Rede des sozialpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag Volker Meyer zur Regierungserklärung „Krankenhausreform zwischen Bund und Land – Gesundheitsversorgung in Niedersachsen zukunftsfest aufstellen!“ am 20. Juni 2023

-Es gilt das gesprochene Wort-

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Herr Minister,

bereits im letzten Jahr haben wir uns alle, fraktionsübergreifend darauf geeinigt, wie wir die Krankenhauslandschaft in Niedersachsen aufstellen wollen.

Bis heute fehlen fehlt die Umsetzung aus ihrem Haus.

Wie wollen Sie denn den Menschen im Land vermitteln, dass Sie ihre Sorgen vor Klinikschließungen ernst nehmen, wenn Sie diese drängende Aufgabe einfach nur liegenlassen?

Einig sind wir uns wahrscheinlich alle, dass die Krankenhauslandschaft Reformen braucht. Diese rot-grüne Landesregierung hat nun Monate verschenkt, indem sie auf den Bund gewartet hat.

Dessen anfängliche Vorschläge waren in weiten Teilen untauglich und hätten die flächendeckende Krankenhausversorgung in Niedersachsen massiv gefährdet. Wir brauchen keine radikale Amputation unseres Gesundheitssystem, wie die ersten Vorschläge des Bundes vermuten ließen, sondern eine qualitätsorientierte Weiterentwicklung und Konzentration medizinischer Leistungen, die wir flächendeckend in Niedersachsen anbieten müssen.

Was uns in der CDU-Fraktion momentan neben allen Strukturdiskussionen große Sorgen macht, ist die dramatische, finanzielle und teilweise existenzbedrohende Lage unserer Krankenhäuser.

Allein im Jahr 2023 erwarten die Kliniken ein Defizit von insgesamt 532 Mio. € durch inflationsbedingte Kostensteigerungen und der Steigerung der Energiekosten. Hinzu kommt ein Defizit aus dem Jahr 2022 in Höhe von 217 Mio. €, so dass alle Häuser in Niedersachsen am Ende 2023 ein Betriebskostendefizit aus den Jahren 2022 und 2023 von 749 Mio. € haben werden.

Die durch den Bund geplanten aber noch nicht beschlossenen zusätzlichen Hilfen über 2,5 Mrd. €, von denen Niedersachsen dann ca. 250 Mio. € erhalten soll, decken dieses Defizit nur zu rd. 1/3.

Außerdem sind diese Mittel quasi doppelt versprochen. Sie gehören zu den ursprünglichen sechs Milliarden, die der Bund als Krankenhausnothilfe ausgelobt hat, die nun aber wegen der schwierigen Förder-Bedingungen verfallen.

Genau diese Befürchtung, dass die Hilfen wieder nicht vollumfänglich bei unseren Krankenhäusern ankommen, haben wir auch heute.

Der jetzige Tarifabschluss wird diese dramatische Lage weiter verschärfen. Würden viele Krankenhausträger, egal ob privat, frei gemeinnützig oder kommunal, ihre Krankenhäuser nicht mit Liquidität versorgen, würden wir bereits eine Insolvenzwelle erleben. Hierfür können wir unseren Krankenhausträgern nur danken, die die Fehler der Landes- und Bundesregierung ausbaden und aushalten müssen.

Sie, Herr Minister, drücken sich in dieser prekären Lage komplett vor einer Antwort zu den Betriebskosten.

Wir haben leider den Eindruck, dass Rot-Grün im Land und die Ampel im Bund gemeinsam billigend in Kauf nehmen, dass es zu Versorgungsengpässen kommt.

Sie nehmen diese kalte Strukturreform mit der Gefahr ungeordneter Klinikschließungen billigend in Kauf! Wir haben bereits im November 2022 einen Vorschlag unterbreitet, um unsere Krankenhäuser zu unterstützen.

Und was ist bis heute passiert? Nichts!

Auch ein zweites aktuelles Problemfeld, der bestehende Investitionsstau von rd. 2 Mrd. €, wird von der Landesregierung bis heute angegangen.

Wir hatten ihnen für die großen Investitionsmaßnahmen ein Sondervermögen über 2 Mrd. € für die nächsten 10 Jahre zu den Beratungen zum 2. Nachtragshaushalt vorgeschlagen. Danach würde das Land jährlich 120 Mio. € und die Kommunen 80 Mio. € in dieses Sondervermögen einzahlen.

Diesen Vorschlag hat Rot-Grün abgelehnt!

Daher fordere ich die Landesregierung erneut auf, mit uns gemeinsam dieses Sondervermögen einzurichten.

Und jetzt kommen Sie mit 1,8 Mrd. über mehr als zwanzig Jahre. Ihr Sonderprogramm ist deutlich unterfinanziert und läuft deutlich zu lang.

Ich sehe Ihr bemühen, aber das ist deutlich zu wenig.

Strukturell muss eine grundlegende Überarbeitung des Systems der Fallpauschalen, die ja von Herrn Lauterbach maßgeblich mit eingeführt wurden, erfolgen.

Das ist überfällig. Sie haben einen Fehlanreiz zu zu vielen und unnötigen Operationen gesetzt. Darüber hinaus haben sich in vielen Bereichen die sog. Diagnosis Related Groups, kurz DRGs, nicht bewährt. Diese sog. DRGs bilden die notwendigen Vorhaltekosten der Kliniken für Mitarbeiter und Geräte nicht ab.

Eines ist für die CDU-Landtagsfraktion in diesem Reformprozess glasklar und nicht verhandelbar: Die Länder sind und müssen auch in Zukunft für die Krankenhausplanung zuständig sein, und zwar ohne Abstriche.

Das Rechtsgutachten aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig – Holstein bestätigt uns in dieser Haltung.

Wie die Gesundheitsversorgung in Niedersachsen zukunftsfest aufgestellt werden kann, haben wir in der letzten Legislaturperiode in Niedersachsen in Zusammenarbeit mit vielen Akteuren im Gesundheitswesen gezeigt. Wir haben uns in der Enquetekommission zusammengesetzt, diskutiert und Vorschläge erarbeitet, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

Hätte sich Herr Lauterbach ein wenig von uns abgeguckt, hätten wir uns viele Diskussionen ersparen können. Denn eins ist auch klar: So eine tiefgreifende Reform führt nur dann zum Erfolg, wenn sie von einer breiten politischen Mehrheit getragen wird und wir gemeinsam für die Akzeptanz dieser Reform in der Bevölkerung werben.

Niedersachsen hat mit seinem von einer großen Mehrheit in diesem Haus getragenen Beschluss für ein neues Krankenhausgesetz gezeigt, dass man auch ohne Bundesvorgaben eine moderne Krankenhauslandschaft gestalten kann.

Leider hat die Landesregierung in der weiteren Gesetzesumsetzung aber durch Liegenlassen geglänzt. Sie haben bis heute nicht die notwendige Krankenhausverordnung in Kraft gesetzt, die eigentlich zu Ende 2022 kommen sollte und die die Versorgungsregionen einteilen und die Häuser einer Versorgungsstufe zuordnen soll. Holen Sie diese Verordnung endlich aus Ihrer Schublade und fangen Sie an!

Der Bundesgesundheitsminister beteuert immer wieder, dass keine Klinik aufgrund seiner Reform schließen müsse und die Planungshoheit bei den Ländern bleiben würde. Pro Forma mag das so sein, faktisch aber haben wir hier erhebliche Zweifel, denn mit der Planung von Strukturprüfungen durch den Medizinischen Dienst hat Herr Lauterbach ein wirkungsvolles Instrument, Kliniken aus der Versorgung zu nehmen.

Wenn der Medizinische Dienst die Mindeststrukturvoraussetzungen als nicht erfüllt ansieht, wird es für die Bundesländer nicht möglich sein, Level oder Leistungsgruppen zuzuordnen. Wenn das so kommt, wird den Ländern die Hoheit in der Krankenhausplanung genommen!

Das müssen Sie verhindern, Herr Philippi!

Diese Abhängigkeit vom Medizinischen Dienst muss gestrichen werden, sagen sie das Ihrem Bundesminister!

Diese Strukturprüfungen sollten einzig und allein durch die Krankenhausaufsicht der Länder durchgeführt werden.

Außerdem fehlen in den bisher bekannten Papieren noch einige Punkte, die aus Sicht der CDU dringend mit geregelt werden müssen. Nennen möchte ich hier auszugsweise:

  1. Angaben zu regionalen Erreichbarkeiten von Leistungsgruppen. Hier müssen Radien in Kilometer oder Erreichbarkeiten in Minuten definiert werden.
  2. Angaben zu Redundanzen von Leistungsgruppen z. B. bei Cyberattacken, Pandemien oder Ausfall der Medizintechnik.
  3. Aussagen zur Weiterbildung. In der aktuellen Planung könnten viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich nur noch an wenigen Standorten Aus- und Weiterbilden.

Auch weitere wichtige Punkte wie der Pflegekräftemangel und die Entbürokratisierung werden von der Landesregierung bisher nicht angegangen.

Herr Minister Philippi,

Sie haben hier eine umfangreiche Sachverhaltsdarstellung abgegeben.

Ich habe ihnen in den vergangenen Minuten aufgezeigt, wo wir noch Verbesserungen, auch im Sinne der Ergebnisse der Arbeit unserer Enquetekommission erwarten.

Setzen sie sich hierfür in Berlin ein und erzielen gute Ergebnisse und fangen Sie hier im Land endlich an!

Vielen Dank!

veröffentlicht am 20.Jun.2023