
Erwiderung auf die Regierungserklärung „Automobildialog der Bundesregierung am 9. Oktober: Zukunftspakt Mobilität 2035 jetzt!“
-Es gilt das gesprochene Wort-
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident Lies,
am 18.11.2016 haben Sie als Wirtschaftsminister folgendes in einer Pressemitteilung des MW regelrecht bejubelt. Ich zitiere: „Und Volkswagen geht konsequent den Weg in Richtung Elektromobilität und Digitalisierung. Dies sind die Zukunftsfelder. VW wird hier in Niedersachsen investieren und auch tausende Arbeitsplätze neu schaffen.“
Fast neun Jahre danach stellen wir fest: Es ist leider nicht so eingetreten! Ganz im Gegenteil: Es sind in Niedersachsen keine neuen Arbeitsplätze in der Automobilindustrie geschaffen worden, sondern es sind tausend Arbeitsplätze bei Volkswagen und all den Zulieferern in Niedersachsen im letzten Jahr abgebaut worden.
Schlimmer noch, es werden noch in diesem Jahr und in den nächsten Jahren weitere tausende Arbeitsplätze abgebaut. Die Autoindustrie in Niedersachsen befindet sich in ihrer schärfsten Krise seit Jahrzehnten. Und sie tragen Sie Verantwortung!
Und die Krise liegt nicht nur daran, dass die Menschen wie von Ihnen beschrieben, im Moment grundsätzlich weniger Autos kaufen. Denn zu dem von ihnen eben eingeforderten realistischen Blick hätte auch gehört, dass ist in vielen Werk bei VW heute Schichten ausfallen. Nur nicht In Wolfsburg. Dort werden Sonderschichten gefahren.
Der damalige Betriebsratsvorsitzende Osterloh hat der von ihnen bejubelten einseitigen Ausrichtung von VW auf die Elektromobilität nie getraut. Und hat deswegen in den Planungsrunden dafür gesorgt, dass nach Wolfsburg bis heute nur Verbrenner-Modelle kommen. Und der Verbrenner boomt im Moment im VW-Konzern.
Er stabilisiert diesen Konzern. Das ist der Grund für die Sonderschichten! Und er ermöglicht dem Konzern Investitionen in die E-Mobilität zu stabilisieren. Und das zeigt: Es nicht nur die allgemeine Kaufzurückhaltung beim Auto, sondern es ist auch und im Besonderen die Kaufzurückhaltung bei den E-Modelle, die unserer Autoindustrie schwer zusetzet und insofern hätte ich mir zunächst einmal gewünscht, dass sie sich heute hier hinstellen und mal ein paar Fehler eingestehen und sich dafür entschuldigen, denn es war die damalige rotgrüne Landesregierung in Sie im VW-Aufsichtsrat.
Der CEO von Volkswagen Oliver Blume hat diesen Mut gehabt, zu erklären, dass man sich 2016 entscheiden sollen, eine gemeinsame Plattform für alle Antriebsformen zu schaffen: Für Verbrenner, Hybride und Elektromodelle! Diese Töne hätte ich mir von dem Niedersächsischen MP gewünscht.
Für die Klimaneutralität der Mobilität ist und war nämlich nie der Antrieb oder die Antriebstechnik entscheidend, sondern einzig und allein, welchen Kraftstoff man verwendet. Ein Elektroauto, das mit Kohlestrom aufgeladen wird, ist in der Klimabilanz viel schlechter als ein sparsamer Diesel.
Wenn der Strom nicht grün ist, hilft auch der beste Akku nichts. Ein Diesel, der mit HV100 betankt ist, eine Biokraftstoff, kommt der Bilanz eines Elektroautos mit dem aktuellen Strommix in Deutschland schon sehr nah. Und ein Verbrenner, der synthetische klimaneutrale Kraftstoffe tankt, dessen Herstellung CO2 aus der Luft entzieht, welches anschließend beim Verbrennungsprozess im Auto wieder freigesetzt wird, ist genauso klimaneutral wie ein Elektroauto mit grünem Strom. Es nicht der Antrieb, es war nie der Antrieb, es ist der Kraftstoff, der entscheidend ist!
Eine erfolgreiche Technologieoffenheit in Hinblick auf die Antriebstechnik, kann man sich auch gerade in dem Markt anschauen, der bei der Elektromobilität am erfolgreichsten ist: Es ist ein Märchen, dass die Chinesen sich nur auf die Elektromobilität fokussieren. Die Chinesen wollen laut ihres 5-Jahres-Plans die technologische Führerschaft bei der Elektromobilität, beim Hybrid, bei synthetischen Kraftstoffen und beim Verbrenner. Nirgends steht da nur die Elektromobilität.
Und es ist eben auch falsch, in China liefen Million von Elektroautos vom Band. Mehr als die Hälfte von diesen sog. Elektroautos sind Range – Extender mit einem kleinen Verbrenner. China baut und forscht sogar auch bei sparsamen Verbrennern.
Wir sind immer noch technologisch führend – beim Verbrenner und beim Hybrid. Aber diese Stärke haben wir durch ideologische Regulierung selbst geschwächt. Bei der Elektromobilität hatten wir nie eine Führerschaft, ab sind immerhin dabei aufzuholen. Und bei den synthetischen Kraftstoffen stehen wir leider immer noch auf der Stelle, haben aber z.B. hier bei uns in Niedersachsen vielversprechende Ansätze. Wasserstoff mit C02 in Verbindung sind synthetische Kraftstoffe. Wir sind auch bei Biokraftstoffen vorne und können bei HV100 eine große Rolle spielen.
Die Erfolglosigkeit der letzten 9 Jahre muss doch einem jetzt endlich klar machen! Wir brauchen und hätten schon längst gebraucht, eine Technologie offene Strategie für unsere Automobilindustrie, wie die des größten und wichtigsten Automarkt der Welt, China! Und ja Herr Ministerpräsident, Elektromobilität kann und sollte im Rahmen dieser Technologieoffenheit Leittechnologie sein. Diese Technologie steht noch am Anfang. Und deswegen bin auch ich überzeugt, dass sie sich in der individuellen Mobilität auf lange Sicht durchsetzen wird, denn es gibt keine effizientere Art und Weise Energie in Antrieb zu übersetzen. Aber wann das der Fall sein wird und wie es der Fall sein wird, entscheiden einfach nicht wir, schon gar nicht sie, liebe Grüne, sondern nur die Menschen da draußen, mit ihrer Nachfrage. E-Mobilität lässt sich doch nicht verordnen, sie muss ermöglicht werden.
Auch das muss doch jetzt endlich als Erkenntnis reifen! Das können wir das anreizen, das ist richtig. Der Ladestrom muss runter und Überschussenergie gezielt einsetzen sind gute Ansätze. Das wir die Ladeinfrastruktur ausbauen. Ist ebenfalls richtig. Social Leasing und steuerliche Entlastungen sind richtig. Den Gebrauchtmarkt durch einen Batteriepass stärken. Auch richtig. Und dann brauchen wir auch endlich das sog. bidirektionales Laden! All das sollten wir machen! Da haben sie unsere Unterstützung!
Die Technologieoffenheit impliziert eben nicht, die Elektromobilität auszubremsen. Bei der europäischen Souveränität hätte ich mir auch wieder mehr Realismus gewünscht – auch da waren die CEOs der großen Autokonzerne samt Oliver Blume klarer. Wir haben uns zudem geschworen: Nie wieder abhängig werden von einer einzigen Nation.
Das war die Lehre aus der Energiekrise Lithium, Kobalt, Nickel, Seltene Erden – sind und bleiben die Achillesferse der Elektromobilität. Manche seltenen Erden kommen sogar ausschließlich in China vor. Wer sich mal VW und die neue Batteriefabrik angeschaut hat, findet dort nur chinesische Maschinen für die Herstellung von Batterien. Wir können hier mit Fortschritten in der Batterieproduktion, in der Forschung und mit dem Recycling einiges an Beitrag leisten. Aber zunächst einmal und noch für lange Zeit bleiben wir leider abhängig von China.
Und gleichzeitig ist China auch noch unser größter Konkurrent auf dem Automarkt. Es ist keine kluge Strategie, sich von seinem größten Konkurrenten selbst abhängig zu machen! Die Chinesen werden auf uns den Druck erhöhen, um ihre Verkaufszahlen zu steigern. Das muss uns bewusst sein.
Auch aus diesem Grund braucht es Technologieoffenheit. Darum weiß ich gar nicht, warum sie sich gegen diesen Begriff der so wehren. Sie haben ihn nicht einmal benutzt in ihrer Regierungserklärung. Sie sprachen lieber von Technologieoptionen. Der Begriff scheint körperliche Schmerzen bei ihnen auszulösen. Aber er steht doch sogar in Koalitionsvertrag von Schwarz – Rot. Zitat: “Wir bekennen uns klar zum Automobilstandort Deutschland. Dabei setzt wir auf Technologieoffenheit!“
Das war eine beeindruckende Schlagzeile in der NOZ am 14.09.2025: Verbrenner-Aus ab 2035 „unrealistisch“: Olaf Lies fordert alternative Wege”. Ähnlich in allen anderen Zeitungen. Und sie im Anschluss nicht widersprochen. Sie haben es auch nicht einkassiert. Die einzigen die widersprochen haben, waren die Grünen. Sogar mit der erstaunlichen Aussage: Sie hätten das Verbrennerverbot gar nicht in Frage gestellt. Da habe ich mir gedacht: Jetzt wird es spannend!
Mal sehen was heute kommt. Und ich habe mir aus guten Gründen angewöhnt, bei ihnen auf jedes Wort zu achten! Und deswegen sagen ich ihnen das auch so klar jetzt: Sie sind wirklich einer der größten Illusionskünstler in unserem Land!
Sie behaupten, Zitat: “Die Zielmarke bleibt. Ab 2035 soll es durch die Neuzulassungen keine zusätzlichen CO2- Emissionen geben.” Ich weiß nicht, wo sich diese Zielmarke findet. Im europäischen Recht auf jeden Fall nicht. Genauso wenig haben wir uns in der Europäischen Union Zitat: “gemeinsam darauf verständigt haben: Neuwagen müssen ab 2035 klimaneutral sein“
Es tut mir leid, Herr Ministerpräsident. Aber ich muss sie leider korrigieren und ich weiß nicht, wer ihnen das aufgeschrieben hat: Die überarbeitete Verordnung 2019/631 der Europäischen Union schreibt eben nicht vor, dass Neuwagen klimaneutral sein müssen, sondern sie müssen CO2 emissionsfrei sein. Das ist nicht das Gleiche! 0gr C02 gemessen am Auspuff. Und auch ihre Zielmarke bezieht sich auf diese Emissionsfreiheit.
Es sollte eine Ausnahme geben für Fahrzeuge, die mit 100% E-Fuels fahren. Das sollte die Kommission mit einem delegierten Rechtsakt regeln. Den gibt es aber gar nicht. Und das ist doch das ganze Problem! Und Range Extender und Hybride stoßen selbstverständlich CO2 am Auspuff aus.
Wenn sie diese also laut ihres Mobilitätspaktes und der heutigen Regierungserklärung über 2035 zulassen wollen, dann müssen sie sich von dieser C02 Emissionsfreiheit 0 und damit vom Flottengrenzwert 0 damit vom sog. Verbrennerverbot verabschieden! Es geht nichts anders!
Ihre Aussage zu den E-Fuels und Biokraftstoffen ist im höchsten Maße irritierend. Sie postulieren hier die stärkere Beimischung von E-Fuels und Biokraftstoffen, was wir sehr begrüßen. Sie wollen sogar in Richtung 100%-Klimaneutralität über Beimischung bei der neuzugelassenen Fahrzeugflotte ab 2035 – einverstanden.
Das wird aber, wenn man den aktuellen und realistischen Hochlauf der Elektromobilität einbezieht, eine ganze Menge an neuen Kraftstoffen benötigen. Die Wahrheit ist schlicht, ihr gesamter hier heute postulierte Mobilitätspakt basiert darauf, dass sog. Verbrennerverbot zu streichen und massiv in E-Fuels und Biokraftstoffen zu investieren – ergänzt um viele Fördermaßnahmen für die E-Mobilität. Das ist der Kern ihres Konzepts! Mir ist auch völlig klar, warum sie diese Wortakrobatik versuchen. Denn der Kern ist, dass diese Position in dieser rotgrünen Landesregierung Niedersachsen natürlich nicht durchsetzbar ist.
Und deswegen mache ich ihnen jetzt einen Vorschlag. Wir stellen gemeinsam als Ergebnis des anstehenden Autogipfels endlich auf Kraftstoffe und nicht mehr auf Antriebe ab.
- Wir lassen die Beimischung von synthetischen und Bio-Kraftstoffen wie HV100 zu und rechnen sie auf europäischer Ebene voll an.
- Wir nehmen die Emissionsfreiheit ab 2035 als Kriterium weg und stellen tatsächlich auf Klimaneutralität ab.
- Wir passen meinetwegen ihre Flottengrenzwerte jedes Jahr an, ohne festes Datum 2035 ist das auch kein Problem.
- Und wir begleiten das mit neuen Unterstützungsmöglichkeiten für die E-Mobilität, vom günstigen Strom bis zum Leasing.
Wenn sie das jetzt hören, dann ist es doch gar nicht ein so weiter Weg zu einer gemeinsamen Position.
Die EU geht jetzt in den Review-Prozess, um das Verbrennerverbot zu bewerten. Wir müssen nun einheitlich gegenüber der EU auftreten. Sie müssen sich jetzt entscheiden, ob dass, was sie hier vorgeschlagen haben, eine Illusion bleiben soll oder Basis eines Konzepts. Machen sie sich frei von ihrem grünen Koalitionspartner, übernehmen sie endlich mal Führung. Sorgen sie dafür, dass die SPD im Bund sich jetzt endlich bewegt. Dann kann es am Donnerstag auf dem Autogipfel zu einem guten Ergebnis führen! Niedersachsen ist nicht nur irgendein Land, Niedersachsen ist das Herz der deutschen Automobilindustrie. Und diese Verantwortung duldet kein Zaudern und kein Zögern mehr, sie duldet nur noch Klarheit und Entscheidungen! Das erwarten auch die Menschen in Niedersachsen.
Herzlichen Dank!