Erwiderungsrede des Fraktionsvorsitzenden zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zu den Vorgängen bei Volkswagen
-Es gilt das gesprochene Wort-
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
meine Damen und Herren,
Herr Ministerpräsident, Sie haben diese Unterrichtung heute selbst auf die Tagesordnung setzen lassen – zu einem der wichtigsten Themen, die unser Land aktuell bewegen. Viele Menschen sind verunsichert. Sie bangen um ihre Arbeitsplätze bei Volkswagen und seinen Zulieferern.
Auch wir hatten die Hoffnung, dass Sie heute einen echten Durchbruch kommunizieren. Doch was haben wir gehört? Nichts Neues. Kein Ausblick, keine Lösung, kein Durchbruch – einfach nichts.
Das ist etwas peinlich, Herr Ministerpräsident! Offensichtlich haben Sie darauf spekuliert, dass es gestern zu einer Einigung im Tarifstreit kommen sollte und sie diese heute präsentieren konnten. Aber Sie wussten es nicht. Scheinbar nimmt Sie niemand ernst.
Dabei ist es Ihre Verantwortung, Herr Ministerpräsident. Die aktuelle Situation ist das Ergebnis von Entscheidungen, die Sie im Aufsichtsrat von VW, während der rot-grünen Landesregierung mitgetragen haben. In den letzten elf Jahren haben Sie vier Vorstandsvorsitzende berufen. Und Sie haben die strategisch einseitige Ausrichtung auf die Elektromobilität mitverantwortet – ohne moderne Mischformen wie den Range-Extender zu berücksichtigen, der in China mittlerweile enorme Wachstumsraten erzielt.
Jetzt, mitten in den Tarifverhandlungen, spielen diese Zukunftsplanungeneine zentrale Rolle. Das ist das Metier des Aufsichtsrats. Doch von Ihnen kommen nur Bekundungen zur Zuversicht.
Herr Ministerpräsident, Sie müssen handeln! Vor Weihnachten muss eine Lösung gefunden werden, damit wir nicht auch noch in einen großen Arbeitskampf hineinstolpern. Moderieren Sie diesen Prozess und führen Sie ihn zum Erfolg.
Dazu braucht es Mut und Klarheit. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagten Sie: „Die Dividende habe für das Land Niedersachsen nicht die oberste Priorität.“ Was heißt das konkret? Kein verantwortungsbewusstes Familienunternehmen würde in einer solchen Situation Dividenden ausschütten. Das Geld gehört ins Unternehmen – zur Stärkung der Eigenfinanzierung und für Zukunftsinvestitionen.
Wenn wir von den Mitarbeitern Kompromissbereitschaft erwarten, müssen auch wir als Kapitaleigner bereit sein, kurzfristige Gewinne zugunsten langfristiger Stabilität zurückzustellen. Hier braucht es von Ihnen eine klare Aussage!
Doch stattdessen fabuliert Ihr Fraktionsvorsitzender Tonne im Rundblick, ein Dividendenverzicht sei „hanebüchen“. Das Rating würde sinken, der Aktienkurs fallen. Herr Tonne, lassen Sie sich gesagt sein: Wenn die Eigenfinanzierungeines Unternehmens gestärkt wird, steigt das Rating. Und der Aktienkurs richtet sich nach den wirtschaftlichen Perspektiven. Geld, das in Zukunftsinvestitionen fließt, stärkt diese Perspektiven und schadet dem Aktienkurs nicht, sondern dieser steigt.
Das ist keine neue Erkenntnis. Das haben wir schon einmal einen Dividendenverzicht gemacht, 2015 ebenso, wie in den Jahren 1993/94. Lassen Sie uns ein klares Signal senden, dass auch wir als einer der größten Anteilseigner bereit sind, unseren Beitrag zu leisten.
Auch politisch: Die EVP hat ihre Beschlüsse zur E-Mobilität und den Flottengrenzwerten überarbeitet und könnte gemeinsam mit den Liberalen eine Mehrheit im Europäischen Parlament bilden. Die Sozialdemokraten verweigern jedoch bislang eine Anpassung ihrer Strategie, was Fortschritte bremst.
Ihr Appell an die Union im Bund läuft ins Leere, denn wer hat denn die E-Auto-Förderungabgeschafft? Es war doch ihre eigene Regierung, die den Stecker gezogen hat – jetzt mit dem Finger auf andere zu zeigen, ist einfach unglaubwürdig.
Meine Damen und Herren, jeder muss seinen Beitrag leisten – die Belegschaft, der Vorstand und auch die Kapitaleigner.
Die Menschen in unserem Land brauchen keine leeren Versprechungen oder inhaltslosen Unterrichtungen. Sie brauchen Sicherheit, Perspektiven, Hoffnung!
Herr Ministerpräsident, die Verantwortung liegt in Ihren Händen. Sie müssen wieder gutmachen, was Sie und Ihre Partei angerichtet haben. „Volkswagen ist unser wirtschaftlicher Leuchtturm – lassen Sie ihn nicht im Nebel stehen!“