Rede des Vorsitzenden Sebastian Lechner, anlässlich der Erwiderung auf die Regierungserklärung des Niedersächsischen Ministerpräsidenten

-Es gilt das gesprochene Wort-

Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Lieber Ministerpräsident a.D. Stephan Weil,

zunächst einmal gratulieren wir ihnen zu ihrem Eintritt in den Ruhestand. Ein Zustand, den wir ziemlich erfolglos 12 Jahre versucht haben herbeizuführen. Sie haben ihn nun selbst entschieden. Ein Privileg, was nicht vielen Politikern vergönnt ist. Sie haben Niedersachsen in vielen schwierigen Momenten geführt und dabei stets auf ein faires Miteinander im demokratischen Wettbewerb gesetzt.

Wir hatten z.B. auch aus der Folge der gemeinsamen großen Koalition zusammen eine gemeinsame vierwöchige Routine in der Staatskanzlei.Ein streng vertrauliches Gespräch, dass trotz der Notwendigkeit und auch der berechtigten harten politischen Auseinandersetzung ein stabiles Vertrauensverhältnis zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Oppositionsführer gewährleistete. Etwas ziemlich Einmaliges und doch noch viel zu Seltenes gerade in den heutigen Zeiten.

In den Jahren der gemeinsamen Regierungsverantwortung von 2017 bis 2022 haben wir gut und verlässlich zusammengearbeitet. Und hier haben Sie sich durch Ihre verantwortungsvolle, umsichtige Führung durch die Corona – Krise aus meiner Sicht die größten Verdienste um unser Land erworben. Herr Ministerpräsident a.D., lieber Stephan Weil, Sie haben sich verdient um Niedersachsen gemacht! Ich wünsche Ihnen alles Gute in Ihrem neuen Lebensabschnitt und vor allen Dingen gute Gesundheit!

Herr Ministerpräsident Lies, im Namen der CDU-Landtagsfraktion gratuliere ich Ihnen zur Wahl in das Amt des niedersächsischen Ministerpräsidenten. Ein Amt mit großer Verantwortung. Mit großer Bedeutung für die weiteren Wegstrecken unseres Landes. Ich wünsche Ihnen dafür eine glückliche Hand, kluge Entscheidungen und das Gespür dafür, was unser Land jetzt wirklich braucht. Denn es geht um nicht weniger als die Zukunft unseres Niedersachsen!

Und Herr Ministerpräsident Lies, Sie haben zu Recht angemerkt, dass wir uns im Ziel, unsere Demokratie zu stärken, einig sind.  Es geht auch in Niedersachsen darum, der weiteren Zustimmung zu Populismus und Extremismus entgegenzutreten. Und sie wissen, wir sind uns unserer staatspolitischen Verantwortung bewusst.

Wir verschließen uns nicht, wie wir schon bei der gemeinsamen Rettung der Meyer Werft gezeigt haben oder bei den jetzt anstehenden Verfassungsänderungen. Zu dieser Verantwortung gehört es aber auch, dass wir Sie, die Regierung, kontrollieren. Konsequent in der Sache. Anständig aber ganz klar im Ton.

Und ganz klar ist, dass man der Demokratie den größten Dienst erweist, wenn man die Probleme ehrlich anspricht, auch den Mut hat, unbequeme Wahrheiten zu kommunizieren und den Willen zu echten Strukturreformen. Wenn man als Regierung schlicht und einfach gut regiert und die Probleme, die die Menschen in unserem Land haben, wirksam und spürbar löst. Eine gute Regierung ist der beste Dienst für unsere Demokratie! Und genau hier haben sie gestern aber große Zweifel bei uns genährt! Nach den jetzt letzten zweieinhalb verlorenen Jahren unter Rot-Grün für Niedersachsen wäre es wirklich eine Chance gewesen, einen neuen Aufbruch in der Landespolitik zu signalisieren und zu gestalten.

Wir hatten uns deswegen erhofft, dass in Ihrer Regierungserklärung wenigstens ein neuer Gedanke für die Politik in Niedersachsen hervorsticht oder auch das Eingeständnis, dass die bisherige Politik dieses Land nicht wirklich nach vorne gebracht hat und der ehrliche Wille dieses zu ändern. Dass sie in der Erklärung Mut zeigen, auch unpopuläre Strukturen und Entscheidungen treffen zu wollen, die schon seit zwölf Jahren auf Halde liegen. Aber es war im Großteil reine politische Prosa, ein Weiter-so der erfolglosen rot-grünen Politik der letzten Jahre! Das war eine große Enttäuschung!

Sie geben gestern eine umfängliche Problem- und Zustandsbeschreibung ab und das, obwohl sie schon zwölf Jahre in diesem Land regieren. Unverbindlich in der Sprache, unpräzise in der Planung, eine Politik der Vermeidung, nicht der Gestaltung.

Es wirkte zudem, als ob Sie jedes Ministerium einfach das zusammenschreiben haben lassen, was sie sowieso schon planen und was sie gemacht haben. Und weil das alles sehr dürftig ist, haben sie es mit vielen Füllwörtern aufgefüllt. Mit viel „wir erwarten“, „wir werden“, „wir wollen“, „wir streben an“, „wir prüfen“, „zukünftig wird“, „soll“, „kann“, „würde“, „könnte“… auf 58 Minuten Zumutung gestreckt. Aber was kaum dabei war, war: „wir führen ein“, „wir setzen um“ oder „wir machen“! Ich meine, Sie hatten jetzt wirklich lange Zeit sich auf die Amtsübernahme vorzubereiten.

Günter der Treckerfahrer sprach vorgestern – Zitat – von beginnender „Prinz-Charles-Reude“. Aber wo waren ihren Vorstellungen? Wo war ihr Plan für dieses Land? Wo war der Ministerpräsident Olaf Lies zu erkennen? Für Niedersachsen bedeutet das: weiter Stillstand.

Aber es passt. Denn auch ihre ersten Personalentscheidungen waren eine Enttäuschung. Alle Ministerinnen und Minister dürfen bleiben. Bis auf Frau Osigus. Die wird durch die Stadtverbandsvorsitzende der SPD Hannover ersetzt. Und als Ihren Nachfolger im Amt des Wirtschaftsministers präsentieren sie nicht etwa eine Frau aus der Autoindustrie, sondern den gescheiterten Kultusminister Tonne. Und jetzt beten alle in der niedersächsischen Wirtschaft nur noch, dass Herr Tonne nicht die gleichen Spuren in der Wirtschaft hinterlässt, wie bei der Unterrichtsversorgung an den Schulen. Sie hätte sich freischwimmen, Autorität zu zeigen. Können. Komplett verpasst.

Und dann diese Struktur in der Staatskanzlei. Da gibt es jetzt eine Europaministerin. Aber kein Ministerium mehr. Das wird aber nur formell abgeschafft. Denn alle Abteilungen werden in die Staatskanzlei integriert. Nicht eine Stelle wird gestrichen. Alles bleibt beim Alten. Sogar der Dienstsitz.

Dann gibt es daneben eine Staatssekretärin, die der Europaministerin aber nicht zugordnet, ist und Niedersachsen in Berlin vertreten soll. Und einen Chef der Staatskanzlei, der Dienstvorgesetzter aller Mitarbeiter in der Staatskanzlei ist, aber nicht der Ministerin unterstellt wird. Die wiederum soll aber doch Abteilungen bekommen, auf die sie zugreifen kann.

Herr Ministerpräsident Lies, das ist die die Struktur von Sigmar Gabriel von 2001-2003 in der niedersächsischen Staatskanzlei. Wir sind auch völlig einverstanden damit, dass sie sich für den weiteren Lauf der Dinge den Kurzzeitministerpräsidenten Sigmar Gabriel als Vorbild nehmen. Aber für Niedersachsen wird dadurch nichts besser!

Ich habe mich gefragt, warum machen Sie das? Ich traue Ihnen sogar zu, dass sie das vielleicht etwas gestalten wollten. Aber dann rief der SPD-Stadtverband Hannover an. Und hier ändert sich jetzt leider doch etwas fürs Land. Stephan Weil hatte wenigstens das Standing, seine eigenen Genossen in die Schranken zu weisen. Sie hingegen lassen sich vom SPD-Stadtverband Hannover die Hand führen.

Das treibt einem schon sehr die Sorgenfalten ins Gesicht angesichts der immensen Herausforderungen und den vielen Baustellen, die Sie ja zu Recht beschrieben haben. Unsere Wirtschaft wächst, aber sie kämpft doch auch mit Standortunsicherheit, ausbleibenden Investitionen und der Schwäche zentraler Branchen.

Allen voran die Automobilindustrie, bestes Beispiel gerade: Bosch und die drohende Standortschließung in Hildesheim. Wir haben eine der schlechtesten Unterrichtsversorgungen aller Bundesländer, wie haben keine verlässliche Kinderbetreuung

  • Die flächendeckende und qualitative hochwertige Gesundheitsversorgung steht in Frage.
  • Die Infrastruktur, auch gerade im ländlichen Bereich bröckelt.
  • Es herrscht ein großer Mangel an bezahlbarem Wohnraum, auch und gerade in der Fläche.
  • Das Sicherheitsgefühl in Niedersachsen nimmt nicht etwa zu, es sinkt stetig ab.
  • Unsere Polizisten schreiben Brandbriefe an die Innenministerin.
  • Unsere Kommunen sind kaum noch in der Lage aufgrund chronischer Unterfinanzierung ihre Aufgaben wahrzunehmen,
  • Wir haben immer noch keine digitale Verwaltung – immer noch keine digitale Verwaltung,

Ich könnte diese Liste leider lange, lange fortsetzen. Das sind die Dinge, die wir lösen müssen und dazu brauchen wir einen Ministerpräsidenten, der in der Lage ist, sich gegen die eigene Partei durchzusetzen.

Dabei gibt es in unserem Land, wie Sie richtigerweise beschrieben haben, so viele großartige Menschen und Unternehmen, die wir alle täglich treffen, die etwas bewegen wollen und dieses Land auch nach vorne bringen wollen!

Es gibt neuartige Chancen, die nur dieses Bundesland hat, bei der Energiewende, der industriellen Transformation, in der Medizin- und Agrarwirtschaft…

  • Wir haben z.B. unsere See- und Binnenhäfen, die wir entwickeln können.
  • Wir sitzen auf dem größten Salzstock Europas. Bayern und Baden – Württemberg können das nicht von sich sagen.
  • Wir haben einen vitalen Mittelstand, renommierte Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
  • Wir sind Agrarland Nummer 1 und das soll so bleiben.

Diese Chancen Niedersachsens müssen wir mutig, stark und beherzt zupacken!

Ein Ministerpräsident formuliert dann eben auch einen Anspruch an unser Land. Wir können zur führenden Wohlstandsregion Deutschlands werden.

Ein Land, dass menschlich, nachhaltig und wohlhabend ist! Warum sollen Baden-Württemberg und Bayern immer die ersten Plätze der Länder in Deutschland belegen? Die müssen unseren Atem im Nacken spüren, wenn wir sie überholen!  Das muss Anspruch einer Regierung dieses großartigen Landes sein und nicht dieses lauwarme weiter – so von gestern!

Ein Anspruch an dieses Land, ein Wille es an Platz 1 zu führen. Denn auch die Voraussetzungen sind so gut wie nie, auch durch gemeinsames Wirken von unseren beiden Parteien auf Bundesebene. Und Entscheidungen, die wir gemeinsam mit den Grünen zusammen im Vorfeld der Aufstellung der Bundesregierung getroffen haben. Es ist richtig, jetzt in die Investitionsoffensive zu gehen. Es ist die Aufgabe ist jetzt diese Möglichkeiten in den nächsten Jahren sinnvoll klug und gut im Sinne des von mir geschilderten Anspruchs zu nutzen!

Klar ist dabei aber die Möglichkeiten, die die schwarz-rote Koalition mit Unterstützung der Grünen geschaffen hat, sind übrigens kein Freifahrtschein für eine umfassende Schuldenpolitik.

Wir erwarten trotzdem eine solide und verantwortungsvolle Haushaltspolitik! Die auch unsere Verantwortung für die zukünftigen Generationen in den Mittelpunkt stellt. Und die neuen Verschuldungsmöglichkeiten dienen schon gar nicht dazu, für rot-grünen Unsinn mehr Platz im Haushalt zu schaffen. Und es muss auch klar sein, dass man, bevor man sie überhaupt nutzt, die eigenen Rücklagen im Haushalt, die sich mittlerweile auf 4 Milliarden € belaufen, erst mal dafür nutzt.

Ganz klar ist aber auch, das haben sie ja gestern richtigerweise gesagt, dass Geld allein keine Brücken saniert und auch keine Schulen. Doch dann sind sie wieder abgeschweift in irgendetwas Unverbindliches. Was ich mir erhofft habe, ist, dass Sie auch einmal den Regierungsstils in Frage stellen!

Wir brauchen mehr Zutrauen und Vertrauen in unsere Unternehmen, Kommunen und die vielen Menschen im Land. Wir müssen den Menschen mehr Freiraum geben, die Beinfreiheit, mit pragmatischen Lösungen ihr Gemeinwesen zu gestalten.

Nur das regeln, was nötig ist und nicht das, was möglich ist. Eigenverantwortung und eigene Entscheidung zu fördern. Dazu müssen Sie als Regierung auch bereit sein, ihre eigene Gestaltungshoheit aufzugeben und die Entscheidung vor Ort fällen zu lassen, damit wir schneller vorankommen! Das ist eine andere Art als Rot-Grün, das in den letzten Jahren gezeigt hat.

Wenn man einen solchen Stil pflegen will, baut aber als Ministerpräsident keine “Super Staatskanzlei” auf. Das wirkt wieder so, als wollen sie alles im kleinen steuern und regeln aus Hannover. Und das Programm „schneller, einfacher, besser“, ist doch so ein Art Alibi. Das ist doch noch nichts Zählbares. Im Gegenteil. Sie kündigen an noch in diesem Jahr in diesem Jahr mit einem neuen Gleichstellungsgesetz, einem neuen Tariftreue – und Vergabegesetz und dem Klima-Rat, samt neuer Auflagen für die Administration, Klimawirkungen zu bemessen. Den eigentlichen politischen Zielen, die wir alle teilen, wird damit nicht gedient. Aber es ist das exakte Gegenteil von Vertrauen und Zutrauen. Das ist ein mehr an Bürokratie. Mehr Kontrolle. Und es wieder ihr Motto: Alles geregelt, nichts gelöst.

Ihre Antwort ist aber, dass sie jetzt eine niedersächsische Anstalt für Immobilienaufgaben als zentrale Landesliegenschaftsgesellschaft gründen wollen? Was soll mit dieser neuen Behörde besser werden für Schulen, Krankenhäuser und Straßen in Niedersachsen? Es ist aber ein so typischer Ansatz für Sie.

Wie bei der berüchtigten Wohnungsbaugesellschaft. 100 Millionen hätten sie den Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften zur Verfügung zu stellen können. Die schlummern jetzt im Haushalt. Aber es gibt nur mehr Stellen für eine neu Baubehörde, aber es wird keine einzige Wohnung, die bis heute gebaut wird. Zentrale Neubau Behörden machen nichts besser. Sie müssen die Kräfte vor Ort stärken. Die machen es besser.

Zum Wohnungsbau, zu einem der drängendsten Probleme in Niedersachsen, haben Sie im Übrigen gestern in der Regierungserklärung kein einziges Wort verloren und Sie wissen wahrscheinlich genau warum. Weil wir das schlechteste Land in der Bundesrepublik Deutschland bei dem Thema sind.

Ich hätte mir z.B. so gewünscht, dass sie in der Regierungserklärung ankündigen, dass wir nicht nur Sanierung für KW 40 und 60 fördern, sondern auch für 110 oder 115. Es würde viele örtliche Wohnungsbaugesellschaften von den hohen Sanierungskosten entlasten und mehr Spielraum für Neubau schaffen.

Stephan Weil hat es richtig beschrieben: Zitat: „Beim Wohnungsbau wäre ich wirklich gerne weiter. Das wurmt mich. Ich kann es nur nicht ändern.“ Doch hätten sie. Und Sie, Herr Ministerpräsident Lies, sind amtlich bestätigt durch ihren Vorgänger, der erfolgloseste Wohnungsminister in der jüngeren Geschichte Niedersachsens!

Förderpolitik als Beispiel misslungene Politik

Kein Wort gestern zum Neuanfang unserer Förderpolitik in Niedersachsen. Wir haben laut der Antwort der Landesregierung auf unsere Anfrage über 2.000 Förderprogramme im Land. Unterschiedlichste Fördergeber, viele Kleinstförderungen, Mehrzahl an Programmen nicht digitalisiert. Viele machen im Land nicht mehr mit. Geld wird nicht abgerufen. Das ist eine der Hauptgründe für ihre hohe Rücklage. Es braucht einen kompletten Wandel!

Am besten einen Großteil streichen und das Geld direkt den Kommunen über den kommunalen Finanzausgleich geben. Und wenn erforderlich: Dann nur Festlegung von zentral politisch definierten Zielen, Festlegung der Finanzmittel, Festlegung einer Vertragslaufzeit. Mehr Zutrauen, mehr Vertrauen auch in diesem Bereich! Das wäre eine wirkliche Strukturreform und ein anderer Stil, um in Niedersachsen zu Erfolg zu kommen!

Wann verstehen sie das denn? Hier haben vor dem Landtag schon 20.000 Jägerinnen und Jäger gegen Sie demonstriert. Ja, wegen des Jagdgesetzes, aber doch eigentlich, wegen dem, was in ihrer Reform des Jagdgesetzes wieder zum Ausdruck kommt. Sie wollten ein Zeichen setzen, dass sie keine neuen Regeln wollen, die im ländlichen Raum keiner braucht, zumal, wenn es gute Regeln gibt und das mit dieser Art des Dirigierens aus Hannover endlich Schluss sein muss. Und 20.000 Menschen haben ihnen das gesagt. Das müssen die doch verstehen.

Mehr zutrauen, mehr Vertrauen, einen neuen Ansatz in der reichlich erfolglose von ihnen verantworteten Wirtschaftsförderung hätte ihrer wirtschaftspolitischen Agenda ebenfalls gutgetan. Und wenigsten ein paar neue Worte hätte ich mir at zum Thema Automobilindustrie und deren Zukunft gewünscht!

Aber außer ein paar salbungsvolle Passagen das Volkswagen sich als Elektrofahrzeug Hersteller etablieren wird, war in ihrer Erklärung nicht zu finden. Obwohl wir bei VW immer noch im Sparprogramm sind, obwohl Conti die Automobilsparte ausgegliedert, obwohl Bosch vielleicht das Werk in Hildesheim schließen wird, obwohl wir Arbeitsplatz Abbau bei den Zulieferern haben.

Sie haben mit der Entscheidung 2016 in Kollaboration mit Herrn Dies diese rigide Ausrichtung von Volkswagen auf Elektromobilität mitzuverantworten und damit auch diese Entwicklung. Ich hätte mir gewünscht, dass sie den Mut haben dies zu korrigieren. Selbst der Volkswagen Chef Blume springt uns jetzt zur Seite im Hinblick auf das Verbrennerverbot. Wir brauchen mehr Luft zu Atmen für die Branche, mehr technologische Offenheit. Es ist die bedeutendste Branche Niedersachsens und ich hätten von ihnen hier wirklich neue realistische Töne erwartet. Sie hätten mit uns gemeinsam eine neue Strategie einschlagen können! Aber es kam nichts.

Es geht um die Zukunft der wichtigsten Industrie in diesem Land. Aber sie halt Kurs. Und wenn Sie es schon nicht geschafft haben, eine Expertin aus der Autoindustrie zur niedersächsischen Wirtschaftsministerin zu machen, hätte ich wenigstens erwartet, dass Sie die grüne Nicht-Expertin aus dem Aufsichtsrat abgezogen hätten. Frau Hamburg ist immer noch Mitglied des Aufsichtsrats als Kultusministerin! Auch diese Chance haben sie verpasst!

Es wäre auch besser für Frau Hamburg. Sie hätte endlich mehr Zeit für ihre Themen. Wir haben nach wie vor keine verlässliche Kita. Eltern bekommen morgens spontane Mails, dass die Kita ihrer Kinder ausfällt. Ein Riesenproblem: Und dann sagen sie ein Satz wie…

ich habe die Kultusministerin gebeten, zu prüfen, ob wir nicht neben den etablierten Ausbildungswegen zu den Erzieherinnen/Erzieher auch eine dualisierte Ausbildung unter Beibehaltung guter Standards in Niedersachsen einführen wollen

Ein Ministerpräsident sagt klar, wir werden zum nächsten Kindergartenjahr eine dualisierte Ausbildung flächendeckend in Niedersachsen einführen. Das sagt ein Ministerpräsident!

In Bezug auf die Unterrichtsversorgung? Mein Sohn ist heute schon wieder später in die Schule. Kein Quer- und Seiteneinsteigerprogramm, keine Flexibilisierung der Fächerkombinationen, keine Verkürzung der berufsbegleitenden Qualifizierungsmaßnahmen oder eine einfachere Bewertung ausländischer Lehramtsabschlüsse …

Es gäbe so viele Stellschrauben.

Und wo bleibt eigentlich der Ganztags- und der Klassenbildungserlass! Kommunen, Schulträger, Musikschulen, Sportvereine und Schulen, das ganze Land, warten händeringend darauf. Damit sie den Der Rechtsanspruch 2026 erfüllen können. Herr Ministerpräsident sie sagen dazu nicht. Wann kommt der Erlass? Warum sagen sie dazu nichts?

Der Kalauer des Tages waren dann die Tablets. Wenn ich das dem ganzen Land im Wahlkampf versprochen habe, dann sage ich doch nicht nach 2,5 Jahren Nichts Tun als gerade gewählter Ministerpräsident einen Satz wie…

„wir streben an, dass die ersten Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe sieben, möglichst bereits zum Schuljahr 2026, 27 mit neuen Tablets auszustatten.“

Sondern ich sage, dass die Schüler jetzt endlich ab dem Schuljahr 2026 ab der Jahrgangsstufe sieben alle Tablets bekommen! Oder sie sagen ehrlich, sie bekommen es nicht mehr. Die Menschen wollen Klarheit und kein Geschwurbel!

Und das gilt auch beim Thema Krankenhäuser. Wir werden im Bund die Lauterbach‘sche Krankenhausreform überarbeiten, um die Grund- und Notfallversorgung auch im ländlichen Raum besser sicherzustellen, um die belegärztliche Versorgung zu erhalten. Es wird eine Länderöffnungsklausel geben. Das entspricht der Linie, die wir in diesem Landtag schon lange vorgetragen haben, und widerspricht der Linie von Minister Philippi, der die Lauterbach‘sche Reform hier immer verteidigt hat.

Wir brauchen wir jetzt einen Plan für die Krankenhausstruktur in Niedersachsen. Es braucht jetzt eine Idee der Landesregierung, wie wir zu einer flächendeckend qualitativ hochwertigen Krankenhausversorgung, unter der neuen gegebenen Reform der neuen Bundesregierung kommen. Das und kann muss jetzt vorbereitet und es muss den Menschen kommuniziert und dann muss man ein Gesetz machen. Davor können Sie sich nicht drücken, Herr Ministerpräsident, das ist ihre Verantwortung. Das müssen Sie jetzt entscheiden und nicht in ein paar Jahren.

Da braucht es im Übrigen auch ein Signal an die Kommunen. Davon war gestern auch keinerlei Rede. Mit über 700 Millionen € sind die Kommunen und darüber hinaus auch die freien Träger bisher eingestanden für die fehlende Finanzierung der Krankenhäuser!

Sie lassen die Kommunen seit Jahren damit allein und im Stich!

Und deswegen ist die Stimmung auch denkbar schlecht. Anlässlich der Halbzeit-Pressekonferenz von Herrn Weil und Frau Hamburg brachte es der Städte- und Gemeindebund auf den Punkt:

„Halbzeit beim Land – Endzeit bei den Kommunen!“

Niedersachsen ist im bundesweiten Vergleich Schlusslicht beim kommunalen Finanzausgleich und hat das höchste kommunale Defizit. Und da sagt doch ein Ministerpräsident nicht einen Satz wie…

Noch vor dem Beschluss über den Haushalt 2026 werde ich zu einem Fortsetzungstreffen zum Pakt für Kommunalinvestitionen einladen und wir werden besprechen, wie wir die neuen Optionen aus der Grundgesetzänderung schnell in Niedersachsen umsetzen.

Sondern er sagt: Wir werden sicherstellen, dass mindestens 50 % der neuen finanziellen Optionen aus den Grundgesetzänderungen, eins zu eins an die Kommunen unbürokratisch weitergeleitet werden, weil wir wissen, dass ohne leistungsfähige Kommunen kein Staat in Niedersachsen zu machen ist! Das sagt ein Ministerpräsident!

Das ist diese Unklarheit. Wir begrüßen einen Kommunal – Digitalpakt. Aber was heißt das? Wollen Sie alles selbst programmieren? Arbeiten sie jetzt endlich mit der Wirtschaft zusammen? Kaufe Lösungen ein? Gibt es eine zentrale Niedersachsen-Cloud? Gibt auch klare Durchgriffrechte, auch gegenüber anderen Ressorts? Alles offen!

Und die Zentralisierung der Digitalisierung bei Ministerin Behrends ist eher eine Drohung als eine gute Entscheidung! Seit 12 Jahre ist das SPD geführte Innenministerium verantwortlich für die Verwaltungsdigitalisierung, und zwar ausschließlich, und weil das so erfolgreich ist, geben sie ihr jetzt die gesamte Zuständigkeit! Das ist doch keine hoffungsvolle Botschaft. Gute Nacht digitales Niedersachsen!

Frau Behrends schafft doch nicht mal, moderne Sicherheitsbehörden aufzustellen? Wo bleibt die mehrfach angekündigte Beweismittel-Cloud für die Strafverfolgung? Wo bleibt der dringende benötigte Einsatz von KI bei der Arbeit der Sicherheitsbehörden. Wo bleibt die mehrfach von der Innenministerin dafür angekündigte Novellierung des Polizeirechts? Jetzt haben sie es für Ende dieses Jahres wie Frau Behrend schon etliche Male vorher angekündigt. Das ist keine Neuigkeit. Das ist die Botschaft, die wir schon kannten. Und damit keine gute Botschaft für die Frauen in diesem Land.

Und überhaupt unsere Polizei? Die Polizei-Gewerkschaften schreiben Ihnen mittlerweile Brandbriefe, weil die Auslastung der Polizei so hoch ist, weil die Ausstattung der Polizei nicht modern genug ist, weil sie belastet, werden durch hohe Anforderungen an Einsatzprotokolle und… und… und…

Wir brauchen diese Stellen. Sie müssen sie finanzieren.

Wir haben mittlerweile 10 % weniger Personal vor Ort. Aber in Ihrer Regierungserklärung dazu gestern kein Wort. Das ist auch eine Art der Wertschätzung gegenüber unserer Polizei im Land, die wir uns anders erhofft hätten.

Und so ging es gestern immer weiter…

Keine neuen Aussagen zur Migration, sondern dasselbe halbherzige Bekenntnis, Straftäter, die sich nicht benehmen können, aus dem Land bringen zu wollen. Und das vor dem Hintergrund einer wirklich lächerlich geringen Abschiebequote in Niedersachsen.

Ein halbherziges Bekenntnis zum ländlichen Raum.

Die Entwicklung der niedersächsischen Landwirtschaft mit dem komplett grünen Programm, aber eben mit keiner Aussage zum weiteren Gang bei der Düngeverordnung und der Überarbeitung des Messstellen System. Usw. und so fort…

Aber viele Gesprächskreise, Dialogrunden, Einladungen zu Besprechungen. Diese Dinge durchziehen ihre gesamte Regierungserklärung. Das symbolisieren Sie auch als Person. Diskussion und Dialog sind immer ein guter Anfang, aber sind nie ein gutes Ende. Es braucht jetzt spürbare Ergebnisse für dieses Land und da müssen Sie endlich liefern!

Viele Erwartungen hat sie zwar nicht an sich, dafür aber an den Bund. Beim Klimaschutz, beim ÖPNV, bei der Industriepolitik, bei der Landwirtschaft über alle Appelle an den Bund. Sie haben sich schon von ihrer eigenen SPD geführten Ampel-Regierung regelmäßig distanziert, da fragen wir uns natürlich, wie das wohl jetzt als rot-grüne Landesregierung bei einer Schwarz-Rot geführten Bundesregierung sein wird. Die im Koalitionsvertrag versprochene Steuerentlastung, Energiepreiskompensationen, werden auch von den Ländern mitgetragen und auch beschlossen werden müssen.

Die restriktive, aber auch pragmatische und bessere Migrationspolitik wird auch von den Ländern mit beschlossen werden müssen. Viele weitere Entscheidungen brauchen die Unterstützung im Bundesrat. Der Hamburger Bürgermeister hat aus diesem Grunde die Koalition mit den Grünen nachverhandelt, um sicherzustellen, dass die Landesregierung diese wichtigen Projekte der Bundesregierung unterstützt.

Herr Lies, Sie haben viele Erwartungen, aber ähnliches haben Sie mit den Grünen nicht gemacht. Auch wir haben eine Erwartung an Sie und ihre Koalition! Wir erwarten, dass es kein „Niedersachsen – Vote“ als ständige Enthaltung im Bundesrat gibt, sondern dass diese rot-grün geführte Landesregierung auch in dem von ihnen geschilderten Sinne der großen Zusammenarbeit hier unterstützt.

Nur, glauben Sie da selbst dran? Ich nicht. Sie können sich doch jetzt auf kaum etwas wesentliches einigen. Die gesetzliche Vorlage zur Einführung der Fußfessel und zum Schutz von Frauen vor Gewalttätern im häuslichen Bereich.

Seit Monaten Fehlanzeige. Weiter vertragt auf Ende des Jahres.

Die Grünen hier im Parlament in offener Opposition. Autobahnen A39 und A20. Keine Wort dazu gestern von Ihnen. Denn Detlev Schulz-Hendel von den Grünen in offener Opposition. Bezahlkarte. Restriktivere Migrationspolitik – Belit Onay, der grüne Oberbürgermeister von Hannover in offener Opposition. Beim Wolf bin ich gespannt auf das regionalisierte Management und der Umsetzung durch Herrn Meyer.

Überall offene Opposition zwischen SPD und Grünen hier im Parlament.

Die letzten zweieinhalb Jahre waren doch auch verlorene Jahre, weil Sie sich auf nichts Wesentliches einigen konnten, weil diese Koalition einfach völlig aus der Zeit gefallen ist!

Und dann sagen Sie: Sie wollen sie fortführen. Sogar über den Wahltag hinaus. Spannender Satz, den sie da gesagt haben in der Pressekonferenz. Und ich sehe schon an den Gesichtern und in den Augen ihrer Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, die Hälfte guckt auf ihren Laptop – dass sie ahnen, was er bedeutet. Damit sind Sie, Herr Ministerpräsident Lies, kein Ministerpräsident für alle Niedersachsen, sondern Sie sind ein rot – grüner Ministerpräsident. Und den werden wir nicht unterstützen!

Mein und jetzt auch Ihr Vorgänger Christian Wulff hat es in seiner Erwiderung auf die Regierungserklärung von Kurzzeitministerpräsident Glogowski am 29.10.1998 so formuliert, Zitat:

Es gibt, das wissen wir alle, keine neue Regierung in Niedersachsen […] Es bleibt alles beim Alten. Es kann sich als schwere Hypothek erweisen, wenn nicht der Rest aus dem Schatten herausspringt und nun selbst formuliert, wo man was zu tun gedenkt. Die Regierungserklärung hat uns jedenfalls keinen Mut gemacht.

Es bleibt nach gestern leider alles beim Alten. Das Kabinett bleibt es. Die Politik bleibt es. Die Koalition bleibt es. Der Streit bleibt es. Und Sie bleiben es auch. Nett ist eben nicht genug. So kommt nach der Altersteilzeit von Stephan Weil nun die Übergangszeit von Olaf Lies.

Aber es gibt trotzdem Anlass für Zuversicht. Denn ein besseres Niedersachsen ist machbar. Und ein Neustart auch: Aber leider eben erst 2027 nach der Landtagswahl.

Herzlichen Dank!

veröffentlicht am 21.05.2025