Rede des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Jörg Hillmer, zu TOP 16c, Aktuelle Stunde der SPD, „Rettet die 112“

– Es gilt das gesprochene Wort. –

Die Aktuelle Stunde nimmt Bezug auf einen Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums zur Reform der Notfallversorgung. Danach sollen künftig die Notfallambulanzen der Krankenhäuser durch Integrierte Notfallzentren an ausgewählten Standorten ersetzt werden, worüber Krankenkassen und Kassenärzte bestimmen sollen. Zudem ist vorgesehen, den kommunalen Rettungsdienst faktisch der Planung der Krankenkassen und Kassenärzte zu unterstellen.

Mit der Reform sollen vor allem die Rettungsstellen der Kliniken entlastet werden. Künftig soll stärker vorab entschieden werden, ob Patienten in die Notaufnahme kommen sollen oder ob etwa ein zeitnaher Arzttermin reicht. Notfallleitstellen sollen klären, ob ein Patient ins Krankenhaus kommen soll, ob der Bereitschaftsdienst zuständig sein soll oder auch eine normale Sprechstunde reicht.

So weit so gut. Es gibt dort offensichtlich ein Problem. Mit diesem Lösungsvorschlag mögen sogar die mächtigen Player im Gesundheitssystem einverstanden sein; als da sind Krankenkassen, Ärztevereinigungen und Krankenhäuser.

Auch die Bürgerinnen und Bürger, die medizinische Hilfe brauchen, sind heute nicht selten irritiert, ob sie die 112 anrufen sollen oder in die Notaufnahme des Krankenhauses fahren sollen oder den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst unter 116117 nutzen sollen. Eine einfachere Struktur wäre für die Bürger eine Erleichterung.

Die offene Flanke dieses Entwurfes ist aber, dass der Bund sich der Rettungsinfrastruktur der Kommunen bemächtigen will. Die Landkreise und kreisfreien Städte unterhalten eine sehr effektive und effiziente Notfallrettung, die wir zentral unter der Nummer 112 erreichen. Jedes Kind kennt diese Nummer und kann dort um Hilfe rufen bei Feuer, Überfall und jeglichen Notlagen, die weit über medizinische Akutfälle hinausgehen.

Gespräche über Arzttermine oder zur Beratung gehören nicht auf diesen Kanal.  Dafür haben die kassenärztlichen Vereinigungen die Nummer 116117 etabliert. Dieser kassenärztliche Bereitschaftsdienst ist strukturell nicht gut aufgestellt, nicht ausreichend leistungsfähig und vielerorts nicht bekannt genug. Deshalb soll er mit dem kommunalen Rettungsdienst zusammengelegt werden.

Für uns ist nicht ersichtlich, warum der ohne Frage funktionierende Rettungsdienst der Kommunen den offensichtlich nicht einwandfrei funktionierenden Notfallstrukturen des Gesundheitssystems untergeordnet werden soll.

Das Thema steht am Anfang der Beratung auf Bundesebene. Ich hoffe, man kommt am Ende auf eine Lösung, die bürgerfreundlich ist und gleichzeitig auch funktioniert. Dazu müsste man denjenigen die Verantwortung zuschreiben, die bisher ihre Aufgaben bereits im Griff hatten. Das sind die Kommunen. Mit noch mehr medizinischer Kompetenz könnte die Lotsenfunktion der kommunalen Rettungsleitstellen gestärkt werden.

Wir bitten die Landesregierung, auch wenn es ein nicht zustimmungspflichtiges Bundesgesetz geben sollte, sich für den Erhalt der kommunalen Kompetenz im Rettungswesen einzusetzen.

veröffentlicht am 26.02.2020