Zukunft der Volkswagen AG und des Automobilstandorts Niedersachsen


-Es gilt das gesprochene Wort-

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,

viele von uns sind in großer Sorge, nicht nur um die Menschen, die bei VW arbeiten, sondern auch um diejenigen bei den zahlreichen Zulieferern und ihre Familien. VW ist ein zentraler Bestandteil unserer niedersächsischen und deutschen Wirtschaft, und unzählige Arbeitsplätze hängen von diesem Unternehmen ab. Wir sind zurzeit viel in den Werken unterwegs und spüren die Verunsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Menschen dürfen und werden wir in Niedersachsen nicht allein lassen!

Jetzt ist eine Menge zu klären Herr Ministerpräsident, Sie haben die Aufgaben ausführlich beschrieben und dabei zu Recht betont, dass Volkswagen nun weniger öffentliche Aufmerksamkeit benötigt. Sie haben auch richtig darauf hingewiesen, dass VW immer wieder Krisen überstanden hat und dies auch jetzt schaffen kann, wenn alle Beteiligten guten Willens sind – die Belegschaft, die Geschäftsführung und auch die Landesregierung. Diese Krise ist zu meistern! Volkswagen verfügt über großartige Mitarbeiter, gute Produkte, auch wenn das Angebot in einigen Segmenten noch ausgebaut werden muss, und ein gutes Management. Das kann und wird gelingen!

Eine besondere Verantwortung kommt dabei Ihnen zu, Herr Ministerpräsident Weil. Auch wenn Sie versucht haben zu erklären, dass Sie nur am Ende eingebunden und vor allem für die Kontakte zuständig seien, tragen Sie seit 11 Jahren Verantwortung für die Entwicklung von VW. Die Entscheidung dafür wurde am 17. September 2017, in der Regierungszeit von Rot-Grün, beschlossen. Sie sind Mitglied des Präsidiums des Aufsichtsrats und damit mitverantwortlich für die sehr einseitige E-Mobilitätsstrategie des Unternehmens, die im Vergleich zu vielen anderen Autobauern auffällig ist. Es ist Zeit, sich selbst zu hinterfragen, Herr Ministerpräsident: Diese Krise ist auch Ihre Krise!

Wir sehen, dass Rot-Grün eine Belastung für VW ist, weil sie die Aufgaben nicht richtig angehen. Das zeigt sich auch darin, dass Sie die Kultusministerin in den Aufsichtsrat von VW entsandt haben – bis heute fragt sich jeder, was das soll. Die Grünen wollen, dass VW mehr zum Mobilitätsdienstleister wird und weniger Autos baut. Das ist eine Belastung für VW und kein Gewinn!

Ich bin gespannt, welchen Beitrag die Landesregierung jetzt leisten wird und wie sie verantwortungsvoll kommuniziert. Jetzt müssen Kosten sinken, damit die Kernmarke VW das nötige Kapital und die Zeit bekommt, sich für die Zukunft gut aufzustellen. Wir erwarten, dass es zu keinen Standortschließungen in Niedersachsen kommt!

Es gilt, sich zu hinterfragen, Herr Ministerpräsident, nicht nur mit Blick auf die unternehmerische, sondern auch auf die politische Strategie. Doch leider bietet Ihre Rede wieder nur Beschwörendes: Auf Teufel komm raus soll an dem einseitigen Weg in die Elektromobilität festgehalten werden – mit viel Förderung, einem verstärkten Ausbau der Ladeinfrastruktur und natürlich mit vielen Schulden. Doch das war kein Konzept! Mit dieser Strategie scheitern Sie schon heute scheitern. So ruinieren Sie unsere Autoindustrie auf dem Weg in die Klimaneutralität!

Im Übrigen: Sie sagen, wir verunsichern die Menschen? Das Einzige, was die Menschen wirklich verunsichert hat, war erstens die Einstellung der Hybrid-Förderung, die zu einem Markteinbruch führte, obwohl Hybride einen guten Beitrag zur Klimaneutralität leisten könnten. Und zweitens die Einstellung der Förderung für Elektroautos im letzten Jahr, woraufhin der Markt erneut einbrach. Rein in die Förderung, raus aus der Förderung – dieses Hin und Her verunsichert die Menschen tatsächlich, und das war auch Ihre Partei. Was Sie uns zeigen wollen, ist, dass sie diesen Weg einfach weiter gehen wollen. Ihre Politik ist einfach illusorisch. Für 15 Millionen Elektroautos bis 2030 bräuchten wir heute 200.000 Neuzulassungen pro Monat – wir haben aktuell 10 % davon, und die Zulassungen sinken sogar noch! Es gibt keine Chance, bis 2035 auf 100 % E-Zulassungen zu kommen. Dieses Elektromobilitäts-Ziel ist schon jetzt gescheitert! Und das müssen sie zur Kenntnis nehmen.

VW hat aktuell nur drei Möglichkeiten, die Flottengrenzwerte einzuhalten:

  1. Elektroautos auf Halde zu produzieren,
  2. die Verbrenner-Produktion zu drosseln – was viele Arbeitsplätze kosten würde – oder
  3. Strafzahlungen zu akzeptieren.

Doch Sie wollen weiter an den Flottengrenzwerten festhalten und sie irgendwie glätten. Doch welche Kurve wollen sie zeichnen? Das wird dieselben Debatten in zwei Jahren wieder aufwerfen. Über Verbote und starre Vorgaben steuern zu wollen, ist einfach falsch. Sie wollten schon einmal die Menschen zu einer Heizung zwingen. Alle sollten Wärmepumpen zu kaufen, aber was passiert? Es wurden Öl- und Gasheizungen gekauft, und die Wärmepumpenproduzenten mussten Kurzarbeit anbieten. Jetzt wollen Sie die Menschen zwingen, Elektroautos zu kaufen, doch was passiert? Die Menschen kaufen weiter Verbrenner und fahren ihre alten Fahrzeuge länger, um sich vor 2035 noch ihren letzten Verbrenner kaufen zu können. Paradoxerweise verhindern die Flottengrenzwerte und das Verbrennerverbot den zügigen Flottenaustausch, sie beschleunigen ihn nicht!

Und schließlich wieder ein neues Sondervermögen, weil Sie glauben, mehr Geld löse das Problem. Wir haben heute lediglich rund 70.000 Ladepunkte von den 1 Million, die wir 2030 haben wollen. Aber das liegt nicht am Geld – 2023 wurde nicht mal 1 Milliarde von den 2 Milliarden Euro im KTF für den Ausbau der Ladeinfrastruktur abgerufen. Es liegt an der Verfügbarkeit von Fachkräften, an Lieferengpässen, an Genehmigungen und an Netzanschlüssen. Die Tankstellen, die sie verpflichten wollen, brauchen einen Anschluss an das Mittelspannungsnetz. Das ist nicht einfach mit Geld zu machen.

Sie können das größte Sondervermögen aufmachen, aber wenn diese Punkte nicht gelöst werden, bringt alles Geld gar nichts!

Andere große Automärkte machen es anders. China fördert Elektroautos, Hybride und setzt auch auf sparsame moderne Verbrenner. Wir waren doch gemeinsam in China, Herr Ministerpräsident. China will synthetische Kraftstoffe integrieren und rechnet noch bis 2060 mit Verbrennern in der Flotte. Ein Verbrennerverbot gibt es dort nicht. In den USA gibt es auch kein Verbrennerverbot auf nationaler Ebene, nur in Kalifornien und 10 weiteren Staaten – dort gibt es allerdings keine Autoindustrie. Niemand auf der Welt geht Ihren Weg, aber Sie wollen daran unbeirrt festhalten!

Wir stellen die Elektromobilität nicht in Frage. Sie wird das Ziel der individuellen Mobilität sein, schon weil nur mit ihr das vollständig autonome Fahren möglich ist. Wir stellen auch nicht die Klimaziele in Frage. Uns geht es um den Weg in die Klimaneutralität und dass wir diese auch wirklich erreichen! Dieser Weg muss vernünftig und vor allem machbar sein! Das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen.

Der Ministerpräsident hat es selbst erwähnt, der CO2-Emissionshandel wird sowieso auf den Verkehr ausgeweitet. Sie haben es selbst zu Recht geschildert. Nationaler und europäischer Emissionshandel müssen harmonisiert und so angepasst werden, dass die Klimaziele erreicht werden. Die preislichen Belastungen können durch einen sozialen Ausgleich aus den Einnahmen des Emissionshandels kompensiert werden, zum Beispiel über die Pendlerpauschale oder über das sogenannte Klimageld, auf das die Menschen schon seit 3 Jahren warten.

Wozu braucht man da noch Flottengrenzwerte und ein Verbrennerverbot ab 2035 zusätzlich zu diesem Emissionshandel? Das ist nicht zu erklären! Beides kann weg, weil wir einen Marktwirtschaftlichen Weg zu Klimaneutralität brauchen!

Ja, China und die USA fördern auch – übrigens Hybride und Elektroautos. Sie tun dies verlässlich seit Jahren. Wir können das gerne auch über einen Steuerrabatt machen. Ein Teil der Einnahmen des Emissionshandels sollte für den Ausbau der Ladeinfrastruktur und diese verlässliche Förderung verwendet werden! Die Verlässlichkeit kann man über den Klima- und Transformationsfonds gewährleisten. Und im Übrigen wäre das heute schon bezahlbar, wenn Sie den Leuten nicht ihre Heizung verboten und dies jetzt mit 20 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds aufwenden müssten, um das zu kompensieren!

Wir können als weitere Brücke in die Klimaneutralität synthetische Kraftstoffe und Biokraftstoffe im Emissionshandel anrechnen! E-Fuels sind aktuell weniger effizient als das direkte Aufladen von Batterien, weil Erneuerbare zu Wasserstoff gewandelt, komprimiert und mit CO2 versetzt werden müssen – einverstanden. Aber wenn im Nahen Osten die Kilowattstunde über Solarkraft zu unter 1 Cent produziert wird, wird diese Ineffizienz relativ. Ab 2030 wird die Kilowattstunde für 14 Cent nach Europa importierbar sein. Auch hier in Niedersachsen machen sich viele Unternehmen auf den Weg. Zum Beispiel ein Konsortium aus 16 Unternehmen in Steyerberg plant, E-Fuels hier zu produzieren. Was kann der niedersächsische Ministerpräsident oder ein Wirtschaftsminister oder Rot-Grün dagegen haben? Warum lassen wir sie das nicht entwickeln? Wir brauchen auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität jede Technologie: Hybride, neue Kraftstoffe und natürlich Elektroautos. Wir dürfen keinen Weg in unserer Lage ablehnen!

Der VW-Konzern und die Marke Volkswagen sind viel technologieoffener, als Sie ihm das zutrauen. In China und den USA baut VW Hybride, entwickelt sogar neue Modelle und forscht sogar weiter an sparsamen Verbrennern. In Südamerika setzt man auf Biokraftstoffe. Und Porsche forscht in E-Fuels. Erzählen Sie mir nicht, man könne nur in eine Technologie investieren. Das ist nicht die Realität – zum Glück! Unsere Autokonzerne brauchen einfach mehr Beinfreiheit auch im Heimatmarkt Europa!

Und ja, Sie haben Recht: Wir haben die Flottengrenzwerte auch mitbeschlossen. Das Verbrennerverbot übrigens nie. Das waren Ihre europäischen Sozialisten und die Grünen, die das Verbrennerverbot knapp durchgesetzt haben.

Wir sehen die Welt mit offenen Augen, sind bereit zu lernen, und ich würde mich freuen, wenn Sie das auch wären. Mit Ihnen und den Liberalen hätten wir eine Mehrheit im europäischen Parlament. Es sind die Sozialdemokraten, Herr Ministerpräsident, die sich jetzt noch bewegen müssen!

Abschließend möchte ich sagen, dass ich es wirklich bemerkenswert finde, wenn Sie behaupten, diese Landesregierung werde sich mit ganzer Kraft dafür engagieren, dass Niedersachsen Autoland bleibt. Das ist ein starkes Stück! Haben Sie diesen Teil Ihrer Regierungserklärung mit den Grünen abgestimmt? Wollen sie auch, dass Niedersachsen Autoland bleibt? Ist das eine neue Programmatik? Wenn Sie das wirklich wollen, dann muss man auch mal eine Straße bauen, vielleicht auch eine Autobahn wie die A20 oder die A39. Doch das passiert nicht. Mit dieser Landesregierung bleibt Niedersachsen sicher kein Autoland!

Ich bin davon überzeugt: Einen echter Strategiewechsel ist machbar!
Wir brauchen ein wirkliches Umdenken, ein beherztes Zupacken und einen verlässlichen gemeinsamen Weg – im Sinne der Mitarbeiter von VW, ihrer Familien und dem ganzen Land Niedersachsen.

Herzlichen Dank!

veröffentlicht am 25.Sep.2024