechsel“. Doch unmittelbar danach erklärt der grüne Fraktionsvorsitzende öffentlich, das Verbrenner-Aus werde nicht infrage gestellt. Die Wahrheit ist: Das starre Verbrennerverbot ist faktisch erledigt – aber nicht wegen einer klaren Linie Ihrer Landesregierung, sondern trotz ihrer Widersprüchlichkeit.
Der vorläufige Höhepunkt dieses Koalitionschaos ist die Gasförderung vor Borkum. Der Ministerpräsident schreibt einen Brief an den Bundesumweltminister – offenbar ohne dass die eigene Koalition davon überhaupt Kenntnis hatte. Und dann heißt es aus grüner Sicht ernsthaft, dieses Thema gefährde den Koalitionsfrieden nicht. Wirklich? Der Ministerpräsident will im Wattenmeer nach Gas bohren – und das soll keinen Konflikt darstellen? Das ist Selbstverleugnung in Reinform.
Herr Ministerpräsident, Briefe nach Berlin zu schreiben reicht nicht. Ernst genommen wird nur, wer auch Mehrheiten organisiert. Morgen steht im Bundesrat eine Entscheidung zu einem völkerrechtlichen Vertrag an. Ich bin gespannt, ob Sie wieder nur schreiben – oder ob Ihre Landesregierung tatsächlich zustimmt.
Man könnte diese Liste beliebig fortsetzen. Der „Rundblick“ beschreibt zutreffend, dass Ihre Regierung mittlerweile auf eine reine Konfliktminimierungsstrategie setzt. Doch das bedeutet letztlich: Sie sind nicht mehr handlungsfähig. Sie machen nur noch halbe Sachen, gehen nur noch Trippelschritte.
Ich bin gespannt, ob das Polizeigesetz überhaupt noch verabschiedet wird – das letzte ist unter Rot-Grün schließlich nie abgeschlossen worden. Vor allem aber frage ich mich: Haben Sie eigentlich noch eine Idee für Niedersachsen, die dieses Land wirklich voranbringt? Ich glaube nicht mehr daran. Diese Koalition ist aus der Zeit gefallen.
Herr Politze, Sie haben vorhin von Filmen gesprochen. Ich empfehle Ihnen für die Weihnachtszeit einen ganz bestimmten: „Trennung mit Hindernissen“. Es geht um ein Paar, das sich längst getrennt hat, aber noch gemeinsam in einer Wohnung lebt. Genau so ist es bei SPD und Grünen. Gedanklich haben Sie sich längst getrennt – es hält Sie im Kern nichts mehr zusammen. Eine klare Trennung wäre ein Segen für Niedersachsen.
Ich wünsche Ihnen frohe Festtage.
