Rede des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Jörg Hillmer TOP 34 Haushaltsberatungen 2015 – Haushaltsschwerpunkt Wissenschaft und Kultur
– Es gilt das gesprochene Wort –
Seit dem Regierungswechsel erlebt Niedersachsen nur noch Stillstand in der Wissenschaftspolitik. Bestenfalls werden die Hochschulen in Niedersachsen verwaltet – eine gestaltende Kraft ist nicht zu erkennen. Wie schreibt es heute der Weser Kurier: „Knapp zwei Jahre nach dem Machwechsel in Hannover scheinen SPD-Ministerpräsident Stephan Weil und seine Mannschaft bereits in eine Art Verwaltungsschlaf gefallen zu sein.“ Und weiter: „Neue Ideen sind dagegen Fehlanzeige.“
Sie glauben, dass Ihr Projekt der Abschaffung der Studienbeiträge Sie durch die nächsten fünf Jahre tragen wird. Dabei ist das ist doch am 20. Januar 2013 durch die Wähler entschieden worden. Heute müssen wir feststellen: Die Entlastung der Studierenden war für die Hochschulen keine Stärkung, sondern bestenfalls ein Nullsummenspiel. Seit nunmehr fast zwei Jahren gibt es kein weiteres Gesetz, keinen inhaltlichen Antrag von Rot-Grün im Bereich Wissenschaft und Kultur. Immer getreu ihrem Motto: „Wozu brauchen wir ein Parlament – wir haben doch eine Regierung“. Es ist auch keine Perspektive im vorliegenden Haushalt 2015 zu erkennen. Nicht einmal die Kostensteigerung wird ausgeglichen.
Wir erinnern uns noch gut an die Wissenschaftsministerin Heinen-Kljajic, die sich hier im Plenum vehement gegen die Annahme der Bafög-Mittel für die niedersächsischen Hochschulen gewehrt hat. Das war wirklich ein trauriges Schauspiel. Die Hochschulen, die Studentenwerke und alle Studierenden erwarten von Ihnen, der Ressortchefin, dass Sie sich für ihre Interessen einsetzen. Stattdessen argumentieren Sie aktiv für eine andere Verwendung. Das Geld hätten wir gut gebrauchen können für Qualitätsverbesserungen, für zusätzliche Studienplätze oder für Wohnungen und Mensen. Der Bund hat die Länder von der Mitfinanzierung beim Bafög freigestellt, damit die naheliegende Erwartung verbunden und auch so verhandelt, dass die freiwerdenden 1,2 Milliarden Euro vordringlich in die Wissenschaft fließen sollen.
Doch gab es wirklich gar keine Initiative im Geschäftsbereich der Wissenschaftsministerin? Doch, Sie haben sich destruktiv betätigt: Sie schaffen Kulturpreise des Landes ab. Und vor allem ist die NTH-Auflösung zu nennen! Die haben Sie durchgesetzt gegen die Stellungnahme des NTH-Präsidiums und der beteiligten Universitäten ohne eigenes Gesetz, statt dessen im Haushaltsbegleitgesetz – nach der Anhörung, auf den letzten Metern haben Sie das da noch reingeschoben – ohne Anhörung der Betroffenen im Wissenschaftsausschuss oder im Haushaltsausschuss. Wir erleben hier die Auflösung einer Hochschule ohne ordentliche Gesetzesberatung. Das ist aus meiner Sicht nicht mit parlamentarischen Grundregeln und auch nicht mit der Verfassung vereinbar. Sie bleiben ihrem Motto treu: „Wozu brauchen wir ein Parlament – wir haben doch eine Regierung“
Ich halte die Zerschlagung der NTH auch inhaltlich für einen Riesenfehler! Niedersachsen hat starke Kapazitäten in den technischen Studienfächern, die natürlich koordiniert werden müssen, um mit anderen konsolidierten Technischen Universitäten in Aachen, Zürich oder anderswo mithalten zu können. Entwickelt aus dem Consortium Technicum, war die NTH die Plattform, auf der die technischen Universitäten in Niedersachsen ihre Entwicklung und auch die Ressourcen eigenbestimmt koordinieren konnten. Dieser Prozess war noch lange nicht abgeschlossen. Natürlich gab es Mängel in der Konstruktion der NTH. Das war allen Beteiligten klar und deshalb haben sie selbst Vorschläge für die nächsten Schritte der Weiterentwicklung vorgelegt. Das haben Sie, Frau Ministerin, an einem kühlen Oktobermorgen vereitelt.
Wissen Sie, was das Schlimmste ist? Die Ministerin Heinen-Kljajic hat noch nicht einmal ein Konzept, nicht einmal ein Vorstellung, wie es weitergehen soll! Sie haben sich bei der Zerschlagung auf ein Gutachten der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen gestützt. Die in die Zukunft gerichteten Vorschläge der Gutachter haben Sie aber ausgeschlossen oder sie sind nicht umsetzbar.
Sie haben ein Haus gesprengt und keinen Plan für einen Neubau. Jetzt stehen Sie vor den Trümmern ihrer Entscheidung.
War es überhaupt ihre Entscheidung? Es ist ein offenes Geheimnis, dass der frühere Oberbürgermeister von Hannover und jetzige Ministerpräsident Weil ein NTH-Gegner ist und stattdessen sehr Hannover-zentrierte Vorstellungen hat. Ich glaube, Frau Ministerin, Sie merken langsam, was man Ihnen dort eingebrockt hat und auf welches Himmelfahrtskommando Sie sich da eingelassen haben. Ihre Einlassungen sind schnell vorsichtiger geworden: wollten Sie anfangs die NTH beenden, wurde daraus sehr schnell ein „ruhend stellen“. Wir hatten – nachdem SPD und Grüne im Fachausschuss kein Interesse hatten, mit den Universitäten zu sprechen – eine sehr interessante Anhörung in unserer Fraktion mit allen beteiligten Hochschulen. Schade für Sie, dass Sie nicht teilgenommen haben.
Die divergierenden Kräfte sind entfesselt! Frau Ministerin, das fangen Sie nicht wieder ein. Wir stehen wieder vor dem Consortium Technicum und vor Oppermann. 20 Jahre Entwicklung, 20 Jahre Arbeit von vielen Beteiligten haben Sie in zwei Monaten zerstört. Denn Sie wissen nicht, was Sie tun! Das ist rot-grüne Geisterfahrt in der niedersächsischen Hochschullandschaft!
Wir möchten fünf Millionen Euro für die Weiterführung der gemeinsamen Forschungsprogramme wieder einstellen, die Sie sofort geplündert hatten. Ein weiterer Punkt für 2015 müsste eigentlich das Fachhochschulentwicklungsprogramm sein. Ich war sehr erschrocken, was ich in den Ausschussberatungen dazu erfahren habe, denn es handelt sich um Umbuchungen. Es gibt keinen einzigen Euro zusätzlich, stattdessen massive Kürzungen im Bautitel bei den Fachhochschulen. Und wo wir schon beim Hochschulbau sind: Sie haben 40 Millionen Euro für die Hochschulmedizin versprochen. Ihr Vorgehen ist jedoch Etikettenschwindel, denn die anderen Universitäten müssen dafür bezahlen.
Kommen wir zur Erwachsenenbildung. Während wir den Haushaltsansatz dynamisch erhöhen wollen – wie zugesagt – lassen Sie die Erwachsenenbildungseinrichtungen am langen Arm verhungern. Nehmen wir aus diesem Bereich als Beispiel die Sprachkurse für Flüchtlinge. Hier ist eine Aufstockung notwendig und wichtig. Die Einrichtungen der Erwachsenenbildung sind bereit und in der Lage, die geeigneten Kurse anzubieten. Doch SPD und Grüne in Niedersachsen weigern sich, weil angeblich der Bund zuständig sei. Fakt ist: Viele Kommunen bezahlen freiwillig Sprachkurse, weil sie die Notwendigkeit erkennen. Viele andere Länder finanzieren Sprachkurse für Flüchtlinge.
Nur Rot-Grün in Niedersachsen verweigert sich bei der unbestritten wichtigsten Integrationsvoraussetzung, nämlich der Sprachvermittlung. Frau Schröder-Köpf hat das Thema in der Haushaltsdebatte schön geredet. Sie sind aber nicht auf den Haushalt eingegangen. Warum nicht? Weil da peinlich wenig drinsteht. Manchmal muss man gute Absichten auch mit Geld hinterlegen. Sind Sie nicht einmal in der Lage, 0,8 Millionen Euro in einem 28.000 Millionen Euro-Etat unterzubringen? Ihre sogenannte „Willkommenskultur“ entlarvt sich als feuchter Händedruck für die Flüchtlinge. Wenn es drauf ankommt, zeigen Sie ihnen die kalte Schulter.
Wir geben Ihnen und allen Kollegen am Donnerstag die Gelegenheit, ihre Ablehnung zu überdenken.