Rede des stellv. Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Reinhold Hilbers zu Top 5: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016
– Es gilt das gesprochene Wort –
Die rot-grüne Landesregierung bringt heute den dritten ordentlichen Haushalt ein.
Der Haushaltsentwurf 2016 und die Mittelfristige Planung liegen uns jetzt seit gut einer Woche vor.
Ein Haushalt – das ist Ausdruck der Politik in Zahlen: Der Haushalt sollte eine Richtung, einen Kurs vorgeben, wohin Sie das Land entwickeln wollen. Wo bei uns noch modernisieren, investieren und konsolidieren deutlich erkennbar war, fehlt heute jeglicher Gestaltungsansatz. Sie verwalten das Land.
Mit diesem Haushaltsentwurf widerlegen Sie selbst ihre drei großen rot-grünen Märchen zur Haushalts- und Finanzpolitik der letzten Jahre:
- 2013 habe Rot-Grün eine marode Haushalts- und Finanzlage übernommen:
Was haben Sie nach der Regierungsübernahme in den ersten Monaten alles über die Haushaltslage schwadroniert, da war von Kassensturz die Rede, riesigen Löchern im Haushalt 2013, fehlender Vorsorge für Tarifabschluss im öffentlichen Dienst und so weiter.
Fakt ist:
Im Jahr 2013 haben Sie insgesamt rund 440 Mio. Euro, also fast eine halbe Milliarde Euro im Haushalt umschichten können, ohne dass Sie die Neuverschuldung Euro erhöhen mussten:
– 120 Mio. Euro für Ihr Sondervermögen für Investitionen,
– 139 Mio. Euro Ausbuchung der Globalen Minderausgabe,
– 81 Mio. Euro Verzicht auf Vermögensveräußerungen,
– 70 Mio. Euro Besoldungserhöhung für Beamte und Versorgungsempfänger,
– 30 Mio. Euro Flutopferhilfe
Im Jahr 2014 haben Sie im Jahresabschluss nur noch ein strukturelles Defizit von 93 Mio. Euro ausweisen müssen, weil Sie riesige Zinseinsparungen hatten und die Steuereinnahmen besser liefen, als eingeplant – für beides können Sie gar nichts.
2015 können Sie aufgrund der immer weiter steigenden Steuereinnahmen sogar im ersten Nachtragshaushalt 2015 einen Rechenfehler der Kultusministerin bei der Finanzhilfe für Krippen in Höhe von 83 Mio. Euro mal locker ausbügeln und 13 Mio. Euro für 720 Gymnasiallehrer anteilig finanzieren. Insgesamt hatte Ihr 1. Nachtragshaushalt 2015 ein Volumen von 237 Mio. Euro.
Jetzt haben Sie zur Bewältigung der Flüchtlingskrise einen 2. Nachtrag mit einem Volumen von 300 Mio. Euro für 2015 angekündigt. Der Präsident des LRH hat es gesagt: Sie schwimmen im Geld, das belegt der angekündigte 2. Nachtrag mit einem Volumen von rd. 300 Mio. Euro.
1. und 2. Nachtrag werden also ein Volumen von 537 Mio. Euro haben – so viel Luft haben Sie im Haushalt 2015.
- Die CDU-geführte Landesregierung habe Niedersachsen kaputt gespart:
Als Ihnen das mit den übernommenen Haushaltslöchern keiner im Land mehr abgenommen hat, haben Sie sich etwas anderes überlegt – um Ihre ambitionslose Finanzpolitik zu rechtsfertigen: Das war dann das Märchen, dass die CDU-geführte Landesregierung das Land kaputt gespart habe. Alles im Land sei marode, kaputt, da müsse jetzt riesig investiert werden, sonst breche alles zusammen.
Deswegen haben Sie ja, dann das Sondervermögen in Höhe von 120 Mio. Euro für die Jahre 2014 bis 2017 eingerichtet, 4 x 30 Mio. Euro. Und dann fällt sofort auf:
Unter Rot-Grün sind die Investitionen in Niedersachsen im Keller:
Die Investitionsquote ist auf historischem Tiefstand von 4,7 Prozent, bis 2019 sinkt diese Quote sogar auf 4,3 Prozent. Selbst wenn man Ihr neues Sondervermögen zweckgebundene Einnahmen noch dazu rechnet, landet man immer noch bei unter 6 Prozent.
Ich sag ihnen mal die Investitionsquoten in unserer Regierungszeit ausgesehen hat:
2003 11,9 Prozent
2004 11,8
2005 7,1
2006 7,1
2007 10,5
2008 7,5
2009 10,1
2010 9,2
2011 7,5
2012 8,5
Und Sie legen uns jetzt einen Haushalt 2016 mit einer Investitionsquote von 4,7 Prozent vor, mit eigenfinanzierten Investitionen von gerade einmal 853 Mio. Euro vor, und wollen den Menschen erklären, damit solle ein angeblicher Investitionsstau behoben werden.
Ich sage Ihnen, mit dem angeblichen Investitionsstau aus unserer Regierungszeit kann es ja nicht weit her sein, wenn Sie mit historisch niedrigen Investitionsquoten von unter 5 Prozent bis 2019 planen, dieses Land zu regieren.
Das ist schon entlarvend, von Investitionsstau reden und dann im Haushalt die Investitionen auf niedrigstem Niveau quasi einzufrieren.
- Märchen: Unrealistische Haushaltsplanung der CDU-geführten Landesregierung in der Mipla 2012 bis 2016:
Was haben Sie gezetert nach der Regierungsübernahme, die Einnahmen seien völlig unrealistisch kalkuliert. Schauen wir uns Ihren Haushaltsentwurf 2016 an:
Auch dieser Haushalt 2016 ist wieder von außerordentlich günstigen Rahmenbedingungen geprägt – Herr Finanzminister Schneider – Sie haben Rekordsteuereinnahmen, ein historisch niedriges Zinsniveau, Entlastungen durch den Bund und eine Rücklage in Höhe von 550 Mio. Euro.
Sie rechnen 2016 mit rd. 23,6 Mrd. Euro, also über 500 Mio. Euro mehr als 2015 und sogar 2 Mrd. Euro mehr als 2014 und rund 470 Mio. Euro mehr, als in unserer Mipla 2012 für das Jahr 2016 eingeplant war.
Hinzu kommt ein historisch niedriges Zinsniveau: Die Zinsausgaben betragen 2016 rund 1,7 Mrd. Euro, rund 400 Mio. Euro weniger als in unserer Mipla 2012 bis 2016 für 2016 eingeplant war. Übrigens auch 200 Mio. Euro weniger als Rot-Grün 2013 in ihrer Mipla für 2016 eingeplant hatte!
Hinzu kommen erhebliche Entlastungen durch den Bund:
Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung, das ist eine Entlastung durch den Bund von rd. 100 Mio. Euro im Jahr.
Übernahme von BAFöG-Mitteln, das ist eine Entlastung des Landes von rund 80 Mio. Euro pro Jahr. Sondervermögen des Bundes für Krippenausbau, das ist eine Entlastung für Niedersachsen 2016 von rund 19 Mio. Euro. Und dann haben Sie im Haushaltsentwurf 2016 auch noch eine geerbte Rücklage in Höhe von rund 550 Mio. Euro:
Rot-Grün hat eine unglaublich komfortable Haushaltssituation. Ihnen steht das Geld bis zum Hals, hat der Präsident des Landesrechnungshofs ja völlig zurecht im Mai dieses Jahres festgestellt. Sie haben hier einfach Glück. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie das hier in Niedersachsen aussähe, wenn dem Finanzminister nicht die Steuereinnahmen nur so reinschwemmen würden. – Ein Haushalt und besten Rahmenbedingungen. Sie machen nichts daraus!
Während andere Bundesländer sich fit machen für die Zukunft und zentrale Herausforderungen angehen, ist bei Ihnen Stillstand. Ich habe mir mal die Stellen markiert in den EPs, wo sie etwas ändern, eine neue Idee haben. Da ist allerdings Fehlanzeige. Außer, dass sie dem NIW das Geld streichen wollen, bei der Wirtschaftsförderung und beim Straßenbau die Gelder zusammenstreichen.
Kein erhöhter Ansatz für den Krankenhausbau und die Modernisierung. Nur mühsam füllen Sie die Gegenfinanzierung zum Strukturfond auf. Kein eigener Beitrag zur Stärkung der Krankenhauslandschaft in Niedersachsen. Die Mittel für den Strukturfond (47 Mio. Euro.) wollen Sie „hebeln“ auf 400 Mio. Das ist nichts anderes als ein Schattenhaushalt, eine wundersame Geldvermehrung oder ein Taschenspielertrick.
Ihr Staatssekretär macht Regionalgespräche – hat aber kein Geld. Das ist Känguru-Politik: Große Sprünge mit leerem Beutel.
Zum Wohnungsbau: Das Sozialministerium fordert eine Verdopplung der Bundesmittel und leitet nur knapp 40 Mio. Euro durch. 400 Mio. Euro sind ein Darlehen der NBank.
Zur s.g. Bildungsoffensive: Das wurde von Rot/Grün als das Projekt angekündigt. Der Kultushaushalt soll in 2016 gerade einmal um 93 Mio. Euro steigen. Das sind gerade einmal 1,6 Prozent und deckt im Wesentlichen die Personalkostensteigerungen aus Tarif und Besoldung ab
Wo sind Ihre großen Akzente? Bei einem 5,5 Mrd. Euro-Haushalt können Sie mit 93 Mio. Euro keine großen Sprünge machen, zumal Sie allein durch die Klatsche beim OVG Lüneburg in Sachen Gymnasiallehrerarbeitszeit 2016 740 Stellen das ganze Jahr finanzieren müssen!
Ihre sogenannte Bildungsoffensive ist vor allem eines: Autosuggestion. Sie malen sich das alles schön und anschließend reden sie es sich durch ständiges Wiederholen ein und glauben es womöglich selbst. Bei den Menschen in Niedersachsen verfängt Ihre Autosuggestion aber überhaupt nicht: Die letzte NDR-Umfrage im Juli diesen Jahres belegt das eindrucksvoll. 60 Prozent der Niedersachsen sind mit der rot-grünen Bildungspolitik unzufrieden, das ist schon richtig schlecht. Das muss Sie umtreiben!
Sie wollen trotzdem weiter neue Schulden machen, 480 Mio. Euro im nächsten Jahr und bis 2020 sogar insgesamt 1,2 Mrd. Euro neue Schulden, das ist völlig unambitioniert. Das ist Ihre Politik des max. Schuldenmachens. Dabei könnten Sie die schwarze Null erreichen.
Auf der anderen Seite haben Sie eine historisch niedrige Investitionsquote von nur noch 4,7 Prozent in 2016 – und das soll auch bis 2019 nicht besser werden. Nur noch 1,3 Mrd. Euro Investitionen im Haushalt 2016, wenn man Ihr neues Zweckvermögen hinzurechnet auch nur 1,7 Mrd. Euro. Im Durchschnitt planen Sie bis 2019 mit Investitionen von noch nicht einmal 1,7 Mrd. Euro pro Jahr. In zehn Jahren der CDU-geführten Landesregierung von 2003 bis 2012 hatten wir im Durchschnitt Investitionen von über 2,1 Mrd. Euro pro Jahr, das sind 400 Mio. Euro mehr pro Jahr, also 24 Prozent mehr.
Sie modernisieren nicht, Sie investieren nicht, Sie konsumieren. Wo ist Ihre Vorsorge für die Zukunft? Wo sind Ihre richtungsweisenden Weichenstellungen für die Zukunft?
Wo sind die Ergebnisse ihrer groß angekündigten Aufgabenkritik? 2013 haben Sie nach der Regierungsübernahme eine umfassende Aufgabenanalyse angekündigt. Ich zitiere aus der rot-grünen Mipla 2013 bis 2017. Auf Seite 4 heißt es hier:
„Eine notwendige Voraussetzung …. ist eine restriktive Haushaltsplanung – und -bewirtschaftung. Damit ist es aber nicht getan: Wir müssen auch untersuchen, welche Aufgaben das Land in Zukunft noch leisten kann und muss. Wir werden deshalb eine Aufgabenanalyse vornehmen, die bereits Entlastungen im Haushalt 2015 ermöglichen soll. Ein entsprechendes Projekt ist auf den Weg gebracht. Wir werden uns unter anderem der Tatsachse stellen müssen, dass sich sowohl die Zahl als auch die Altersstruktur der Bevölkerung in naher Zukunft erheblich ändern wird. Dieser Umstand kann nicht ohne Auswirkungen auf Verwaltungsstrukturen und -abläufe bleiben.“
Sie haben Lenkungskreise eingerichtet, Projektgruppen mit 130 Beschäftigten und herausgekommen ist bis jetzt offenbar gar nahezu nichts. Nahezu Null! Nahezu Fehlanzeige!
Das einzige, was sie hinbekommen haben, ist ein Beschluss, dass Sie bis 2018 806 Vollzeiteinheiten in drei Raten à 269 Stellen abbauen. Das sind gerade mal 0,6 Prozent des Personalkörpers des Landes bis 2018. Dieses „Mini-Programmchen“ hat noch nicht einmal eine eigene Bezeichnung. Sie haben sich wahrscheinlich nicht getraut, so etwas als Zielvereinbarung IV zu bezeichnen.
Ich sage Ihnen aber auch, was Sie hingekriegt haben: Sie haben die Staatskanzlei und die Ministerien mit Personal aufgepumpt. 2016 sollen 272 Vollzeiteinheiten mehr in der Staatskanzlei und den Ministerien arbeiten als 2012 unter CDU und FDP tatsächlich in der Staatskanzlei und den Ministerien gearbeitet haben. 272 Vollzeiteinheiten mehr in 2016 gegenüber dem IST-2012, das ist ein Anstieg um über 10 Prozent, 10 Prozent mehr Personal in der Staatskanzlei und nur 0,6 Prozent weniger bis 2018 in der gesamten Landesverwaltung. Das ist Ihr peinliches Zwischenergebnis nach 2 Jahren Aufgabenanalyse. Erst aufpumpen, dann Luft ablassen – und das als große Leistungen feiern. Wissen Sie, was das ist. Das ist eine Politik der leeren Brötchentüte. Wenn man Sie aufbläst und draufhaut, gibt es einen großen Knall und dann ist alles vorbei.
Ich komme zu den Kürzungen: beim Kommunalen Straßenbau sind 2016 nur noch rund 49 Mio. Euro vorgesehen, bei uns waren es 73 Mio. Euro, sogar 7 Mio. Euro weniger als in Ihrer letztjährigen Mipla. Für die Landesstraßenbauplafond sinkt auf nur 60 Mio. Euro, was haben Sie hier in Oppositionszeiten gezetert, wie schlimm die Landesstraßen seien, die SPD hat 100 Mio. Euro gefordert – und jetzt kommt nichts! Die Wirtschaftsförderfonds haben sie wieder rasiert, nur noch 32 Mio. Euro, das sind 4 Mio. Euro weniger als 2015, das waren mal 52 Mio. Euro. Massive Kürzungen bei der Landwirtschaftskammer: Den Zuschuss für die Landwirtschaftskammer kürzen Sie gegenüber 2015 um über 6 Mio. Euro, das ist eine Kürzung um rund 9 Prozent. Sie setzen damit Ihren Feldzug gegen die Landwirtschaftskammer fort.
Kürzungen beim NIW: Mit Rot-Grün verliert Niedersachsen im Wettbewerb der Länder. Sie haben die Zukunftschancen nicht im Blick: Kaum Geld für den Breitbandausbau, Wirtschaftsförderfond, Straßenbau, NIW, Werftenförderung, E-Mobilität. Keine Ansätze bzw. hier kürzen Sie für ihre Rot-Grünen Projekte.
Dazu die historische niedrigste Investitionsquote mit 4,7 Prozent – aber mit 13,4 Mrd. Euro die höchsten Personalkosten in der Geschichte Niedersachsens.
Polizei:
Im Juni hatten die SPD-Abgeordneten Tonne und Watermann zu einer Polizeifachtagung nach Bückeburg eingeladen. Was sie dort zu hören bekamen, hätte eigentlich die Alarmglocken schrillen lassen müssen.
Ich zitiere aus der Schaumburg-Lippischen Landeszeitung vom 9.6.2015:
„Wie die Belastungssituation eines örtlichen Polizeikommissariats aussieht, schilderte der Leiter der Polizei Rinteln, Wilfried Korte. (…) Insgesamt schiebe seine Dienststelle 4400 Überstunden vor sich her, so Korte: „Die Jahresarbeitszeit von zweieinhalb Beamten.“ (…) Kortes klare Worte: „Ich habe keinen Bock, dass meine Kollegen verbrannt werden.“ Die Antwort des Landespolizeidirektors: „Du hast in jedem einzelnen Punkt recht.“ Und: „Ich kann in keinem Punkt eine Lösung anbieten.“
Ratlosigkeit und schlichtes Nichtstun sind ein denkbar schlechtes Signal, Herr Innenminister. Sie haben als oberster Dienstherr schließlich eine besondere Fürsorgepflicht für Ihre Polizeibeamten! Leider findet sich auch im Haushaltsplanentwurf nichts, was Hoffnung machen könnte. Ernüchternd ist zudem, was zum Personalbedarf der Polizei in der Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage ausgeführt wird:
„Derzeit gibt es keine Pläne oder Überlegungen, den Personalkörper der Polizei Niedersachsen zu erhöhen oder zu reduzieren. Die derzeitige Personalstärke wird als angemessen betrachtet, den polizeilichen Aufgaben zukunftsorientiert, zielgerichtet und erfolgreich zu begegnen.“
Man kann daraus nur einen Schluss ziehen: Bei Rot-Grün hat die Innere Sicherheit offenbar keine Priorität.
Dieser Haushalt ist ambitionslos, Ihnen fehlt die Kraft zur Gestaltung, sie setzen keine Schwerpunkte, Sie treffen keine Vorsorge für die Zukunft. Wir werden in diesen Haushaltsberatungen Alternativen aufzeigen, zeigen, wie es besser geht! Die Niedersachsen haben eine bessere Regierung verdient! Sie verwalten das Land: Niedersachsen ist wie Hannover 96: Nie richtig schlecht, nie richtig gut, immer so in der Mitte. – So ist auch Ihr Anspruch, eben Mittelmaß.