Erwiderung des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Björn Thümler auf die Regierungserklärung von MP Weil — Es gilt das gesprochene Wort! —

Der große griechische Philosoph Platon hat einmal gesagt:

„Der Beginn ist der wichtigste Teil der Arbeit.“

Wenn die gestrige Regierungserklärung von Herrn Weil der Startschuss für die rot-grüne Regierungspolitik in Niedersachsen sein sollte, dann muss ich Ihnen ehrlich sagen: Anpacken und besser machen sieht anders aus. 

Bei allem Respekt, Herr Weil: Das grenzte schon fast an Arbeitsverweigerung, was Sie hier gestern als Arbeitsprogramm von Rot-Grün angekündigt haben!

I.

  • Anrede

„Anpacken. Besser machen“:

Das war das Motto der SPD-Wahlkampagne.

Wer die Ausführungen des SPD-Landesvorsitzenden aufmerksam verfolgt hat, der muss feststellen, dass Rot-Grün nach einem anderen Prinzip handelt, nämlich:

„Liegen lassen. Später machen.“ 

  • Anrede

Reden wir nicht lange drum herum, sondern sagen wir, wie es ist:

Diese Regierungserklärung strotzt vor Binsenweisheiten.

Sie enthielt ebenso viele Absichtsbekundungen – aber eben nichts Konkretes

Am Montag hieß es in einer großen niedersächsischen Tageszeitung [HAZ]:

„Rot-Grün fiebert der Machtübernahme entgegen.“

Dann frage ich mich ernsthaft: Hat Ihnen das Fieber derart die Sinne vernebelt, dass Sie nicht mehr in der Lage waren, bei der Abfassung der Regierungserklärung irgendeinen wegweisenden Gedanken zu Papier zu bringen?!

  • Anrede

Unter Politik verstehe ich das Aufzeigen von Lösungsansätzen.

Sie, Herr Weil, haben wie immer viel geredet, aber nichts gesagt.

Vieles von dem haben wir in den letzten Monaten in dem einen oder anderen Interview fast wortgleich schon einmal von Ihnen gehört. Und dort, wo Sie  – wie in der Bildungspolitik – doch einmal etwas konkreter wurden, da geht es in eine gänzlich falsche Richtung.

Da biegen Sie gefährlich nach links ab – und verkennen dabei, dass Niedersachsen noch immer ein Land von „Maß und Mitte“ ist.

  • Anrede

Werfen wir doch mal einen Blick auf das, was Rot-Grün auf 96 Seiten festgeschrieben hat. Dabei bleibt der Eindruck, dass es vor allem darum geht, viele unliebsame Dinge erst einmal zu vertagen.

Bei Ihnen ist die wahre „Kommissionitis“ ausgebrochen!

Sie wollen laut Koalitionsvertrag

  • eine paritätisch besetzte Kommission zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes,
  • eine gemeinsame Finanzkommission von Land und Kommunen,
  • eine Fachkommission Inklusion,
  • eine Fachkommission Pflege,
  • eine Kinderkommission,
  • eine Verbraucherkommission und
  • eine Kommission, die im Dialog mit Verbänden und gesellschaftlichen Gruppen Leitlinien für einen neuen Umgang zwischen Politik und Wirtschaft aufstellen soll;

und schließlich:

  • einen „Runden Tisch“ mit Vertretern der Energiewirtschaft und insbesondere Netzbetreibern, den Regionen sowie Vertreterinnen und Vertretern der Bevölkerung.
  • Anrede

Wenn ich mir diese vielen Kommissionen und Runden Tische so ansehe, dann stelle ich mir die Frage, gedenken Sie eigentlich, irgendetwas selber zu machen?

Herr Weil, ich sage es Ihnen ganz offen:

Kraftvolles Regieren sieht anders aus!

„Anpacken. Besser machen.“  Das galt nur vor der Wahl. 

„Liegen lassen. Später machen.“ Das ist die neue rot-güne Wirklichkeit in Niedersachsen!

  • Anrede

Rot-Grün hat eine große Dialogbereitschaft angekündigt. Wie wollen Sie diesen Dialog führen?

Ihr Kauderwelsch versteht doch niemand!

„Racial Profiling“, „Gender Budgeting“ und „gelabelte Angebote“ – das sind nur einige Belege dafür, wie Rot-Grün mit verschwurbeltem Gutmenschen-Kauderwelsch versucht, ihrem Koalitionsvertrag einen pseudo-modernen Anstrich zu verpassen. Auch der inflationäre Gebrauch von Anglizismen wie z.B. „Gender- Mainstreeming“ und reinem Polit-Denglisch wie z.B. „Feedback-Kultur“ kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der rot-grüne Koalitionsvertrag ein Dokument des Rückschritts ist.
Viel Klientel-Sprech – wenig Klartext.

Man kann Ihnen schon heute die Auszeichnung „Sprachpanscher des Jahres“ verleihen.

Dieses rot-grüne Kauderwelsch zeigt doch, wie weit SPD und Grüne von den wirklichen Problemen der Menschen in Niedersachsen entfernt sind! Wenn es nicht so traurig wäre, man müsste darüber lachen!

  • Anrede

Dieses Politik-Kauderwelsch findet sich auch an vielen anderen Stellen im Koalitionsvertrag. Vor allem dort, wo sich Rot-Grün untereinander selbst nicht so grün war.

Da haben Sie Themen entweder ausgespart oder lediglich wachsweiche Aussagen formuliert. 

Ich nenne Ihnen drei Beispiele:

1. Beispiel:

Vor der Wahl hatte der SPD-Landesvorsitzende angekündigt, dass ihm die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung ein besonderes Anliegen sei. Nach der Wahl haben wir dazu aus seinem Munde nichts Konkretes mehr vernommen, auch gestern nicht.

  • Was ist denn jetzt mit den kommunalen Entschuldungshilfen?
  • Was passiert denn jetzt mit den Kommunen, die derzeit noch in Verhandlungen mit dem Land über den Abschluss eines Zukunftsvertrages stehen?

Darauf haben wir von Ihnen auch gestern keine konkreten Antworten bekommen.

Sie lassen kommunale Entscheidungsträger ratlos zurück. Und verspielen damit schon jetzt eine Menge Vertrauen!

„Anpacken. Besser machen.“ Das galt nur vor der Wahl. 

„Liegen lassen. Später machen.“ Das ist die neue rot-grüne Wirklichkeit in Niedersachsen.

2.         Beispiel:

Vor der Wahl hatte der SPD-Landesvorsitzende eine neue regionale Strukturpolitik angekündigt. Dazu sollte das bisherige Landwirtschaftsministerium völlig umgekrempelt werden.

In den Koalitionsverhandlungen hat ihn dann offenbar recht schnell der Mut für einen „großen Wurf“ verlassen. Fakt ist: In der Strukturpolitik wird nichts besser. Es wird für das Land lediglich teurer: Für diesen Bereich wurde das Pöstchen einer weiteren Staatssekretärin geschaffen – eine reine Versorgungsstelle mit ungeklärter Zuständigkeit.

Sie schaffen zudem vier neue rot-grüne Versorgungsstatthalter mit B6-Besoldung, damit Sie alle befriedigen und alte Parteifreunde versorgen können.

Ich kann mich nur wiederholen:

„Anpacken. Besser machen.“ Das galt nur vor der Wahl. 

„Liegen lassen. Später machen.“ Das ist die neue rot-grüne Wirklichkeit in Niedersachsen!

3.         Beispiel:

Der Eiertanz, den Rot-Grün und speziell der SPD-Landesvorsitzende beim Thema Gorleben aufgeführt hat, ist ein wirkliches Trauerspiel. 

Im Wahlkampf hatte Herr Weil ein ums andere Mal erklärt, dass Gorleben von der Endlagersuche ausgeschlossen werden müsse. Aus dem kategorischen „Nein“ ist im Laufe der Koalitionsverhandlungen ein verschämtes „ja, aber“ geworden.

  • Anrede

Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, dass Sie selbst, Herr Weil, nicht Manns genug waren, Ihren plötzlichen Sinneswandel der niedersächsischen Öffentlichkeit zu erklären.

Am 8. Februar erklären Sie im NDR, Gorleben bleibt drin. Zwei Tage später erklären Sie in der BamS: „Gorleben ist draußen“. Aus dem Koalitionsvertrag wissen wir seit Montag: Gorleben ist wieder drin. Nichts macht Ihren Schlingerkurs deutlicher als Ihr Verhalten in diesem Fall.

Ich frage Sie, Herr Weil: Sieht so der neue Politikstil aus, den Sie gestern wortreich beschrieben haben?

 II.

  • Anrede

Es gehört schon eine gewisse Dreistigkeit dazu, mit Blick auf diesen überaus mageren Koalitionsvertrag und die gestrige Regierungserklärung vom „Bohren dicker Bretter“ zu sprechen. Das Gegenteil ist der Fall!

Das Gegenteil von jemandem, der „dicke Bretter bohrt“ ist übrigens ein „Dünnbrettbohrer“. Diese rot-grüne Regierungsmannschaft will sich offensichtlich mit möglichst wenig Aufwand durchlavieren. Große Worte, wenig konkrete Ideen.

  • Anrede

Werfen wir doch einmal einen Blick auf Ihre Finanzpolitik:

Um die teuren Wahlversprechen einzulösen, wollen Sie die Steuern massiv erhöhen. Da, wo Sie es im Land nicht können, zeigen Sie mit dem Finger auf Berlin.

Und dann, wenn Ihr Plan nicht aufgeht, haben Sie die Schuldigen schon ausgemacht.  Dass gerade Sie, Herr Weil als ehemaliger Kämmerer so wenig Ehrgeiz in der Finanzpolitik entwickeln, ist enttäuschend.

Der Bund der Steuerzahler ist geschockt von Ihren Plänen und hat sie als „Rot-Grüne Steuererhöhungs-Orgie“ gegeißelt.

Das entlarvt Ihre eigentlichen Absichten: Mehr Staat – weniger Eigenverantwortung. Sie glauben, dass der Staat alles besser kann.

 III.

  • Anrede

Nach 10 Jahren erfolgreicher Regierungsarbeit von CDU und FDP übergeben wir Rot-Grün ein bestelltes Feld.

Wir haben

  • die Jugendarbeitslosigkeit halbiert,
  • die Abiturquote um fast 30 Prozent erhöht.
  • die Schulabbrecherquote halbiert –
    das lobt inzwischen sogar Frau Heiligenstadt
  • einen Spitzenplatz bei den Ausgaben je Studierenden
    und
  • mit rd. 8 Mrd. Euro die höchsten Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Forschung in der Geschichte des Landes.

Wir haben heute in Niedersachsen

  • 6.000 Lehrerstellen mehr als 2002,
  • die beste Schüler/Lehrerrelation in der Geschichte des Landes
  • eine Unterrichtsversorgung von über 100 Prozent
  • weniger jugendliche Straftäter
  • die Kinderarmut ist in Niedersachsen unter allen westdeutschen Ländern am stärksten zurückgegangen.
  • Anrede

Das ist das Ergebnis einer mutigen Politik. Es ist der Erfolg einer Landesregierung, die sich mit Christian Wulff an der Spitze 2003 auf den richtigen Weg gemacht hat.

Es ist das Ergebnis einer Politik mit Leidenschaft und Sachverstand, die vor allem mit dem Namen David McAllister verbunden wird. Deshalb gebührt beiden unser herzlicher Dank !

  • Anrede

Heute fällt der neuen Landesregierung ein solider Landeshaushalt in den Schoß.

Ihre Verantwortung ist jetzt: Verfallen Sie nicht in den alten Politik-Stil von Schröder, Glogowski und Gabriel. Der hat Niedersachsen schon einmal in den wirtschafts-, finanz- und bildungspolitischen Abgrund geführt.

Widerstehen Sie dieser Versuchung.

Ich hoffe, der Titel Ihres Koalitionsvertrages ist das Einzige, das Sie von der Politik Schröders kopieren.

Wer Wohlstand und Arbeitsplätze eines Landes sichern will, muss für eine funktionierende Infrastruktur sorgen.

Was aber tut Rot-Grün?

Rot-Grün in Niedersachsen will die Liste für den Bundesverkehrswegeplan gnadenlos zusammenstreichen. Herr Weil, das ist übrigens eine zwischen den Bundesländern stark umkämpfte Liste. Verkehrsprojekte, die nicht in dieser Liste stehen, werden niemals realisiert.

Mobilität zu sichern im Flächenland Niedersachsen ist eine unserer zentralen politischen Zukunftsaufgaben

Wir sind der Auffassung, dass die Menschen selbst entscheiden sollten, wo sie leben und arbeiten! Wir wollen den Menschen die Wahlmöglichkeit lassen, wie sie morgens zur Arbeit kommen. Wir sollten vor allem niemandem vorschreiben, sein Auto stehen zu lassen!

Dies gilt vor allem für den ländlichen Raum, der gerade für Niedersachsen eine große Bedeutung hat. Ihre Pläne in der Verkehrspolitik, die Mittel für den kommunalen Straßenbau um 25 Mio Euro zu reduzieren, sind eine Gefahr für den ländlichen Raum

Fakt ist: Sie zögern die Planungen zum Weiterbau von A20 und A39 bewusst hinaus. Bekennen Sie sich eindeutig zu diesen Verkehrsprojekten!

IV.

  • Anrede

Unsere bildungspolitische Bilanz kann sich sehen lassen:

  • Wir haben für Ruhe an den Schulen gesorgt
  • Die Unterrichtsversorgung liegt bei über 100 Prozent
  • Mit den Oberschulen haben wir die passende Antwort auf die Entwicklung in der Fläche geliefert

Mit fünf Mrd. Euro pro Jahr haben CDU und FDP zuletzt über 1,2 Mrd. Euro mehr für den Schulbereich ausgegeben als zu SPD-Zeiten vor 2003.

Das sind die höchsten Bildungsinvestitionen, die es in unserem Land je gab!

Das ist „Wirtschaftsförderung pur“, Herr Weil

  • Anrede

Vor diesem Hintergrund führt das, was Rot-Grün in der Bildungspolitik vorhat, ins blanke Chaos.

Es zeugt von einer gefährlichen Ideologie der Leistungsfeindlichkeit, alles und jeden gleich machen zu wollen.

Sie haben gestern zugesagt, keine Schulform abschaffen zu wollen. Tatsächlich gefährden Sie mit Ihren Plänen die Vielfalt der Schullandschaft in der Fläche. Schon bei der bloßen Erwähnung des Begriffes „Integrierte Gesamtschule“ ist Ihre Fraktion gestern ausgeflippt.

  • Anrede

Unsere Schulen dürfen nicht zum Versuchslabor längst gescheiterter pädagogischer Reformkonzepte werden.

  • Schulnoten abschaffen,
  • Schullaufbahnempfehlung zum Abschluss der Grundschule abschaffen,
  • Weniger Klassenarbeiten, mehr Gruppenarbeit.

– das alles sind untaugliche Instrumente, mit denen wir die Kinder eben nicht angemessen auf die Zukunft vorbereiten.

Denn: Zu einer optimalen Förderung der Kinder gehört eben auch, dass man sie angemessen fordert.

Wenn das unterbleibt, wie in 13 Jahren SPD-dominierter Bildungspolitik geschehen, dann wird unser Land ganz schnell wieder in die PISA-Abstiegszone abrutschen!

  • Anrede

Gewiss: Wir dürfen unsere Kinder nicht überfordern. Aber man sollte nicht ganz außer Acht lassen, dass Schule auch etwas mit Leistung und Engagement zu tun hat!

  • Anrede

Bis zum Wahlsonntag gab sich der SPD-Landesvorsitzende als überzeugter Anhänger des Gymnasiums. Von diesem öffentlichen Bekenntnis ist im Koalitionsvertrag nichts geblieben.

Denn: Rot-Grün will, dass sich die Integrierten Gesamtschulen langfristig als Einheitsschulen durchsetzen.

Für Sie sind Gymnasien offenbar nur ein notwendiges Übel, das langfristig durch die IGSen als Einheitsschule abgelöst werden soll.

Und das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen!

V.

 Anrede

Zur Wirtschaftspolitik haben Sie in Ihrer Regierungserklärung wenig – und nichts Konkretes gesagt.

Interessant ist, wozu Sie gar nichts gesagt haben:

  • Zur Industriepolitik,
    obwohl wir mit Volkswagen den größten Autobauer Europas in Niedersachsen haben
  • Zu den Landesbeteiligungen (Salzgitter AG und Nord-LB)
  • Zum Mittelstand
    obwohl Handel und Handwerk das Rückgrat unserer Wirtschaft sind
  • Zur Forschung
    obwohl mit dem Dreieck Braunschweig-Göttingen-Hannover in Niedersachsen die forschungsintensivste Region Europas beheimatet ist
  • Zu Polizei und Justiz
    obwohl zehntausende Polizisten und Justizbeamte tagtäglich unsere Sicherheit gewährleisten
  • Zum Küstenschutz
    obwohl die Menschen an der Küste ohne funktionierende Deiche längst keine Heimat mehr hätten
  • Zu Europa
    obwohl Sie in Ihrem Koalitionsvertrag vollmundig ankündigen, Sie würden Europa auf einen neuen Weg bringen.

Diese Liste ließe sich noch weiter fortsetzen, sie zeigt, wie wenig Sie das Land kennen. Sie zeigt, wie wenig es Ihnen gelungen ist, die Sichtweise aus Ihrer vorherigen Tätigkeit abzulegen.

VI.  Schlusswort

  • Anrede

In Ihrer Regierungserklärung haben Sie sich für die Schuldenbremse ausgesprochen.

Wir werden Sie beim Wort nehmen.

Wir erwarten, dass Sie die Finger von der LHO lassen.

Wir erwarten, dass Sie der Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung zustimmen.

Wir werden unseren Antrag im März-Plenum einbringen – dann wird sich zeigen, welchen Wert Ihre Ankündigungen haben.

Hier können Sie wirklich einmal

„Anpacken. Besser machen.“

Hier kommen Sie nicht durch mit Ihrem

„Liegen lassen. Später machen.“

veröffentlicht am 20.02.2013