Plenarrede des CDU-Landtagsabgeordneten Bernd-Carsten Hiebing zu TOP 16 “Planungssicherheit statt Stillstand bei Kommunalreformen ‚von unten’“

– Es gilt das gesprochene Wort –

 Die kommunale Selbstverwaltung benötigt leistungsfähige Kommunen, das weiß ich und das wissen auch Sie. Vor diesem Hintergrund ist es geboten, endlich abschließend über den Entschließungsantrag zu beraten, den die CDU-Landtagsfraktion vor über einem Jahr eingebracht hat: „Planungssicherheit statt Stillstand bei Kommunalreformen ‚von unten'“.

Diese Überschrift ist heute leider noch genauso aktuell wie vor einem Jahr. Seitdem bewegt sich bei den Kommunalreformen nämlich gar nichts. Das Erfolgsmodell Zukunftsvertrag wird von Ihnen abgewickelt, aber nicht fortgeführt. Zahlreiche Gemeinden in Niedersachsen werden durch den Zukunftsvertrag mit über einer Milliarde Euro von ihren Altschulden befreit. Außer der Abwicklung dieses Projektes der CDU-geführten Landesregierung hat der zuständige Innenminister jedoch nichts, ich wiederhole gar nichts für die kommunale Neuordnung und Entschuldung der niedersächsischen Kommunen getan.

Seit Juni vergangenen Jahres hören wir von Ihnen gebetsmühlenartig nicht mehr als substanzlose Worthülsen:

– „Der Zukunftsvertrag hilft nicht.“,

– „Geförderte freiwillige Zusammenschlüsse erreicht man mit dem Zukunftsvertrag nicht.“

– „Wir brauchen andere Konzepte als den Zukunftsvertrag, um den Kommunen zu helfen.“

In den Beratungen im Innenausschuss wurde deutlich, dass mit dem Zukunftsvertrag bereits vielen Kommunen geholfen werden konnte, aber auch, dass viele Kommunen noch Hilfe brauchen. Die Fortführung und damit weitere Hilfen aus dem Zukunftsvertrag verweigern Sie jedoch.

Auch eine gemeinsame Lösung zum Wohle der Kommunen, die zwischenzeitlich am Horizont schimmerte, ist dank der anhaltenden Tatenlosigkeit der Fraktionen von SPD und Grünen leider nicht zustande gekommen.

Wir wären froh, wenn Sie eine geeignete Alternative zum Zukunftsvertrag anbieten würden. Sie aber handeln wie ein Arzt, der sagt, diese Medizin hilft nicht allen Kranken, darum soll überhaupt kein Kranker mehr Medizin bekommen.

Außer einigen wenigen Gesprächen des Innenministers mit den Städten Braunschweig, Wolfsburg und dem Landkreis Helmstedt hat diese Landesregierung nichts getan, um Kommunen mit Stabilisierungsbedarf zu helfen. Und selbst diese wenigen Gespräche waren keine Hilfe. Vielmehr bekamen die Gesprächspartner des Innenministers vor allem das Wort „Nein“ zu hören. Kein Wunder, dass selbst der Fraktionschef der SPD im Landkreis Helmstedt das Handeln des Innenministers als unprofessionell bezeichnet.

Die Kommunen in Niedersachsen sind die Garanten für die Zukunft des ländlichen Raumes, sie genießen durch die Wahrnehmung zahlreicher staatlicher Aufgaben und Selbstverwaltungsaufgaben einen zentralen Stellenwert für unsere Gesellschaft.

Während das Aufgabenspektrum und somit der Finanzbedarf ständig wächst, kann die Einnahmesituation vieler Kommunen nicht im gleichen Maße Schritt halten. Viele Kommunen stehen daher vor enormen wirtschaftlichen und demografischen Herausforderungen, wollen und müssen sich reformieren – bekommen von dieser Landesregierung aber keine Antworten, sie bekommen keine Planungssicherheit und werden nur hingehalten.

Meine Damen und Herren, wir können und dürfen diese Probleme aber nicht auf die lange Bank schieben und aussitzen! Dort, wo wirklich Bewegung ist und auch Einsicht, dass sich Strukturen ändern müssen, wie in der Region um Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter und den Landkreisen dazu, finden wiederum nur sozialdemokratische Kungelrunden statt, in denen man sich gegenseitig blockiert. Der Landkreis Helmstedt wird seines Kopfes beraubt und vom Innenminister nunmehr dem Landkreis Wolfenbüttel aufgedrängt.

Die Vertreter der SPD weisen gerne noch auf weitere überschuldete Kommunen hin, die keine Hilfen aus dem Zukunftsvertrag beantragt haben oder Aussicht auf diese haben. Was hier geschieht, ist teilweise wirklich dubios. Der Samtgemeinde Lüchow werden 8,5 Millionen Euro kapitalisierte Bedarfszuweisung angeboten. Eine solche Zuweisung erfolgt vollständig zu Lasten anderer Kommunen. Die Samtgemeinde Lüchow hat dabei sogar Mittel aus dem Zukunftsvertrag beantragt. Diese würden zur Hälfte vom Land getragen werden.

Ist das Ihre Alternative zum Zukunftsvertrag? Über erhöhte Bedarfszuweisungen die großen, sichtbaren Brände löschen? Sollen wir wirklich mit dem Geld anderer Kommunen aus der Solidarkasse des kommunalen Finanzausgleiches die Löcher der einzelnen Gebietskörperschaften stopfen und damit letztlich auch den kommunalen Frieden in Niedersachsen beerdigen? Das kann nicht sein. Das Land drückt sich hier weiter um eine klare Entscheidung zum Zukunftsvertrag und das auf Kosten anderer Kommunen. Seriöse Kommunalstrukturpolitik sieht anders aus, Herr Pistorius.

Diese Landesregierung mit ihren ehemaligen Oberbürgermeistern und Landräten ist mit dem Anspruch angetreten, eine besonders kommunalfreundliche Politik umzusetzen. Davon erkennen wir nichts.

Der selbst ernannte größte Kommunalexperte Niedersachsens, Innenminister Boris Pistorius, und die Fraktionen von Grünen und SPD verkürzen wider alle Vernunft die Amtszeiten der kommunalen Hauptverwaltungsbeamten, führen unnötige und teure Stichwahlen ein und leiten die Gelder des Bundes zur Entlastung der kommunalen Haushalte nicht weiter.

Wir brauchen in mehreren Regionen Niedersachsens eine Neustrukturierung der Kommunen. In diesen „Räumen mit Stabilisierungsbedarf“ sind Fusionen und Gebietsreformen sehr wohl geeignet, nachhaltige Synergieeffekte zu erzeugen, die zu einer langfristigen wirtschaftlichen Stabilisierung führen. Das ist Konsens hier im Landtag.

Wir alle wollen, dass diese Neustrukturierung von unten, also mit Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort erfolgt. So wie es bislang bei der geplanten Fusion zwischen Wolfsburg und dem Landkreis Helmstedt gelaufen ist, geht es nicht. Die Gesetze zur Neustrukturierung von Kommunen in Folge des Zukunftsvertrages sind in den letzten Jahren hier mit großen Mehrheiten beschlossen worden. Wenn Sie so weitermachen, muss Ihre Einstimmenmehrheit stehen.

Auch wenn Sie den Zukunftsvertrag ablehnen, weil er von der Vorgängerregierung stammt, so erwarten wir von Ihnen doch greifbare und effektive Ansätze, wie Sie den einzelnen strukturschwachen Kommunen unseres Landes unter die Arme greifen und Ihnen endlich Auswege aufzeigen wollen. Machen Sie den Menschen in den betroffenen Regionen anständige Dialogangebote und uns auch.

veröffentlicht am 23.07.2014