Rede des Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Sebastian Lechner anlässlich der Aussprache über die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im Rahmen des 1. Tagungsabschnitts des Niedersächsischen Landtags der 19. Wahlperiode am 09.11.2022

– Es gilt das gesprochene Wort. –

Hannover. Am 09. Oktober haben die Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen ein Votum abgegeben. Deswegen gratuliere auch ich zuvorderst dem ganzen Hause zur Wahl in den niedersächsischen Landtag.

Dem Ministerpräsidenten und seiner neuen Landesregierung sprechen wir unsere Glückwünsche aus. Für die Bewältigung einer der schwersten Krisen unseres Landes und für die tatkräftige Arbeit an dessen Zukunft wünschen wir Ihnen eine glückliche Hand, Erfolg und Gottes Segen.

Diese Wünsche sind keine hohlen Phrasen oder Lippenbekenntnisse, denn im Interesse der Menschen unseres Landes gilt es jetzt bestmöglich gemeinsam durch diese Krise zu kommen. Dabei werden wir als kraftvolle Opposition die neue Regierung konstruktiv begleiten, ihr Handeln überprüfen und Verbesserungen aufzeigen. Verbindlich und anständig im Ton, aber klar und hart in der Sache. So wie es sich für die einzig verbliebene bürgerliche Kraft in diesem Hohen Hause gehört.

Lassen Sie es mich an dieser Stelle deutlich sagen: Die Damen und Herren hier am rechten Rand von mir aus gesehen sind alles, aber nicht bürgerlich. Wohin teilweise Populismus und Scharfmacherei in letzter Konsequenz führen können, haben viele Opfer von Hass und Gewalt in der ganzen Welt immer wieder leidvoll erfahren müssen. Dies sage ich sehr bewusst mit Blick auf das heutige Datum des neunten Novembers. Daher wird es seitens meiner CDU-Fraktion niemals eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD geben.

Verlässlichkeit, Toleranz, christliches Wertefundament, Sachlichkeit und Pragmatismus sind Markenzeichen bürgerlichen Politikstils. Das haben wir in den vergangenen fünf Jahren in der Großen Koalition unter Beweis gestellt. Zu unseren Erfolgen zählen der Verfassungsrang für die Schuldenbremse und die erfolgreiche Neuausrichtung der Nord LB, die Stärkung der Hochschulmedizin und die besseren Bedingungen für Forschung und Lehre an unseren Hochschulen, der Masterplan Digitalisierung und die Startup Förderung. Wir haben in der Coronapandemie eine Förder- und Hilfspolitik auf die Beine gestellt, die ihres gleichen sucht, die trotz Rezessionsängsten dazu geführt hat, Wirtschafts­kraft und Arbeitsplätze zu erhalten und echte Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen. Ich erinnere auch an den Niedersächsischen Weg und die Ackerbau- und Grünlandstrategie, die Null-Toleranz-Politik gegenüber Clankriminalität und die Bekämpfung von Kinderpornographie. Wir konnten Niedersachsen in den letzten fünf Jahren wirklich nach vorne bringen und dafür auch ein Dank an die Mitglieder der Koalition der vergangenen Legislatur, insbesondere der CDU und auch der SPD für die gute Zusammenarbeit.

Herr Ministerpräsident, Sie konnten sich auf die solide und gute Arbeit der CDU verlassen. Sicher, unsere 5 Minister Barbara Havliza, Björn Thümler, Barbara Otte-Kinast, Reinhold Hilbers und Bernd Althusmann waren Ihnen nicht immer bequem, denn Sie konnten sich durchsetzen und haben angepackt. Und sie hatten eines, was wir bei Ihnen oft und auch gestern wieder vermisst haben, Gestaltungswillen.

Bitte, aber das war doch gestern kein Aufbruch, dass ist wieder nur Verwalten, das ist doch keine Antwort auf die großen Herausforderungen, die sie selbst beschrieben haben, das ist nicht gestalten, das ist einfach zu wenig für unser Land.

Niedersachsen in der Krise

Unser Land befindet sich in einer schweren Krise. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Welt, auch unser Land verändert. Wir alle können uns glücklich schätzen hier und heute in Frieden und Freiheit zu tagen. Nur rund 1.000 Kilometer entfernt von uns müssen Frauen, Männer, Junge und Alte um ihr Leben, ihr Land und ihre Freiheit fürchten. Heute sollten wir ein klares Signal als Niedersächsischer Landtag an die tapferen Ukrainer senden, die tagtäglich ums Überleben gegen Putins Russland kämpfen. Wir bleiben solidarisch mit der Ukraine und werden uns auch von Putins Drohungen nicht einschüchtern lassen.  

Putins Krieg hat uns in eine Energiekrise geführt, welche in allen Bereichen zu spüren ist und nun zu einer existenziellen Wirtschaftskrise führt. Wir müssen gegensteuern, mit klugen und innovativen Konzepten, mit dem Mut auch die großen Reformen anzupacken und mit Zuversicht und Optimismus. Niedersachsen braucht gerade jetzt eine kraftvolle, ambitionierte und handlungsfähige Regierung, die den Menschen aufzeigt, wie die Krise überwunden wird. Das ist das, was wir und die Menschen von Ihnen erwarten.

Die Antworten aus Berlin zur Krisenbewältigung sind schon unzureichend. Grundsätzlich begrüßen wir die Ergebnisse der MPK, aber ist jetzt auch schon wirklich lange überfällig, und es bleibt immer noch vieles unklar.

  • Es ist unklar, ob und wie die Strompreisbremse zum Januar kommen wird.
  • Es ist unklar, ob die klein- und mittleren Unternehmen unter Ihren Industriestrompreis fallen.
  • Es ist unklar, ob die Gaspreisbremse ab 1. März oder doch ab 1. Februar gelten soll.
  • Und es ist unklar, wie die Härtefallregelung für kleine und mittlere Unternehmen aussehen wird.

Herr Ministerpräsident, nutzen Sie Ihre Rolle als Vorsitzender der MPK, um all diese offenen Fragen schnellstens zu klären. Und machen Sie sich dafür stark, dass wir gerade für ein so großes Flächenland auch eine Spritpreisbremse und eine Lösung für die Menschen, die mit Öl und Holzpelltes heizen, und zwar zum 1.1.2023 bekommen.

Und nun wollen sie ein eigenes Hilfsprogramm auflegen. Auch wir stehen zu unserer Verantwortung und unterstützen die Linie, dass sich auch Niedersachsen an der Bewältigung dieser Krise finanziell beteiligen sollte! Aber wir sind der Meinung, dass es darauf ankommt, dass Bund und Länder Hand in Hand gehen. Und es ist leider unklar, wie hoch die finanzielle Beteiligung der Länder am Programm des Bundes sein wird.

Sie sagen, Sie wollen den Härtefallfonds ergänzen. Doch es ist leider unklar, wie der überhaupt aussieht. Das ist doch die ganze Krux. Sonst hätten wir das auch schon vor der Wahl zusammen machen können: Doch die Bundesregierung kommt einfach nicht in die Pötte! Auch die Mittel aus ihrem Nachtragshaushalt werden wahrscheinlich nicht vor Frühling verausgabt werden können. Und das bedeutet einfach, dass die Menschen in diesem Winter kaum bis keine Hilfe erhalten! Weder vom Bund noch vom Land! Das ist Konsequenz der Zögerlichkeit der Ampel!

Für uns ist eines sehr wichtig: Wenn wir Geld ausgeben, muss es bei den Menschen auch ankommen. Deswegen werden wir genau auf Ihren Nachtragshaushalt schauen. Wenn den Menschen in Niedersachsen damit tatsächlich geholfen werden kann und es eine gute Ergänzung zu den Bundesmitteln ist, haben Sie uns an Ihrer Seite. Dient es aber nur dazu, Geld für ihren verkorksten Koalitionsvertrag im Einzelplan 13 zu bunkern, werden wir das deutlich machen und ablehnen!

Energiepolitik

Herr Ministerpräsident, wir müssen diese Energiekrise bei der Wurzel packen. Deswegen unterstützen wir auch ihre Agenda zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Aber es wird Konflikte geben. Wir sind hier klar: Weg von Wohnraum und rein in den Naturraum. Wir wissen, dass ist nicht unumstritten. Aber was wollen Sie? Herr Weil, wie nah wollen Sie an Wohnbebauung ran? Wird es Windkraft im Wald geben? Werden anliegende Grundstückseigentümer für den Wertverlust kompensiert? Alles offene Fragen, die aber gelöst werden müssen, auf die es keine Antwort im Koalitionsvertrag gibt und deswegen ist das mit dem Ausbau von Windkraft an Land im Moment nur Wortklauberei.

Wir brauchen auch den Ausbau der Speichertechnologien, um die erneuerbaren Energien auch Grundlastfähig zu machen. Wir müssen Power to Gas im großen Stil nutzen. Auch Biogasanlagen müssen einen weiteren Beitrag zur Netzstabilisierung leisten und zur Speicherung von Energie. Die größten Möglichkeiten bietet aber die Elektrolyse von grünem Wasserstoff direkt aus Windstrom. Sie wollen, dass wir „Kernland der Wasserstoffwirtschaft“ werden, einverstanden, aber wie? Wir brauchen mehr Forschungscluster und Unternehmenspartnerschaften, Steuer- und Abgabenfreiheit für den Bau von Elektrolyseuren, mehr Modellprojekte zum Bau von Wasserstoffpipelines hin zu den industriellen Verbrauchern. Wir müssen ehrgeiziger sein und nicht nur Windenergieland Nr.1 sein wollen, sondern auch Wasserstoffland Nr. 1 werden wollen.

Zu dieser Ausbaustrategie braucht es vor allem eines: Schnelle Genehmigungen. Sie wollen das mit dem Bund besprechen und im Land alles möglich machen, um das zu beschleunigen. Auf der anderen Seite wollen sie unsere öffentlichen Beschäftigten und unsere Beamten, mit schönen Dingen wie Genderbudgeting oder Klimachecks beschäftigen. Ich mache Ihnen mal einen Vorschlag, sie sparen sich das alles und setzen die personellen Kräfte lieber dafür ein, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, und zwar mit einer Clearingstelle, die die Kommunen bei der Genehmigung unterstützen.

Neuer Wohlstand

Allein mit der Bewältigung der Energiekrise wird es nicht getan sein. Wir müssen uns wieder mit der Frage beschäftigen, wie wir Wohlstand in Niedersachsen halten und neuen schaffen. Dazu braucht es eine ehrgeizige und umfassende wirtschaftspolitische Agenda, die über den Ausbau der erneuerbaren Energien hinaus geht. Sie sagten, Sie wollen einen Staat, der die Menschen schützt. Einverstanden, aber wir wollen mehr. Wir wollen einen Staat, der auf Eigeninitiative setzt, der Freiraum für Unternehmer und Betriebe schafft, der ermutigt, der es unterstützt, ins Risiko zu gehen und der Eigenleistung wertschätzt. Das alles spielt bei Ihnen keine Rolle.

Tragende Säulen unseres Wohlstandes sind Mittelstand und Handwerk, ergänzt durch hochkarätige Industrieunternehmen. Diese Säulen müssen wir stärken. Nicht nur im Hinblick auf die Transformation, sondern auch mit Blick auf Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Wirtschaft „Made in Niedersachsen“ muss eine starke Marke sein! Das heißt neben der Stärkung unseres vorhandenen Potenzials, muss es attraktiv für Unternehmen sein, sich hier anzusiedeln oder zu gründen.

Ja, dazu braucht es ausreichend günstige Energie. Aber unsere Unternehmen brauchen auch eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur über die Waren und Energie angeliefert und abtransportiert werden. Wir wollen auch den ÖPNV ausbauen. Einverstanden. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass es auf absehbare Zeit, und da bin ich sehr gespannt auf die Ergebnisse ihrer Modellprojekte, nicht ohne Auto und Lastwagen gehen wird. Wir müssen Lastwagen und Auto klimaneutral machen. Auch einverstanden. Aber sie müssen irgendwo fahren. Doch genau hier sehen wir nur Stoppschilder: Straßenneubau- und Ausbau kommt wie 2013 nicht vor. Und die Autobahnen werden als Bundesthema lieber gar nicht erst thematisiert. Wir stehen zum Straßenneu- und Ausbau, für den Bau der A20 und die Umsetzung der A39. Es wird keine gute Wirtschaftspolitik ohne eine gute Verkehrspolitik geben, Herr Ministerpräsident, da haben sie sich von den Grünen über den Tisch ziehen lassen.

Niedersachsen ist Autoland – wir stehen dazu. Unternehmen wie Volkswagen sind durch stetige Innovationen weltweit bekannt und erfolgreich. Und ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, Herr Ministerpräsident, aber Sie haben unser größtes Unternehmen mit keinem Wort in ihrer Erklärung erwähnt. Ist das der neue rot-grüne Stellenwert der Autoindustrie in unserem Bundesland? Das passt auch zu ihr Entscheidung die niedersächsische Ministerin für Kultus in den VW-Aufsichtsrat zu entsenden. Was um Gottes Willen soll denn das Kultusministerium für einen Beitrag für das Beteiligungsmanagement von VW leisten? Können sie mir und den Menschen da draußen das irgendwie erklären?

Wir sind auch Agrarland Nr. 1 und das Umwelt und Landwirtschaft in grüner Hand sind, lässt dieser Tage sicherlich nicht alle Landwirte ruhig schlafen. Sie sagten gestern, sie wollen die Landwirte nicht allein lassen. Aber wenn man in ihren Koalitionsvertrag schaut, dann geht es zunächst mal um mehr Kontrollen und Dokumentationspflichten und das ist das grundsätzliche Problem: Sie vertrauen den Landwirten eben gerade nicht. Der Beruf des Landwirts verdient aber Anerkennung und Wertschätzung und wir sollten auch mal wieder Eigeninitiative und Unternehmertum in dieser Branche stützen und nicht durch noch mehr bürokratische Auflagen hemmen. Wir müssen neue Wege gehen mit Digital-Farming und Züchtungsmethoden und wir müssen uns gegenüber der EU und der Bundesregierung für ein Moratorium in Bezug auf neue Regeln und Auflagen einsetzen. Gerade in diesen Zeiten muss die Flächenstilllegung im Gunststandort Niedersachsen nachranging gegenüber der Produktion von Lebensmitteln sein. Landwirtschaft mit ihren vor- und nachgelagerten Branchen braucht ebenso klare Signale für die Tierhaltung. Doch all das haben die Landwirte und die ländlichen Räume von ihnen nicht zu erwarten? Also was genau meinen Sie damit sie nicht allein zu lassen?

Alle Branchen leiden in Niedersachsen unter einem Fachkräftemangel. Diesem entgegenzuwirken wird eine Hauptaufgabe sein, wenn wir wieder Wohlstand für alle schaffen wollen. Neben der Zuwanderung, und ja auch wir stehen dazu, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und ich bin gespannt, wie sich die Aussage, dass Zuwanderung gesteuert werden muss, am Ende im Recht manifestiert, brauchen wir aber eine umfassende betriebliche Weiter- und Fortbildungsstrategie. Wir müssen unsere Berufsschulen, Hochschulen und Erwachsenenbildung verzahnen und gleichzeitig die Anforderungen an unsere digitale Arbeitswelt mitberücksichtigen. Warum stehen bei uns viele Berufsschulen nachmittags leer? Quereinstieg, Umschulung, Neuqualifizierung- und Neuausbildung und Wiedereinstieg müssen für jedes Alter möglich sein.

Wir brauchen eine Hightech-Agenda. Dazu gehört für uns eine neue Förderung von Hightech-Inkubatoren und Akzeleratoren und die Verbesserung von Hightech-Entrepreneurship und Wissenstransfer, vor allem zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Künstliche Intelligenz wird in absehbarer Zeit in jedem Produkt sein. Da sollten wir dem Süden das Feld nicht überlassen. Und was uns besonders wichtig ist: Warum nicht neue Wege gehen und Innovationsregionen mit regulatorischen Freiräumen ermöglichen. Dazu gehören auch eine solide Finanzierung und eine niedrigschwellige Förderkultur. So sieht zukunftsgerichtete Innovationspolitik aus. In ihrer Regierungserklärung nicht angesprochen!

Bildung

Neben einer ehrgeizigen und klaren Energie- und Wirtschaftspolitik braucht es für dieses Land auch eine Bildungspolitik, um unseren Wohlstand zu halten und neuen zu erarbeiten. Dafür müssen wir unseren Kindern bestmögliche Startbedingungen bieten. Leider sind diese in der frühkindlichen Bildung aktuell nicht gut. Daher geht UNSER Stufenplan für die dritte Kita-Kraft, den haben wir nämlich zusammen entwickelt und die Steigerung der Ausbildungszahlen in die richtige Richtung. Aber es geht noch mehr: Wir brauchen eine wirkliche Fachkräfte- und Ausbildungsoffensive für unsere Kitas, ein Ausbilderprogramm für die dualisierte Ausbildung und die Etablierung eines berufsbegleitenden Masterstudiums. Vor allem die Digitalisierung muss hier neu gedacht werden: Wir schlagen einen Digitalpakt Kita vor, um die Verwaltung zu vereinfachen und die Vernetzung der verschiedenen Institutionen zu fördern, um Personalkapazitäten freizusetzen. Das wäre Zukunftspolitik für unsere Kleinsten in den Kitas!

Ihre Idee, die Schulen mit nicht pädagogischem Personal aus anderen Berufsgruppen zu unterstützen, teilen wir und sind gespannt auf die Umsetzung. Auch die Bezahlung der Lehrer zu A13 finden wir gut. Aber wie wäre es auch mit einem Quereinsteigerprogramm? Eines, dass die pädagogische Beschulung von Quereinsteigern stärkt, eines, dass die Anerkennungshürden senkt, eines das Quereinsteiger tatsächlich und faktisch den einfachen und begleiteten Einstieg in den Lehrerberuf gewährleistet? Wir müssen aus unserer Sicht auch das Lehramtstudium reformieren, praxisnäher, modularer und in Verbindung mit dem Referendariat schneller machen. Und sie müssen sich endlich die Organisation von Ganztag und Inklusion anschauen und Kapazitäten frei machen. Ein absoluter Schwerpunkt der Landesregierung muss bei dem Thema Unterrichtsversorgung liegen. Hieran werden wir sie messen, Frau Hamburg.

Was wir aber auf keinen Fall brauchen sind neue Schulstrukturdebatten und die typisch rot-grüne Gleichmacherei. Das passt auch so gar nicht zum dem, was Sie Herr Ministerpräsident gestern gesagt haben: Sie wollen den Schulen mehr pädagogischen Freiheit geben. Aber laut Koalitionsvertrag wollen sie die Oberschulen zu Gesamtschulen schleifen, die Einheitsschule von Klasse 1 bis 13, den neuen Einheitslehrer und die Abschaffung der Notengebung. Das ist das exakte Gegenteil von pädagogischer Freiheit und Schulvielfalt!

Und wirklich ambitionslos sind sie bei der digitalen Schule. Kostenlose Tablets für alle. Einverstanden. Aber genau solche Versprechen sind für eine echte digitale Schule nicht genug. Mit der „Landesinitiative n-21: Schulen in Niedersachsen online“ muss eine digitale Landesträgerschaft für eine erfolgreiche und gleichwertige Umsetzung der Digitalisierung an allen Schulen in Niedersachsen eingeführt werden. Wir müssen Standards definieren, für Software, die eingekauft werden kann von den Schulen, datenschutzrechtliche Themen lösen, die Lehrer verstärkt im digitalen Unterricht schulen. Wichtig wäre auch, im kommunalen Finanzausgleich gesonderte Bedarfszuweisungen schaffen. Für gleichwertige digitale Lernvoraussetzungen an den Schulen in Niedersachsen. Wirklich innovativ wäre, eine bundesweite, digitale Bildungs-ID für alle Schüler einzuführen, um das Management von Noten, Berichten und Qualifikationen auch bei Schul- und Länderwechsel einfach und unbürokratisch zu gestalten. Das ist notwendig für “digitale Schule”. Nicht nur I-Pad-Klassen.

Moderner Staat

Digitalisierung ist nicht nur für unsere Kinder in der Schule wichtig. Auch unser Staat kann besser werden sein, wenn er digital auf der Höhe der Zeit ist. Die Menschen in unserem Land und die Unternehmen haben eine klare Vorstellung davon, wie der Staat hier organisiert sein sollte. Verwaltung muss einfach erreichbar und kompetent sein, dazu sicher und verlässlich. Sie wollen doch Niedersachsen einfacher machen? Doch auch da muss man mutig sein: Eine Zuständigkeit für die gesamte IT-Infrastruktur des Land braucht es und die Ressorthoheit muss man schleifen. Wir hätten uns wenigstens gewünscht, dass es einen extra Staatssekretär für diese Aufgabe gibt, wenn schon kein Ministerium. Aber nein, die Struktur bleibt die alte. Eine eigene Beamtenlaufbahn für IT-Fachkräfte und Experten wäre gut gewesen. Partnerschaften mit der Industrie und Unternehmen. Aber nichts davon ist genannt von ihnen. Als ob sie den Bericht des Landesrechnungshofes über den Stand der Digitalisierung des Landes gar nicht kennen? Es ist zum Verrücktwerden. Sie verweigern sich!

Auch eine Verwaltungsreform ist von Ihnen nicht zu erwarten. Im Gegenteil sie bauen kräftig aus. Landeswohnungsgesellschaft, Landesmoorgesellschaft und Landesliegenschaftsgesellschaft und die regionalen Landesämter sollen jetzt Projektarbeit miteinander machen.

Der Nutzen der Gesellschaften bleibt dabei vage. Nehmen wir die Wohnungsgesellschaft, welche sich jetzt nicht mehr mit Bau befassen soll. Haben Sie, Herr Weil aber nicht eben diese Baugesellschaft im Wahlkampf versprochen? Jetzt also nur noch eine Wohnungsgesellschaft, die zum einen als Akteur in den Mark eingreifen soll. Es bleibt dabei: Besser wäre, sie unterstützen und fördern jene, die die beste Erfahrung darin haben Wohnraum zu schaffen: Die kommunal-öffentlichen und privaten Wohnungsbaugesellschaften. Und kümmern sich um ein Förderprogramm, dass denen auch gute Anreize setzt. Dann hätten wir die 400 Mio. Euro, die wir schon in der letzten Periode bereitgestellt haben, auch ausgeben können und wären weiter!

Und dann gibt es den Niedersachsenfonds. Die Antwort von Rot-Grün auf das den Investitionsbedarf. Verfassungsrechtlich im Sinne unserer verankerten Schuldenbremse ist alles ein Umgehungstatbestand, was nicht eigenes Geld erwirtschaftet und damit vom Haushalt des Landes gespeist werden müsste. Ihr Fonds funktioniert also nur mit Projekten, die eigene Mittel erwirtschaften bzw. Tilgungen und Zins zahlen können. Dann wäre aber der einfachere und bessere Weg, wir machen endlich die NBank zu einer echten Investitionsbank und die kann dann diese Aufgabe übernehmen. Das ist das Modell, welches wir auch im Regierungsprogramm vorschlagen haben. Alles andere, ein Fonds, indem laufend zu finanzierende Aufgaben des Landes ausgelagert werden, ist eine Umgehung der von uns gemeinsam beschlossenen Schuldenbremse, Herr Ministerpräsident und wird von uns konsequent vor dem Staatsgerichtshof konsequent beklagt werden!

Sicherheit

Solidarität mit den Schwachen unserer Gesellschaft ist ein Markenkern christdemokratischer Politik. Dies bedeutet auch, dass wir uns zu unserer humanitären und christlichen Verantwortung bekennen, Menschen in Not zu helfen und aufzunehmen, das gilt insbesondere für Kriegsflüchtlinge.

Wir fordern ein Integrationsgesetz, das den Zugewanderten oder Zugeflüchteten einen Anspruch auf Integrationsleistungen garantiert und gleichzeitig die Teilnahme verbindlich regelt. Ich bin mir nicht sicher, ob das ihrem Partizipations- und Teilhabegesetz entspricht, aber wir lassen uns mal überraschen. Aber mit einem solchen Gesetz könnten sämtliche Projekte zur Förderung der Integration erfasst, gebündelt und an den Zielen des neuen Integrationsgesetzes ausgerichtet werden und es schafft einen klaren Anspruch gegenüber dem Staat! Das wäre ein guter Weg.

Auch um die Kommunen über die Konnexität zu entlasten. Durch die immer weiter steigenden Flüchtlingszahlen kommen unsere Kommunen mittlerweile an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Wir müssen mehr zentrale Aufnahmekapazitäten des Landes schaffen, das haben sie gestern ja auch zugesagt. Nur die müssen kleiner sein und wir müssen für Sicherheit und Ordnung garantieren. Verhältnisse wie im Ankunftszentrum Bad Fallingbostel-Oerbke dürfen sich nicht wiederholen.

Letztlich geht es aber darum, schnellere Verfahren zur Klärung des Aufenthaltsstatus zu etablieren und effektive Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht bei Personen, die sich hartnäckig weigern, Deutschland zu verlassen, zu entwickeln. Wir haben ihnen da schon vor Jahren mal ein Modellprojekt vorgeschlagen. Es geht hier nicht um eine herzlose Rückführungspolitik, sondern um eine konsequente und klare Durchsetzung der rechtsstaatlichen Regeln in diesem Bereich. Ich weiß, dass sie das aussparen wollen, aber sie werden die Akzeptanz der Menschen in unserem Land gefährden, wenn wir hier nicht endlich Fortschritte machen!

Doch um diese rechtstaatlichen Themen drücken sie sich insgesamt. Sie haben gestern, Herr Ministerpräsident, die Sicherheitspolitik nicht mit einem Wort erwähnt. Mir ist auch klar warum.

Unseren Polizistinnen und Polizisten tritt diese Koalition mit viel Misstrauen entgegen. Eine überflüssige Beschwerdestelle im Innenministerium reicht wohl noch nicht aus. Jetzt soll auch noch die Bürgerbeauftragte hinzukommen. Dabei gibt es ein klares disziplinarisches Vorgehen bei Vergehen von Polizisten. Aber das entspricht nicht dem Geist, der jetzt Einzug hält, nämlich der kruden These, dass Polizisten Polizisten schützen vor der Verfolgung von Vergehen und das es deswegen anderer Mittel bedarf wie die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeikräfte. Das öffnet einer Misstrauenskultur gegenüber unseren Polizistinnen und Polizisten Tür und Tor. Das ist das glatte Gegenteil von dem, was sie brauchen. Wir sagen es klar. Wir stehen an der Seite der Niedersächsischen Polizei und Sie sollten das auch tun!

Wir sind uns einig darin, Rassismus und Extremismus in all seinen Ausprägungen entschieden entgegenzutreten. Auch wir wollen eine offene und tolerante Gesellschaft. Und auch wir wollen denen, die unseren Staat und Demokratie verachten, entschieden entgegentreten. Und deswegen sage ich aber auch deutlich: Menschen, die sich auf Straßen kleben, Rettungseinsätze behindern, Kunstwerke beschmieren und Sachen beschädigen, sind keine Aktivisten, sondern Straftäter. Und auch die müssen wir in den Blick nehmen.

Wir müssen massiv in die IT-Infrastruktur der Polizei und des Verfassungsschutzes investieren und diesen Weg endlich gehen, sonst laufen wir den Straftätern und auch Terroristen hinterher.

Schluss

Es passt vieles in ihrem Koalitionsvertrag nicht zusammen und ist nicht durchdacht. Konflikte werden ausgespart, in Prüfaufträge formuliert, 137 an der Zahl! Sie wollen vieles, aber nichts konkret. Aber eines muss man Ihnen und Ihren Koalitionären lassen. Sie haben sich schnell geeinigt. Genauer, Sie sind schnell fertig geworden. Aber doch nur, weil Sie keine großen Reformprojekte anpacken wollen, weil Sie im Kleinklein verharren, weil Sie alle kritischen und potenziell schwierigen Punkte einfach ausgespart haben.

Mit dieser Einschätzung bin ich nicht allein. So war am 01.11.2022 auf NDR online in einem Kommentar von Thorsten Hapke zu lesen, dass bezweifelt werden darf, ob da, ich zitiere „wirklich eine mutige, reformwillige Regierung an den Start geht.“ Diese Zweifel teilen wir!

Sie setzen nicht auf die Kraft der freien Entfaltung der Menschen in diesem Land. Sie setzen auf Regulierung und Bürokratie. Neuer Wohlstand ist keine Priorität. Ihre Koalition ist eine Kampfansage an die Leistungsträger in Niedersachsen. Sie wollen zurück in die rot-grüne Vergangenheit, lieber verwalten, statt gestalten, Ankündigungen und Prüfaufträge, statt pragmatische und anpackende Politik. Wir werden Sie jeden Tag aufs Neue daran erinnern, dass diese Art von Politik für unser Land nicht reicht. Wir wollen Niedersachsen nach vorne bringen!

Herr Ministerpräsident, das war gestern keine Regierungserklärung, das war ein Antrag auf Altersteilzeit. Dieser ermöglicht Ihnen einen gleitenden Übergang in den Ruhestand. Schade um Niedersachsen.

veröffentlicht am 09.Nov.2022