Rede des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Jörg Hillmer zu TOP 4 „Entwurf eines Gesetzes zur Verankerung der Pflichten von Schülerinnen und Schülern im Niedersächsischen Schulgesetz“
– Es gilt das gesprochene Wort! –
Es ist gut und richtig, dass wir diese wichtige Gesetzesänderung hier heute gemeinsam auf den Weg bringen. Es ist gut und richtig, dass Sie von SPD und Grünen gerade noch rechtzeitig eingesehen haben, was wir schon seit dem letzten Jahr immer wieder betont haben: Wir dürfen unsere Schulen mit der Frage der Vollverschleierung im Unterricht nicht alleine lassen!
Es geht uns nicht um den Einzelfall. Es geht uns darum, dass Unterricht in unseren Schulen in Niedersachsen nur vernünftig möglich ist, wenn Kommunikation auch im üblichen Maße stattfinden kann. Und das ist einfach nicht gegeben, wenn Mädchen in den Klassenräumen einen Nikab oder eine Burka tragen, die das gesamte Gesicht verhüllen und maximal einen Schlitz für die Augen offen lassen.
Leider war die Einsicht von SPD und Grünen nicht selbstverständlich, sondern ein quälend langer Prozess. Erst waren Sie beziehungsweise Ihre Kultusministerin Heiligenstadt ganz fest der Ansicht, dass das Schulgesetz in bisheriger Form ausreicht und das Tragen von Nikab und Burka in Niedersachsen rechtswidrig ist. Dann wollten Sie das aber nicht so genau nehmen und dem Mädchen an der Oberschule in Belm – der Fall ist ja inzwischen bundesweit bekannt – nicht verbieten, ihren Nikab weiter zu tragen.
Es musste dann erst im Frühjahr dieses Jahres dem Ministerpräsidenten der Kragen platzen, dessen Staatskanzlei dann ein Gutachten bei Herrn Professor Wissmann in Münster in Auftrag gab. Und dieser Professor Wissmann kam dann zu dem Schluss, dass das Niedersächsische Schulgesetz dringend geändert werden muss. Wörtlich schrieb er, die bisherige Rechtslage sei „problematisch und letztlich unzureichend“. Deutlicher geht es nun wirklich nicht mehr.
Erst dann hat Kultusministerin Heiligenstadt endlich überhaupt etwas in dieser Angelegenheit getan. Da waren wir jedoch schon im Mai, die Sommerpause nahte, und der Kultusausschuss benötigte sogar eine Sondersitzung, um den Gesetzentwurf noch ansatzweise rechtzeitig aufs Gleis zu setzen.
Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen: Das, was heute hier beschlossen werden soll und wird, ist ein Minimalkonsens! Wir sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden, insbesondere wieder einmal nicht mit der Tatenlosigkeit der Kultusministerin. Sie alle haben den schriftlichen Bericht (Drs. 17/8584) meines Fraktionskollegen André Bock zum vorliegenden Gesetzentwurf erhalten. Darin ist unsere Forderung nachzulesen, dass die untergesetzlichen Regelungen zu dieser Schulgesetzänderung bis zur heutigen Plenarsitzung vorgelegt werden sollen. Das ist leider nicht geschehen! Wo sind nun die Erlasse, an denen sich die Schulen ab sofort orientieren sollen? Insbesondere: Welche Sanktionsmöglichkeiten haben die Lehrkräfte, wenn gegen das Verbot von Nikab und Burka an einer Schule verstoßen wird? Warme Worte haben auch schon im Fall in Belm nicht weitergeholfen. Kultusministerin Heiligenstadt bleibt die Antwort weiter schuldig!
Wir haben gesagt, dass wir angesichts der veränderten Mehrheitsverhältnisse hier in diesem hohen Hause in den Wochen vor der vorgezogenen Landtagswahl die Gesetze auf den Weg bringen wollen, die von besonderer Wichtigkeit für unser Land sind. Der vorliegende Gesetzentwurf gegen die Vollverschleierung an den Schulen ist so ein Gesetz. Darum werden wir heute zustimmen, auch wenn die Kultusministerin wieder einmal ihre Arbeit nicht vernünftig gemacht hat.
Der nächste Niedersächsische Landtag wird nach den Wahlen am 15. Oktober erneut die Möglichkeit haben, unser „Gesetz gegen die Verhüllung des Gesichts in öffentlichen Gebäuden“ zu verabschieden, das wir im März 2017 vorgelegt haben. Darin fordern wir ein Gesichtsverhüllungsverbot in allen öffentlich zugänglichen Gebäuden von Land und Kommunen. Bereits 2011 hat die CDU-geführte Landesregierung in Niedersachsen ein Verhüllungsverbot für Landesbedienstete eingeführt.
Die CDU steht für einen klaren Kompass und für klare Werte. Wir wollen, dass Frauen und Mädchen in unserer Gesellschaft ihr Gesicht zeigen und am öffentlichen Leben genauso teilnehmen können wie jeder andere Bürger Niedersachsens auch. Das Tragen einer Burka, eines Nikabs oder ähnlicher Kleidungsstücke steht im krassen Gegensatz zu unserer Kommunikationskultur und verhindert die vollwertige Teilhabe an unserer Gesellschaft, sei es im Klassenraum oder anderswo in der Öffentlichkeit. Wir wollen nicht, dass die Religionsfreiheit und -ausübung dazu missbraucht werden, die gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten, insbesondere von jungen Menschen, einzuschränken. Für uns als CDU ist klar: Die Vollverschleierung widerspricht der für unser Gemeinwesen grundlegenden Kultur eines offenen Dialogs.
Sehr geehrte Abgeordnete von SPD und Grünen,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident Weil!
Leider fehlt Ihnen ein solcher klarer Kompass. Ihre Islam-Politik ist in dieser Legislaturperiode völlig gescheitert. Sie haben nach langem Zaudern die Verhandlungen mit DITIB und Schura zu einem Vertrag abgebrochen.
Ich bedaure, dass diese beiden Verbände, die von sich selbst sagen, dass sie die Muslime in Niedersachsen vertreten, und von denen sie sich als Regierung im Landesschulbeirat beraten lassen wollen, sich noch nicht einmal an der öffentlichen Anhörung zum gemeinsamen Gesetzentwurf gegen die Vollverschleierung in Schulen beteiligt haben! Wen betrifft denn diese Gesetzesänderung sonst, wenn nicht unsere Mitbürger muslimischen Glaubens?
Wir stellen heute mit einer Schulgesetzänderung erste Weichen in die richtige Richtung. Damit stehen wir jedoch beim richtigen und vernünftigen Umgang mit vollverschleierten Frauen und Mädchen in der Öffentlichkeit erst am Anfang. Wir werden das Thema nach dem 15. Oktober wieder aufrufen. Darauf können Sie sich verlassen. Heute gehen wir nur einen ersten Schritt in die richtige Richtung.