Rede der Parlamentarischen Geschäftsführerin Carina Hermann zu TOP 6 – „Änderung der GO des Nds. Landtags“

-Es gilt das gesprochene Wort-

Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

als wir zu Beginn dieser Legislaturperiode im November 2022 über die Modernisierung der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages diskutiert haben – in großer Einigkeit der demokratischen Kräfte im Übrigen – da habe ich gesagt:

Die CDU-Fraktion ist die einzige dieser demokratischen Kräfte in der Opposition.

Zu dieser Aussage stehe ich, stehen wir, unverändert!

Sie ist seit dem Bekanntwerden von chinesischen Spionen in Abgeordnetenbüros der AfD und russischen Geldzahlungen an Parteifreunde der ganz Rechten hier im Hause leider aktueller denn je!

Wir, als CDU-Fraktion sind willens, fähig und dazu bereit, die uns von den Wählerinnen und Wählern zugewiesene Rolle in diesem Haus allein auszufüllen. Wir sind willens, fähig und dazu bereit, die Niedersächsische Landesregierung in allen Fragen allein zu fordern und den Finger in die Wunden zu legen.

Wir sind willens, fähig und dazu bereit, mehr zu tun, als uns die Geschäftsordnung in ihrer derzeitigen Fassung zugesteht.

Wir wissen, wie man dieses Land gut regiert!

Wir wissen, was die Menschen in diesem Land brauchen, um gut leben und erfolgreich wirtschaften zu können!

Wir wissen, wie wichtig eine starke Opposition im niedersächsischen Landtag ist, egal ob Sie oder wir die Regierungsverantwortung tragen!

Herr Weil, Herr Tonne,

Opposition mag zwar Mist sein, wie Ihr ehemaliger Parteivorsitzender Müntefering gesagt hat, aber eine Demokratie ohne Opposition ist keine Demokratie und daher noch viel größerer Mist!

Umso wichtiger ist es, dass die Kontrollinstrumente der Opposition auch wirkungsvoll sind und an die Bedürfnisse der Zeit angepasst werden! Deshalb haben wir schon im Juni des letzten Jahres einen Antrag zur Änderung unserer Geschäftsordnung eingebracht.

Damit wollen wir drei Dinge ändern:

Wir wollen die Anzahl der Entschließungsanträge pro Fraktion erhöhen, die Befragung des Ministerpräsidenten spannender gestalten und wir wollen das Instrument der Dringlichen Anfrage überarbeiten, um die Detailtiefe der Ministerinnen und Minister intensiver prüfen zu können.

Wir sind davon überzeugt, dass wir mit diesen Änderungsvorschlägen einen Beitrag zur Verbesserung der Debattenkultur und zur Stärkung des Parlamentarismus in Niedersachsen leisten.

Meine Damen und Herren,

die Fraktionen von CDU, SPD, und Grünen haben gleichermaßen ausgeschlossen, mit der AfD zusammenzuarbeiten.

Gut so!

Zugleich wollen wir drei demokratischen Fraktionen in Einzelfragen dort kooperieren, wo dies unsere gemeinsam geteilten, parlamentarischen Werte erforderlich machen. Das zeigen wir auch in diesem Plenarabschnitt mit gemeinsamen Anträgen z.B. zu 75 Jahre Grundgesetz.

Meiner Fraktion fällt – trotz der Rolle in der Opposition – eine im besonderen Maße staatstragende Funktion zu, weil wir die einzig verbliebene demokratische Oppositionsfraktion in diesem Landtag sind.

Als regierungstragende Fraktionen tragen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, auch demokratische Verantwortung für die Ausgestaltung der Oppositionsrechte.

Mit unseren vorgelegten Änderungsvorschlägen fordern wir mehr Möglichkeiten der Fraktionen in diesem Hause ein, um das demokratische Gegengewicht der Legislative zur Landesregierung noch effektiver bilden zu können.

Was fordern wir im Einzelnen?

Wir wollen erstens § 39 Abs. 1 der GO ändern, damit die großen Fraktionen mehr als zwei neue Entschließungsanträge pro Tagungsabschnitt einbringen können. Damit wollen wir noch mehr programmatische Alternativen zur Politik der rot-grünen Landesregierung im Landtag aufzeigen. Rund 80 Entschließungsanträge hat meine Fraktion in dieser Legislatur schon vorgelegt.

Deutlich mehr als SPD und Grüne.

Aber längst nicht all unsere Anträge konnten wir auf Grund der Vorgaben der Geschäftsordnung in erster Lesung im Landtag diskutieren.

Und dass, obwohl Rot-Grün viel zu oft die Tagesordnung des Landtags nicht füllen kann!

Meine Damen und Herren,

aus unserer Sicht ist es inakzeptabel, dass während der laufenden Legislatur Tagungsabschnitte immer wieder gekürzt und ganze Tage gestrichen werden.

Zuletzt im April-Plenum vor rund vier Wochen. Wir befinden uns im 16. Tagungsabschnitt dieser Legislatur und bei der Hälfte, also bei 8 Tagungsabschnitten, haben wir nur zwei- statt dreitägig getagt.

Welches Bild wird damit der Öffentlichkeit vermittelt, meine Damen und Herren?

An der CDU-Fraktion hat die Kürzung der Tagungsabschnitte übrigens nicht gelegen. Wir hätten zahlreiche neue Gegenstände zu Erstberatung einbringen können, wurden aber durch die Geschäftsordnung daran gehindert. Ungeachtet dessen, dass Rot-Grün nicht ins Arbeiten kommt, ist diese Änderung unseres Erachtens auch deshalb geboten, weil es in diesem Landtag nur vier statt fünf Fraktionen gibt.

Deshalb fordern wir für die großen Fraktionen einen Anspruch von vier neuen Entschließungsanträgen pro Tagungsabschnitt.

Meine Damen und Herren,

wir wollen zweitens die Befragung des Ministerpräsidenten, die CDU und SPD in der vergangenen Wahlperiode eingeführt haben, reformieren und zu einem echten Kontrollinstrument des Parlaments weiterentwickeln.

Gut, Herr Ministerpräsident, nach den letzten beiden MP-Befragungen im Februar und August zur Brechstangenbeförderung Ihrer Büroleiterin und Ihrem fehlenden Durchsetzungsvermögen gegenüber der Ampel in Berlin habe ich Verständnis, dass Sie das Instrument ab liebsten wieder abschaffen würden. Aber zuvor waren sich – mindestens hinter vorgehaltener Hand – die meisten hier im Hause einig, dass der Zweck dieses Instruments nicht wirklich erfüllt wird. Dass die Ausgestaltung für den MP aufgrund der Vorgaben der Geschäftsordnung doch eher kuschelig und bisweilen langweilig daherkommt.

Wir schlagen deshalb vor, den Ministerpräsidenten nicht zweimal, sondern dreimal im Jahr und dann tatsächlich 90 Minuten lang befragen zu können – ohne Beschränkung auf gerade einmal vier Fragen. Und mit der Möglichkeit, Nachfragen zu stellen. Für meine Fraktion gilt jedenfalls, dass wir die 90 Minuten ohne Probleme füllen können.

Herr Ministerpräsident, wir glauben auch, dass Sie sich das durchaus zutrauen dürfen, mit uns in eine 90-minütige Diskussion über das Handeln und Nicht-Handeln Ihrer Regierung einzutreten. Selbst Herr Scholz schafft das im Bundestag. Sie schaffen das auch.

Und drittens beantragen wir hinsichtlich der Dringlichen Anfragen die weitestgehende Rückkehr zum alten Regelwerk.

Seit 2009 gilt nach Paragraph 48, dass jede Fraktion insgesamt nur fünf Zusatzfragen zur Antwort der Landesregierung stellen darf. Diese Regelung hat sich aus unserer Sicht nicht bewährt.

Darüber hinaus benachteiligt die aktuelle Fassung meine Fraktion, die mit Abstand die größte Oppositionsfraktion, und aktuell genauso viele Nachfragen stellen darf wie die AfD. Eine solche Regelung bildet nicht den Wählerwillen ab.

Wir wollen deshalb zur Regelung zurückkehren, dass jedes Mitglied des Hauses bis zu zwei Nachfragen stellen darf. Damit die Dringliche Anfrage nicht ausufert, schlagen wir im Gegenzug sowohl eine zeitliche Begrenzung der Antworten der Landesregierung als auch eine Gesamtbegrenzung von 60 Minuten vor.

Auf diese Weise gewährleisten wir, dass die Landesregierung durch dieses Instrument breit und tief befragt werden kann. Nur so kann vor allen Dingen die Opposition das Handeln effektiv auch unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Fraktionsstärke kontrollieren.

Meine Damen und Herren,

seit Juni letzten Jahres liegt unser Änderungsantrag nun vor. Wir hatten in der Zwischenzeit gehofft, dass die regierungstragenden Fraktionen ernsthaft gewillt sind, über die Instrumente unserer Geschäftsordnung zu sprechen.

Wir waren bereit, auch Veränderungen an unserem vorgelegten Antrag im Wege eines Kompromisses vorzunehmen. Offenbar war es aber klarer Auftrag, mehr politische Initiativen zu verhindern und die Frageinstrumente unscharf zu lassen. Das bedauern wir ausdrücklich!

Wussten doch gerade die Grünen in Zeiten der GroKo die Oppositionsrechte immer zu betonen.

Vielleicht erinnern Sie sich noch daran? Falls ja, wissen Sie, was jetzt zu tun ist.

Ich bitte herzlich um Zustimmung zu unseren Vorschlägen im Sinne der Stärkung unseres Parlaments!

Vielen Dank!

veröffentlicht am 15.Mai.2024