Rede des CDU-Vorsitzenden Sebastian Lechner zum Haushaltsplanentwurf 2025


-Es gilt das gesprochene Wort-

Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

im Podcast des Sportjournalisten Arnd Zeigler haben Sie kürzlich verraten, dass Ihre hervorstechende Charaktereigenschaft die Frustrationstoleranz sei – insbesondere in Bezug auf Ihren Herzensverein Hannover 96. Ich kann verstehen, dass diese Eigenschaft in Ihrem Kabinett häufig auf die Probe gestellt wird. Aber während Hannover 96 aktuell den Aufstieg anstrebt, kämpft Ihre Landesregierung zunehmend gegen den Abstieg.

Und die Menschen in Niedersachsen? Die tun sich mit Frustrationstoleranz immer schwerer. Laut einer aktuellen Umfrage von Infratest Dimap aus dem November sind die Bürgerinnen und Bürger erstmals seit Ihrem Amtsantritt im Jahr 2013 mehrheitlich unzufrieden mit Ihrer Landesregierung. Nach elf Jahren Stephan Weil ist die Frustrationstoleranz der Menschen in Niedersachsen schlichtweg erschöpft!

Wirtschaftspolitik

Wenn man Ihre Regierungserklärung vor zwei Jahren mit den heutigen Realitäten vergleicht, wird klar, warum das so ist. Sie hatten angekündigt, Zukunftsindustrien anzusiedeln, Arbeitsplätze zu schaffen und den Wirtschaftsstandort Niedersachsen zu stärken. Doch heute sehen wir: Dieses Land hat riesige wirtschaftliche Probleme, die Ihnen mehr und mehr entgleiten.

Die Automobilindustrie, das Rückgrat unserer Wirtschaft, steht massiv unter Druck: VW, Conti, ZF und viele andere bauen Arbeitsplätze ab – und das auch aufgrund Ihrer politischen Fehlentscheidungen. Die Stahlbranche in Salzgitter wird von Übernahmefantasien bedroht. Die Meyer-Werft in Papenburg musste mit großem Aufwand gerettet werden. Nach dem jüngsten Konjunkturbericht der IHK Niedersachsen sind die wirtschaftlichen Indikatoren auf das Niveau früherer Krisenjahre abgesackt. Das sind keine Zahlen, die Zuversicht wecken. Eine Umfrage von Allensbach zeigt: 70 % der Menschen in Niedersachsen erwarten mehr Einsatz und Engagement für den Wirtschaftsstandort. Ein schlechteres Zeugnis kann es für Ihre Wirtschaftspolitik kaum geben.

Und wie sieht Ihre Antwort aus? Heiße Luft und leere Versprechen. Ihre Bundesratsinitiativen zum Industriestrompreis oder zur Autoprämie sind im Sande verlaufen. Der Infrastrukturausbau liegt brach. Und Ihre Wirtschaftsförderprogramme scheitern regelmäßig an Bürokratie und Konzeptlosigkeit.Nehmen wir das Beispiel „NiedersachsenInvest“: Von den angekündigten 200 Millionen Euro ist gerade einmal eine Million Euro abgeflossen. Ihre Energiehilfen für die niedersächsische Wirtschaft wurden mangels Nachfrage zurück in die Rücklage gebucht. Die Menschen haben schlicht das Vertrauen in Ihre Förderprogramme verloren.

Ihre Förderpolitik scheint einem Muster zu folgen: Es gibt ein Problem. Sie entwickeln ein Förderprogramm, stellen Geld in Aussicht, gestalten die Richtlinien dann so bürokratisch und kompliziert, dass niemand das Geld abrufen kann – und buchen die Mittel anschließend wieder zurück.Aber wissen Sie, wie man jemanden nennt, der immer nur Versprechungen macht, aber nie etwas mitbringt?

Förderpolitik

Ihre Förderpolitik ist ein einziges Durcheinander. Unsere Anfragen haben ergeben, dass es allein in Niedersachsen 2.000 verschiedene Förderprogramme gibt. Es dauerte drei Monate und zahlreiche Nachlieferungen, bis Ihre Landesregierung uns diese Programme überhaupt auflisten konnte.

Darunter finden sich Absurditäten wie die „Ausbildung junger Frauen an Nähmaschinen“ oder 900.000 Euro für Lastenfahrräder. Der Landesrechnungshof kritisierte bereits 2023, dass die Ziele vieler Förderprogramme „häufig unbestimmt und nicht messbar“ seien. Die konkrete Wirkung der eingesetzten Mittel bleibt unklar. Unklarheit – das beschreibt Ihre Wirtschaftspolitik treffend.

Investitionen statt Bürokratie

Wir schlagen vor, dieses Chaos zu beenden. Nehmen Sie einen Teil der Mittel, die Sie für ineffiziente Förderprogramme vorgesehen haben, und investieren Sie sie in die Infrastruktur unseres Landes. Bauen Sie Häfen aus, modernisieren Sie Straßen, schaffen Sie die Grundlagen für wirtschaftliches Wachstum. Hören Sie auf mit Entschließungsanträgen, die im Sand verlaufen. Fangen Sie endlich an zu handeln!

Die Niedersächsische Industrie- und Handelskammer hat in ihrem Impulspapier klargestellt, was nötig ist: 2,5 Milliarden Euro aus Rücklagen und 500 Millionen Euro aus dem Sondervermögen sollten für Investitionen genutzt werden. Das wäre eine Wirtschaftspolitik, die Perspektiven schafft.

Innere Sicherheit

Ein weiteres Versprechen aus Ihrer Regierungserklärung war, dass die Bürgerinnen und Bürger sich sicher fühlen sollen. Doch die Realität sieht anders aus.

Laut einer Befragung des Landeskriminalamts Niedersachsen aus dem Jahr 2023 hat die allgemeine Furcht, Opfer einer Straftat zu werden, zugenommen. Die Kriminalstatistik zeigt, dass die Gewaltkriminalität mit über 214.000 Fällen den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht hat. Gewalt an Schulen nimmt zu, und Clankriminalität bleibt ein drängendes Problem. Doch anstatt konsequent dagegen vorzugehen, beschäftigt sich Ihre Regierung lieber mit der Frage, ob der Begriff „Clan-Kriminalität“ diskriminierend sei. Selbst die Staatsanwaltschaft wird von organisierter Kriminalität unterwandert. Das kann so nicht weitergehen!

Ein Sicherheitspakt für Niedersachsen

Wir stehen außerdem vor einer neuen Dimension der Bedrohung: Cyberkriminalität und Betrug aus dem Ausland haben sich in nur drei Jahren verdoppelt. Doch unsere Behörden sind nicht ausreichend ausgestattet, um diesem Trend entgegenzuwirken.

Unsere Sicherheitsbehörden leisten großartige Arbeit, aber sie stoßen an ihre Grenzen. Wir fahren immer noch Beweismittel mit Autos von einer Behörde zur nächsten, weil eine zentrale Beweismittelcloud fehlt. Wir haben Ihnen einen Sicherheitspakt angeboten: 100 Millionen Euro für eine Beweismittelcloud, bessere IT-Infrastruktur, mehr Stellen für Polizei und Justiz. Doch Sie haben dieses Angebot abgelehnt. In Ihrem Haushalt ist dafür kein Platz vorgesehen.

Kommunale Finanzen

Auch bei den kommunalen Finanzen sieht es düster aus. Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds sprach von einem „riesigen Vertrauensverlust“ zwischen den Kommunen und Ihrer Landesregierung.Die Kommunen sind für die Daseinsvorsorge verantwortlich. Doch sie werden mit den Kosten für Krankenhäuser, Kindertagesstätten und Flüchtlingsunterbringung allein gelassen. Ihre Innenministerin schreibt den Kommunen lediglich, sie könnten ruhig weiter Schulden machen, weil die Kommunalaufsicht nicht rügen würde. Das ist keine Lösung, das ist Selbstaufgabe!

Krankenhäuser

Die Kommunen müssen mittlerweile über 600 Millionen Euro für die Defizite der Krankenhäuser aufbringen. Sie selbst haben gesagt, die medizinische Versorgung müsse überall dem Bedarf entsprechen. Doch der Ärztemangel verschärft sich. Wir hatten in der letzten Koalition einen gemeinsamen Vorschlag zur Reform der Krankenhausstruktur. Den Weg haben sie verlassen.

Ihre Zustimmung zur Lauterbachschen Krankenhausreform wird massive Einschränkungen in der Grundversorgung mit sich bringen. Dieser Reform haben Sie im Bundesrat zugestimmt, obwohl Sie wissen, dass sie nicht praktikabel ist. Jetzt stehen Sie allein in der Verantwortung. Den Weg der Krankenhausschließungen können Sie ganz alleine gehen. Wenn wir im kommenden Jahr in die Verantwortung kommen, werden wir dieses Krankenhausgesetz anpassen, und zwar so dass die flächendeckende Versorgung keinen Schaden nimmt.

Bildung und Kita

Im Bildungsbereich herrscht ebenfalls Stillstand. Die Unterrichtsversorgung liegt bei nur 96,7 Prozent. Pensionierte Lehrkräfte, die zurückkehren wollen, müssen sich bürokratisch neu bewerben und starten wieder mit Einstiegsgehältern.

Ein echtes Quereinsteigerprogramm? Fehlanzeige. Fortschritte bei der praxisorientierten Lehramtsausbildung? Ebenfalls Fehlanzeige.

Auch im Kita-Bereich bleibt der Personalmangel ein großes Problem. Flexible Einsatzmöglichkeiten sind gut, reichen aber nicht aus. Wir brauchen eine praxisintegrierte und vergütete Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher.

Ein breites Bündnis – von kommunalen Spitzenverbänden über Gewerkschaften bis hin zum Kita-Fachkräfteverband – fordert diese Reform und die Einführung der dualisierten Ausbildung. Doch Ihre Regierung ignoriert dieses Anliegen.

Zusammenfassend

Herr Ministerpräsident, die Liste Ihrer gebrochenen Versprechen ließe sich endlos fortsetzen. Denn sie haben keines ihrer Versprechen aus dem Koalitionsvertrag 2022 gehalten. Sie haben die Menschen in Niedersachsen enttäuscht.

Wir haben Ihnen einen klaren Gegenentwurf vorgelegt:

  • für mehr Investitionen,
  • für ein echtes Sicherheitspaket,
  • für handlungsfähige Kommunen,
  • für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung,
  • für eine verlässliche, gute frühkindliche Bildung.
  • und einer solider Finanzen.

Herr Ministerpräsident, wir sind überzeugt: Ein besseres Niedersachsen ist machbar. Doch dafür brauchen Sie eine höhere Frustrationstoleranz, damit Sie endlich ins Handeln kommen!

veröffentlicht am 11.12.2024